Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankengeld. Begrenzung auf das ohne Berücksichtigung von Einmalzahlungen berechnete laufende Nettoarbeitsentgelt. verfassungsrechtliche Zulässigkeit. Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze aufgrund der Einmalzahlungen

 

Leitsatz (amtlich)

Es verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG, dass nach § 47 Abs 1 S 4 iVm Abs 2 S 1 bis 5 SGB V das Krankengeld selbst bei hohen Einmalzahlungen durch das ohne deren Berücksichtigung berechnete laufende Nettoarbeitsentgelt limitiert ist. Dies gilt auch dann, wenn der Versicherte allein wegen der hohen Einmalzahlungen die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreitet und deshalb Höchstbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zahlt.

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 14. Juli 2020 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des dem Kläger für die Zeit vom 30.12.2017 bis zum 28.02.2018 gewährten Krankengeldes.

Der 1976 geborene, abhängig beschäftigte Kläger war bei der Beklagten wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze freiwillig gesetzlich krankenversichert. Seit dem 23.11.2017 war er arbeitsunfähig erkrankt. Mit Bescheid vom 30.01.2018 gewährte ihm die Beklagte Krankengeld ab dem 30.12.2017 i. H. v. kalendertäglich 86,59 € brutto. Dabei legte die Beklagte ihrer Berechnung die ihr von der Arbeitgeberin des Klägers gemeldeten Beträge der Monate August bis Oktober 2017 zugrunde:

vereinbartes Gehalt

brutto 3.761,00 €, netto 2.551,26 €,

Oktober 2017

brutto 3.788,90 €, netto 2.570,14 €,

September 2017

brutto 3.799,49 €, netto 2.577,25 €,

August 2017

brutto 3.901,15 €, netto 2.645,70 €,

Mitgeteilt wurden ferner Einmalzahlungen der letzten 12 Monate i. H. v. 6.856,62 € sowie eine Entgeltumwandlung i. H. v. 512,32 €. Auf dieser Grundlage ermittelte die Beklagte ein um Einmalzahlungen bereinigtes kalendertägliches Regelentgelt (brutto) i. H. v. 127,66 €, ein (Einmalzahlungen anteilig berücksichtigendes) kumuliertes Regelentgelt (brutto) i. H. v. von 145,29 €, ein (Einmalzahlungen nicht berücksichtigendes) kalendertägliches Nettoarbeitsentgelt i. H v. 86,59 € sowie ein (Einmalzahlungen anteilig berücksichtigendes) kumuliertes Nettoarbeitsentgelt i. H. v. 96,98 €. Das Brutto-Krankengeld betrage den niedrigsten Wert bezogen auf 70 % des kumulierten Regelentgelts (101,70 €), 90 % des kumulierten Nettoarbeitsentgelts (87,28 €) bzw. 100 % des Einmalzahlungen nicht berücksichtigenden Nettoarbeitsentgelts (86,59 €), vorliegend mithin 86,59 €. Ferner legte die Beklagte die Berechnung des Netto-Krankengeldes (76,09 €) dar.

Den Bescheid vom 30.01.2018 griff der Kläger mit seinem Widerspruch vom 27.02.2018 an. Zutreffend sei die Berechnung des Bruttokrankengeldes insoweit, als aufgrund der Beitragsbemessungsgrenze das maßgebliche Bruttomonatseinkommen mit 4.350,00 € angesetzt werde, was einem Regelentgelt von 145,00 € täglich entspreche. Allerdings handele es sich bei den angesetzten weiteren Zahlungen i. H. v. 6.856,62 € nicht um eine Einmalzahlung, sondern um normales Entgelt, das aufgrund der Tätigkeit als Versicherungsvertreter nur gebündelt ausgezahlt werde. Eine Einmalzahlung wie beispielsweise Weihnachts- oder Urlaubsgeld stelle diese Zahlung nicht dar. Dieser Betrag sei bis zur Beitragsbemessungsgrenze auf das monatliche Nettoeinkommen anzurechnen und daher ein höheres kalendertägliches Nettoarbeitsentgelt zu errechnen. Ausweislich der Gehaltsabrechnungen von April 2017 (die einen Betrag i. H. v. brutto 9.812,31 € für „Abrechnung var. Vergütung“ ausweist) und April 2018 handele es sich bei dem streitigen Betrag um die Abrechnung einer variablen Vergütung. Zur Akte reichte der Kläger die Zielvereinbarung für das Jahr 2018.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.09.2018 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Zahlung über 6.856,62 € stelle eine Einmalzahlung dar, die bei der Krankengeldberechnung mit einem Teilbetrag von 19,05 € kalendertäglich berücksichtigt worden sei. Die Krankengeldberechnung erfolge auf Basis der durch die Arbeitgeberin des Versicherten übermittelten Entgeltdaten. Die maschinelle Entgeltbescheinigung der Arbeitgeberin vom 12.01.2018 weise die Zahlung i. H. v. 6.856,62 € als beitragspflichtige Einmalzahlung aus. Bei Unklarheiten zur gemeldeten Einmalzahlung müsse er (der Kläger) sich zur Klärung an seine Arbeitgeberin wenden, um ggf. eine Korrektur der maschinellen Entgeltbescheinigung zu erreichen.

Hiergegen hat der Kläger am 05.10.2018 Klage zum Sozialgericht (SG) Dresden erhoben. Die variable Vergütung stelle keine Einmalzahlung dar, die Vergütung erfolge regelmäßig, wobei er keinen Einfluss auf die Auszahlungsmodalitäten durch die Arbeitgeberin habe. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte die variable Vergütung für die Beitragsberechnung heranziehe, nicht aber für die Berechnung des Krankeng...

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