Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Versäumung der Berufungsfrist gegen Gerichtsbescheid. keine Jahresfrist gem § 66 Abs 2 SGG. keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Verstoß gegen § 4 Abs 2 ZMV. blinder Rechtsmittelführer
Leitsatz (amtlich)
Die wirksame Zustellung der Entscheidung (Urteil, Gerichtsbescheid, Beschluss), der Lauf der Frist für die Einlegung des Rechtsmittels und die Möglichkeit der Wiedereinsetzung richten sich auch bei einem blinden Rechtsmittelführer allein nach dem SGG. Ein Verstoß gegen die Zugänglichkeitsmachungsverordnung als solcher - hier der unterbliebene Hinweis nach § 4 Abs. 2 ZMV - führt weder dazu, dass die Jahresfrist (§ 66 Abs. 2 SGG) maßgeblich ist, noch dazu, dass Wiedereinsetzung (§ 67 SGG) zu gewähren ist.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 31. Juli 2007 wird verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung einer Haushaltshilfe.
Der 1957 geborene Kläger ist bei der beklagten Krankenkasse versichert. Er leidet unter einer hochgradigen Myopie (-28,0 dpt), ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100 und den Merkzeichen “G„, “Bl„, “H„ sowie “RF„ und bezieht neben einer Erwerbsminderungsrente Blindengeld nach dem Landesblindengeldgesetz.
Am 14.02.2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Haushaltshilfe für mindestens 8 Stunden in der Woche auf unbegrenzte Zeit. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15.02.2007 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2007 zurück, weil weder die gesetzlichen noch die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die begehrte Leistung erfüllt seien.
Der Kläger hat mit seiner am 30.04.2007 beim Sozialgericht Dresden (SG) erhobenen Klage geltend gemacht, aufgrund seiner Sehbehinderung bei der Führung seines Haushalts und der Bearbeitung behördlicher Korrespondenz auf ständige Hilfe angewiesen zu sein, die er von seiner niedrigen Rente nicht auf Dauer bezahlen könne.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 31.07.2007 abgewiesen. Weder nach § 38 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) noch nach der Satzung der Beklagten könne der Kläger eine Haushaltshilfe beanspruchen. Die Voraussetzungen des § 38 SGB V erfülle der Kläger schon deshalb nicht, weil er nicht mit einem Kind in einem Haushalt zusammenlebe. Die Satzung der Beklagten räume einen Anspruch auf Haushaltshilfe nur ein, wenn 1) nach ärztlicher Bescheinigung die Weiterführung des Haushalts wegen akuter schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit nicht möglich sei oder 2) nach ärztlicher Bescheinigung die Weiterführung des Haushalts wegen akuter schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit oder wegen einer aus medizinischen Gründen erforderlichen Abwesenheit als Begleitperson eines versicherten Angehörigen nicht möglich sei und im Haushalt ein Kind lebe, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet habe oder das behindert und auf Hilfe angewiesen sei. Für beide Alternativen sei Voraussetzung, dass eine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen könne. Darüber hinaus ermächtige die Satzung die Beklagte, in begründeten Ausnahmefällen Haushaltshilfe in angemessenem Umfang zur Verfügung stellen, soweit dies nach ärztlicher Feststellung erforderlich sei. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht. Es liege weder eine ärztliche Bescheinigung vor noch bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die Weiterführung des Haushalts wegen akuter schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit nicht möglich sein solle. Für die finanziellen Nöte des Klägers habe die gesetzliche Krankenversicherung nicht aufzukommen.
Gegen diesen dem Kläger am 03.08.2007 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich dieser mit seiner am 17.09.2007 eingelegten Berufung. Warum die Berufung erst an diesem Tag eingelegt worden sei, könne er sich nicht erklären. Da er praktisch nichts sehen könne, beschäftige er zur Bearbeitung des Schriftverkehrs Hilfspersonen. Schreiben, die er erhalte, kämen auf einen Stapel und würden nach und nach abgearbeitet. Dabei kämen die aktuellsten Schreiben im Stapel immer ganz nach unten. Er selbst habe seine Hilfspersonen angewiesen, den Stapel von oben nach unten zu bearbeiten. Ausweislich seiner Unterlagen seien am 11.08.2007, 27.08.2007, 02.09.2007 und 17.09.2007 Hilfspersonen bei ihm anwesend gewesen. In der Sache bringt der Kläger vor, seine Dioptrienstärke und der daraus folgende Grad der Behinderung beweise, dass er auf fremde Hilfe angewiesen sei. Außerdem sei er durch die Folgen mehrfacher Operationen behindert. Verwandte und Bekannte wohnten m...