Rz. 2
Die Satzungsermächtigung ist als Paket der §§ 22a bis 22c sowie Anpassungen in § 22 und weiteren Gesetzen in das Grundsicherungsrecht eingefügt worden. Ausgangspunkt für den Gesetzgeber war die Feststellung, dass nach der früheren Rechtslage den Empfängern von Arbeitslosengeld II nur Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht wurden, soweit diese angemessen waren (§ 22). Dieses Recht gilt fort. § 22a stellt eine andere Rechtsform zur Festlegung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung dar. Die kreisfreien Städte und Landkreise sind für die Erbringung der Leistungen zuständig, die zur Deckung des Bedarfs an Unterkunft und Heizung vorgesehen sind, soweit die Länder nicht andere Stellen dazu bestimmt haben. Da die Aufsicht über die kommunalen Träger bei den Ländern liegt und diese auch nicht berichtspflichtig sind, hat der Bund keine berichteten oder aufsichtlichen Kenntnisse über die Umsetzung der Satzungsermächtigung (vgl. auch BT-Drs. 17/6541). Die Definition dessen, was noch als angemessen im Sinne der Vorschrift zu betrachten ist, birgt aber vielfältige Probleme. Sie hängt von zahlreichen Faktoren ab, etwa der Anzahl der Familienangehörigen, ihrem Gesundheitszustand und dem örtlichen Mietniveau. Diese Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung waren auch der ausschlaggebende Grund dafür, dass Widerspruchs- und Gerichtsverfahren in bis zu einem Fünftel aller Fälle über dieses Thema geführt wurden. Ziel der Neuregelung ist es, die Vorschriften zu den Leistungen für Unterkunft und Heizung transparent und rechtssicher auszugestalten. Dabei sollen auch die Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarktes berücksichtigt werden. Indem Angemessenheitsgrenzen sowohl für die Unterkunfts- als auch für die Heizkosten bestimmt werden, soll eine pauschalere Prüfung der zu gewährenden Leistungen ermöglicht werden und nur noch bei einem Überschreiten der bestimmten Werte eine Einzelfallprüfung stattfinden.
Rz. 3
Um die Prüfung der zu gewährenden Leistungen für Unterkunft und Heizung erheblich zu vereinfachen, sollen die Kreise und kreisfreien Städte durch Landesgesetz ermächtigt werden können, durch ihre Kommunalvertretungen für ihr Gebiet eine Satzung zu erlassen oder erlassen zu müssen, mit der sie Grenzwerte für die regional angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten bekannt machen. Im SGB II wird nur der gesetzliche Rahmen geschaffen. Die konkrete Ausgestaltung der Frage, was als angemessene Wohnkosten anzusehen ist und welche Wohnfläche als angemessen erachtet wird, soll hingegen den Kommunen obliegen. Es ist anzunehmen, dass die kommunale Satzung nicht selbständig neben das schlüssige Konzept nach § 22 i. S. d. Rechtsprechung des BSG tritt, Satzungen sich also an die Vorgaben zum schlüssigen Konzept halten müssen. Bei der gerichtlichen Überprüfung einer kommunalen Satzung werden daher die Vorgaben zum schlüssigen Konzept auch heranzuziehen sein. Ein Normenkontrollantrag nach § 55a SGG gegen die Wohnaufwendungenverordnung (WAV) des Landes Berlin wurde vom LSG Berlin-Brandenburg verworfen, weil das Gericht den Antrag als unzulässig angesehen hat. Die Antragsbefugnis stehe nur Personen zu, auf die die zur Überprüfung gestellte Norm Anwendung finde. Der Antragsteller sei durch die angegriffene Rechtsvorschrift weder verletzt noch drohe ihm eine Verletzung in absehbarer Zeit. Im Übrigen aber hat das Gericht auch befunden, dass die WAV nicht auf Leistungsberechtigte nach dem SGB XII anzuwenden sei, weil die Voraussetzungen einer Geltungserstreckung nach § 35a SGB XII nicht vorlägen. Insbesondere müssten die zusätzlichen Bedarfe älterer Menschen berücksichtigt werden (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 7.8.2012, L 36 AS 1162/12 NK). In einem weiteren Verfahren hat das Gericht jedoch mit Urteil v. 25.4.2013 (L 36 AS 2095/12 NK) unter Hinweis auf seine Rechtsprechung v. 7.8.12 die Wohnaufwendungenverordnung von Berlin als insgesamt rechtswidrig eingestuft, die Revision aber zugelassen.
Rz. 4
Der Erlass der kommunalen Satzungen zur Angemessenheit der Wohnkosten kann präventiv von der Zustimmung der obersten Landesbehörde oder einer von dieser zu bestimmenden Stelle abhängig gemacht werden. Im Übrigen obliegt es den Landessozialgerichten, über die Vereinbarkeit der kommunalen Satzungen mit höherrangigem Recht zu entscheiden.
Rz. 5
§ 22a schafft den Rahmen für eine örtliche Satzung durch die Kommunen.
Abs. 1 Satz 1 eröffnet den Bundesländern die Möglichkeit, die Kreise und kreisfreien Städte als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zum Erlass einer Satzung zu ermächtigen oder zu verpflichten, mit der diese bestimmen, welche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet angemessen sind. Die Satzungsermächtigung als solche ist durch ein die Regelung ausführendes Landesgesetz zu schaffen, da den Ländern die Kommunalaufsicht über die Kreise und kreisfreien Städte obliegt. Der Schaffung einer landes...