Rz. 64
Nach § 40 Abs. 4 ist ein Verwaltungsakt, mit dem bereits abschließend über die Gewährung von Leistungen entschieden wurde, mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eingetreten sind, aufgrund derer nach Maßgabe von § 41a vorläufig zu entscheiden wäre. Dies ist nach der Gesetzesbegründung z. B. bei Beginn einer selbstständigen Tätigkeit während eines laufenden Bewilligungszeitraums der Fall.
Rz. 65
Gegen einen Bescheid, mit dem vorläufig die Leistungsbewilligung festgesetzt wird, kann der Leistungsberechtigte Widerspruch und Klage (kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage) erheben, soweit nicht bereits ein endgültiger Bescheid erlassen wurde (Kemper, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, § 41a Rz. 32 unter Hinweis auf BSG, Beschluss v. 6.4.2011, B 4 AS 119/10 R). Ungeklärt ist die Frage, ob der Leistungsempfänger gegen einen endgültigen Bescheid Widerspruch mit dem Ziel einlegen kann, einen vorläufigen Bescheid zu erhalten, damit bei einer endgültigen Entscheidung eine günstigere Entscheidung getroffen werden kann (zum Meinungsstand vgl. Conradis/Klerks, info also 2018 S. 147). Auch gegen die abschließende Entscheidung kann der Leistungsberechtigte Widerspruch und Klage einreichen. Dabei kann der Leistungsberechtigte aber nicht mehr geltend machen, dass der Grundsicherungsträger die Leistungen hätte nicht vorläufig erbringen dürfen (Kemper, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, § 41a Rz. 52 unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 6.4.2011, B 4 AS 119/10 R).
Rz. 66
Der Anspruch auf eine endgültige statt einer vorläufigen Bewilligung ist mit der Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 13.7.2018, L 21 AS 2022/17 B mit Hinweis auf Kemper, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, § 41a Rz. 32 m. w. N.) und nicht mit einer Untätigkeitsklage. Bei einer Untätigkeitsklage prüft das Gericht nämlich nicht die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts, also etwa ob die Voraussetzungen von § 41a vorliegen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 13.7.2018, L 21 AS 2022/17B).
Rz. 67
Nach überwiegender Auffassung hat der Grundsicherungsträger den Leistungsberechtigten über die Möglichkeit der Beantragung einer abschließenden Entscheidung und die hierfür geltende Jahresfrist gemäß Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 zu beraten. Verletzt der Grundsicherungsträger seine Beratungspflicht kommt über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch die Nachholung eines diesbezüglichen Antrags in Betracht (Kemper, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, § 41a Rz. 66 f.; Geiger, ZfSH/SGB 2018 S. 1). Hat der Träger der Grundsicherung seine Beratungspflicht hinsichtlich der Vor- und Nachteile einer monatsgenauen Feststellung des Einkommens verletzt, kommt über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch die Nachholung eines unterlassenen Antrags auf monatsgenaue Feststellung des Einkommens in Betracht (Geiger, NZS 2017 S. 319; Kemper, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, § 41a Rz. 58). Der leistungsberechtigte Kläger ist im Falle seines Obsiegens so zu stellen, wenn er bei entsprechender Beratung die für ihn günstigere Antragsvariante gewählt hätte.
Rz. 68
Wegen des relativ kurzen Bewilligungszeitraums (i. d. R. 6 Monate), kommt dem vorläufigen Rechtsschutz nach § 86b SGG besondere Bedeutung zu. Die Gerichte haben darüber zu befinden, ob die prospektive Einkommensfestlegung den Vorgaben von § 41a Abs. 2 entspricht; anderenfalls hat das Gericht einen Betrag zu bestimmen, der bei Erwerbseinkommen i. d. R. ohne Einbeziehung der Freibeträge festzusetzen ist (Geiger, NZS 2017 S. 139).