Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Fortbestehen des Beschäftigungsverhältnisses bei Bühnenkünstlern nach § 7 Abs. 1, 3 SGB IV im Zeitraum nach der Premiere und den einzelnen nachfolgenden Gastspielen, wenn sie in dieser Zeit nicht dem Weisungsrecht des Arbeitsgebers unterliegen
Leitsatz (amtlich)
Keine einheitliche oder durchgehende Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV, bzw. kein Fortbestehen der Beschäftigung nach § 7 Abs. 3 SGB IV bei Bühnenkünstlern, die im Zeitraum nach der Premiere und den nachfolgenden Gastspielen nicht mehr dem Weisungsrecht des Arbeitsgebers unterliegen, Abgrenzung zu der Entscheidung des BSG vom 20.03.2013 - B 12 R 13/10 R
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Dresden vom 22. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für gastspielverpflichtete Künstler, hier des Beigeladenen D..... Streitgegenständlich ist hierbei, ob ein durchgängiges abhängiges Beschäftigungsverhältnis für den Zeitraum der ersten Probe bis zur letzten Vorstellung (so die Beklagte) oder nur bis zur Premiere und an den einzelnen Tagen der folgenden Vorstellungen (so die Klägerin) vorliegt.
Die Stadt P.... betreibt die Staatsoperette P.... als Regiebetrieb. Der Beigeladene zu 1. war als Sänger im Rahmen von Proben und Vorstellungen tätig. Die Staatsoperette P.... schloss mit dem Beigeladenen zu 1., vertreten durch den jeweiligen Intendanten, Gastverträge zur Inszenierung verschiedener Werke. Hierbei vereinbarten die Beteiligten teilweise eine Probenpauschale bis zur Premiere sowie Vorstellungshonorare für weitere Vorstellungen, die teilweise im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht bestimmt waren. Teilweise vereinbarten die Beteiligten im Rahmen von "Terminbriefen" die Daten von weiteren Vorstellungen sowohl im Anschluss an die Premiere als auch als Teilnahme an Wiederaufnahmeproben und den konkret datierten Vorstellungen bei Zahlung eines Vorstellungshonorars bzw. einer Vergütung je Probe.
Zwischen dem beigeladenen Künstler und der Klägerin waren folgende Verträge vereinbart (auszugsweise):
Gastvertrag (Solisten)
§ 1 Umfang und Geltungsdauer
1. Der Gast verpflichtet sich, in der Zeit vom 15.01.04 bis zur Absetzung des Stückes vom Spielplan in der Inszenierung L.... die Rolle des "Q...." zu übernehmen.
Die Rolle ist doppelt besetzt.
2. Die Premiere ist für den 16.04.04 19.30 Uhr und 17.04.04 19.00 Uhr vorgesehen.
3. Die Proben beginnen voraussichtlich am 20.02.04.
4. Der Gast steht für die Proben ab dem 15.01.04 zur Verfügung.
5. Die Kündigung des Vertrages ist bei Einhaltung einer Frist von 3 Monaten möglich. Die Bestimmungen des Tarifvertrages über die Mitteilungspflicht vom 23. November 1977 in seiner jeweils geltenden Fassung finden keine Anwendung.
§ 2 Leistungspflichten des Gastes
1. Die Mitwirkungspflicht des Gastes erstreckt sich im Rahmen des § 1 Abs. 1 auch auf Ensembledarbietungen der Bühne im In- und Ausland.
2. Der Gast verpflichtet sich im Rahmen des Absatzes 1 zur vergütungsfreien Mitwirkung.
a) bei Aufnahmen für Bild- und Tonträger, soweit deren Verwendung auf theatereigene Zwecke beschränkt ist.
b) bei zeitlich begrenzten, der Reportage, Dokumentation oder Werbung dienenden Ausschnittsendungen für Rundfunk und Fernsehen.
Bei anderweiter Verwendung als a) oder über den Rahmen b) hinausgehenden Verwendung ist eine besondere Vereinbarung über die Vergütung zu treffen.
3. Der Gast ist außerdem verpflichtet,
- sich über Beginn und Ort von Aufführungen und Proben bei der Bühne rechtzeitig zu unterrichten,
- allen Weisungen der Bühne nachzukommen, auch hinsichtlich Regie sowie Kostüm und Maske,
- mit gelernter Partie zu den Proben zu erscheinen,
- an allen Proben teilzunehmen, die seine Anwesenheit erfordern, einschließlich Sonn-, Feiertags- und Umbesetzungsproben sowie Wiederaufnahmeproben,
- sich bei allen Aufführungen mindestens eine halbe Stunde vor Beginn des Aktes, in dem er aufzutreten hat, in seinem Ankleideraum einzufinden.
§ 3 Vergütungen
1.Der Gast erhält von der Bühne für die geschuldeten Leistungen ein Bruttohonorar in Höhe von
a) Euro 2.000,00 als Probenpauschale für die Probenzeit bis zur Premiere
b) Euro 400,00 für jede geleistete Vorstellung
c) Euro 38,00 für jede notwendige Probe / nach der Premiere*)
Die Abrechnung erfolgt
zu 1 a) 50 % 31.03.04 und 50 % 30.04.04
zu 1 b) am Ende des Folgemonats nach erbrachter Leistung
zu 1 c) am Ende des Folgemonats nach erbrachter Leistung
Die Bühne überweist grundsätzlich auf ein vom Gast anzugebendes Girokonto. Über die Höhe der Vergütung ist Stillschweigen vereinbart.
2. Alle Zahlungen aus diesem Vertrag unterliegen den jeweils geltenden deutschen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen. Das Honorar wird über Lohnsteuerkarte versteuert.
3. Bei Vorliegen der gesetzlichen bzw. satzungsmäßigen Voraussetzungen ist die Bühne verpflichtet, den Gast zur Sozialversi...