Rz. 3
Der Gesetzentwurf zum Bürgergeld-Gesetz führt aus, dass im Sommer 2022 (Veröffentlichung des Referentenentwurfs und sodann des Regierungsentwurfs zum 12. SGB II u. a.-ÄndG) rd. 5,2 Mio. Menschen in Deutschland Leistungen nach dem SGB II erhielten. 405 Jobcenter beraten und fördern erwerbsfähige und nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte in ganz unterschiedlichen Lebenslagen, darunter Langzeitleistungsbeziehende, Alleinerziehende, Menschen ohne Schul- oder Berufsabschluss, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, Geflüchtete, aber auch Beschäftigte und Menschen, die lediglich vorübergehend hilfebedürftig sind. Zielgerichtet werden rd. 3,7 Mio. erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei der Arbeits- und Ausbildungsmarktintegration durch die Jobcenter unterstützt (Ausgangslage). Dem Gesetzentwurf zufolge hat sich angesichts der Herausforderungen der vergangenen Jahre gezeigt, wie leistungsfähig und flexibel das Grundsicherungssystem ist: So wurde vielen Menschen, deren Lebensunterhalt durch die Auswirkungen der Pandemie gefährdet war, demnach ein sicheres Netz geboten. Andererseits hat sich für die Bundesregierung der 20. Legislaturperiode jedoch auch gezeigt, dass eine grundlegende Weiterentwicklung nötig ist, um die soziale Sicherung in Deutschland zukunftsfest aufzustellen. Ihr geht es darum, mehr Respekt, mehr Chancen auf neue Perspektiven und mehr soziale Sicherheit in einer modernen Arbeitswelt zu verankern und unnötige bürokratische Belastungen abzubauen. Vom BMAS war dies schon im Verlauf der 19. Legislaturperiode proklamiert worden. Die Bundesregierung der 20. Legislaturperiode hat sich folgerichtig zum Ziel gesetzt, die Grundsicherung für Arbeitsuchende mit der Einführung eines Bürgergeldes und dazugehörigen grundlegenden Änderungen zu erneuern, und damit mehr Chancengerechtigkeit und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen (Grundsätzliche Problem- und Zielstellung). Ziel ist demnach ein Sozialstaat, der die Bürger absichert und zugleich dabei unterstützt und ermutigt, ihre Potenziale zu entwickeln und neue Chancen im Leben zu ergreifen (Zentrales Ziel 1).
Rz. 4
Auch führt der Gesetzentwurf (vgl. BT-Drs. 20/3873) aus, dass sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt seit der Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Jahr 2005 grundlegend geändert hat. Arbeitskräfte, insbesondere qualifizierte Arbeitskräfte, werden vielerorts gesucht (Stichwort: Fachkräftemangel). Der Arbeitsmarkt ist für die Bundesregierung insgesamt in einer guten Verfassung. Die Zahlen zeigen demzufolge aber auch, dass Langzeitarbeitslose von der positiven Entwicklung der letzten 18 Jahre oft nicht profitieren konnten. Hinzu kommt demnach die zusätzliche Beschleunigung des strukturellen und digitalen Wandels in der Arbeitswelt durch die Corona-Pandemie. Daraus resultiert, dass Menschen ohne Berufsabschluss noch geringere Chancen auf eine nachhaltige Integration in Arbeit haben als zuvor.
Rz. 5
Zentrales Ziel 2 der Einführung des Bürgergeldes ist es von daher, gesetzliche Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass es Menschen im Leistungsbezug ermöglicht wird, sich stärker auf Qualifizierung, Weiterbildung und die Arbeitsuche zu konzentrieren und sich insofern weniger um die Anforderungen aus dem Jobcenter kümmern zu müssen. Um vertrauensvolle, transparente Zusammenarbeit zwischen Leistungsberechtigten und Jobcentern zu fördern, soll der Eingliederungsprozess mit der Einführung des Bürgergeldes weiterentwickelt werden. Die Elemente Respekt, Vertrauen und Umgang auf Augenhöhe sollen kraft Gesetzes stärker in den Fokus gerückt werden, das könnte demzufolge eine neue Vertrauenskultur ermöglichen. Zugleich will die Bundesregierung die Leistung der einzelnen Menschen, die (neu) auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sind, in größerem Maß anerkennen und dem Grundbedürfnis Wohnen und dem Erhalt des bisherigen Lebensumfelds stärker als bislang Rechnung tragen werden. Die Erfahrungen aus der Pandemie haben dem Gesetzentwurf zufolge gezeigt, dass schnelle Hilfen und ein einfacher Zugang zu Sozialleistungen das Vertrauen in den Sozialstaat stärken können. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung knüpft demnach daher auch an die pandemiebedingten Vereinfachungen an (vgl. § 67), dadurch können die Bürger weiterhin von den Erleichterungen des Zugangsrechts (nunmehr) zum Bürgergeld profitieren. Die Leistungen des Bürgergeldes sollen einfach und digital zugänglich sein bzw. gemacht werden. Zentrales Ziel 3 ist daher eine einfache und nutzerorientierte Inanspruchnahme des Bürgergeldes, die u. a. durch eine Digitalisierung insbesondere der Antragstellung herbeigeführt werden soll. Eine digitale Antragstellung ist zumindest teilweise schon zuvor möglich gewesen. Durch neu eingeführte Karenzzeiten im Leistungsrecht des Bürgergeldes wird zudem eine erhebliche Vereinfachung der Antragstellung erreicht. Zusätzlich stellt der Gesetzentwurf heraus, dass die persönliche Betreuung bei der Antragstellung daneben wichtig bleibe. Dem Gesetzentwurf zuf...