Rz. 116
Abs. 3 regelt – wie § 22 Abs. 1 Satz 2 ff. – mit Wirkung zum 1.1.2023, also der Einführung des Bürgergeldes, eine Karenzzeit von einem Jahr. Während der Karenzzeit gelten für die leistungsberechtigten Personen günstigere Vorschriften zur Berücksichtigung von Vermögen. Von einer Karenzzeit können die Leistungsberechtigten grundsätzlich nur zu Beginn des erstmaligen Leistungsbezuges nach dem SGB II profitieren. Dahinter steht die Überlegung, dass Menschen, die zum ersten Mal Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Anspruch nehmen müssen, nicht sogleich alles einsetzen müssen, was sie sich zuvor im Verlauf ihres Erwerbslebens oder sonst erarbeitet haben. Nach Abs. 6 gilt letztlich aus derselben Überlegung heraus, dass keine Karenzzeit gilt, wenn ein Bedarf vorhanden ist, der nur wegen der Vergünstigungen in der Karenzzeit besteht und sich nur in einem Bedarfszeitraum von einem Monat auswirkt.
Rz. 117
Die Karenzzeit dauert ein Jahr an. Sie ist nach der gesetzgeberischen Konstruktion aus Einzelmonaten zusammengesetzt, die die jeweiligen Bedarfszeiträume spiegeln. Daher beginnt die Karenzzeit mit Beginn des Monats, für den erstmalig Leistungen (zum Lebensunterhalt) nach dem SGB II bezogen werden. Das harmoniert mit der Regelung der Rückwirkung einer Antragstellung auf den ersten Tag des Kalendermonats, in dem der Antrag gestellt wird (vgl. § 37 Abs. 2 Satz 2). Im Regelfall wird die Karenzzeit daher mit Ablauf eines Bewilligungsabschnittes enden, wenn diese wie in § 41 Abs. 3 vorgesehen auf 12 oder 6 Monate festgelegt werden. Bei Ablauf eines Bewilligungszeitraumes nach dem Bezug von Leistungen mit Karenzzeit von 6 Monaten wird das Jobcenter aus diesem Grund den folgenden Bewilligungszeitraum auf 6 Monate begrenzen.
Rz. 118
Eine Karenzzeit gilt auch dann, wenn nicht erstmalig, sondern wiederholt Leistungen nach dem SGB II zum Lebensunterhalt bezogen werden, sofern dem aktuellen Leistungsbezug ein Zeitraum von mindestens 3 Jahren vorausgegangen ist, in dem weder Leistungen nach dem SGB II noch nach dem SGB XII bezogen worden sind. Dann gilt der wiederholte Leistungsbezug als erstmaliger Leistungsbezug nach Abs. 3 Satz 1 (vgl. Abs. 3 Satz 4). Für die Frist von 3 Jahren gilt als Ausgangszeitpunkt wiederum der Beginn des Kalendermonats, für den Leistungen wieder gezahlt werden. Die Frist des Abs. 3 Satz 4 wird erfüllt, wenn Leistungen für die vorausgegangenen 36 Monate nicht bezogen wurden bzw. etwaige Bewilligungsentscheidungen vollständig aufgehoben wurden.
Werden Leistungen für August 2025 letztmalig und sodann nach Antragstellung am 7.8.2028 wieder für August 2028 gezahlt, ist die Frist von 3 Jahren noch nicht abgelaufen, eine neue Karenzzeit kann nicht beginnen. Das ändert sich, wenn nicht im August 2028, sondern erst im September 2028 wieder Leistungen beantragt und bewilligt werden, dann reicht die Frist von 3 Jahren vom August 2028 bis zum September 2025 und ist abgelaufen.
Rz. 119
Die Prüfungen werden nicht vor dem 1.1.2025 relevant. Aufgrund der Übergangsregelung in § 65 Abs. 4 werden Zeiten des Leistungsbezuges vor dem 31.12.2022 nicht als Karenzzeit berücksichtigt. Daraus folgt auch für laufende Fälle, dass ab 1.1.2023 ein erstmaliger Leistungsbezug vorliegt und beginnt. In diesen Fällen wurde aber wohl schon zuvor nach § 67 Abs. 2 verfahren. In den Ausschussberatungen war die geschützte Leistungsbezugsfrist auf die Zeit bis zum 31.12.2021 vorgezogen und vom Deutschen Bundestag auch so beschlossen worden. Dieser Beschluss wurde vom Vermittlungsausschuss rückgängig gemacht. Die volle Karenzzeit von einem Jahr wird also auch in allen Fällen eingeräumt, in denen über den gesamten Zeitraum der Geltung des § 67 Abs. 2 durchgehend Leistungen bezogen worden sind.
Rz. 120
In Fällen, in denen Leistungen wegen der günstigeren Vorschriften während der Karenzzeit aufgrund von festzustellender Hilfebedürftigkeit bewilligt werden können, ohne die Regelungen des Abs. 3 und 4 aber nicht, weil Hilfebedürftigkeit nicht vorliegt, wird der Leistungsantrag abgelehnt, im Beispiel also für August 2028. Das hat dann zur Folge, dass Leistungen im September 2028 erneut beantragt werden können und Hilfebedürftigkeit unter Einschluss der Abs. 3 und 4 zu prüfen ist, weil nunmehr die Frist von 3 Jahren abgelaufen ist. Das betrifft Fälle, in denen die Bedarfsgemeinschaft über kein erhebliches, aber oberhalb der Freibeträge nach Abs. 2 zu berücksichtigendes Vermögen verfügt.
Im anderen Fall, in dem es auch ohne die Anwendung der Abs. 3 und 4 zur Feststellung von Hilfebedürftigkeit kommt, weil die Vorschriften nach Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und der Bürgergeld-V dafür ausreichen (einschließlich angemessenem, selbst genutztem Hausgrundstück oder selbst genutzter Eigentumswohnung), werden Leistungen für den August 2028 bewilligt, dadurch liegt Leistungsbezug erneut vor und im September 2028 kann keine neue Karenzzeit beginnen.
Bei der Differenzierung nach solchen Fällen kann auch entscheidend sein, ob ein angemessene...