Rz. 21
Durch die Einführung eines Bürgergeldes soll es den Jobcentern grundsätzlich ermöglicht werden, die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten noch stärker zu ermutigen und ihre Potenziale weiter in den Mittelpunkt zu stellen.
Durch das 12. SGB II-ÄndG wurde der Eingliederungsprozess letztlich als Grundlage für Vorschriften über Leistungsminderungen als wesentlicher Bestandteil des SGB II weiterentwickelt, um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit "auf Augenhöhe" zwischen Jobcenter und Bürgern zu erleichtern und eine Vertrauenskultur zu stärken.
Die vielfältigen gesetzlichen Anforderungen und Erwartungen an die Eingliederungsvereinbarung konnten in der Praxis der Gesetzesbegründung zufolge oftmals nicht erfüllt werden. Ihr Charakter als öffentlich-rechtlicher Vertrag i. S. v. § 55 SGB X mit zusätzlichen Anforderungen an die Wirksamkeit einer Eingliederungsvereinbarung ergaben für die Integrations- und Vermittlungsfachkräfte weitere Herausforderungen bei der rechtssicheren Umsetzung dieses Instruments. Dabei ging das Bemühen um Rechtssicherheit häufig zulasten der Transparenz und der Verständlichkeit der Inhalte für die Bürger.
Dagegen soll der Kooperationsplan gemeinsam von der Integrationsfachkraft und der leistungsberechtigten Person entwickelt sowie klar und verständlich formuliert werden. Als kooperatives Integrationsinstrument soll es eine gemeinsame Perspektive für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt festlegen und gilt als Kernelement des Bürgergeld-Gesetzes. Anders als die bisherige Eingliederungsvereinbarung ist er nicht als rechtliche Grundlage für Leistungsminderungen konstruiert worden. Die Überwachung seiner Durchführung wird jedoch wie bei der Eingliederungsvereinbarung durch Mitwirkungsaufforderungen mit Rechtsfolgenbelehrung angelegt. Für Konfliktfälle rund um den Kooperationsplan wurde mit § 15a ein Schlichtungsmechanismus geschaffen. Mit den Neuregelungen wird die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für alle Beteiligten letztlich auch für die Handhabung von Leistungsminderungen gestärkt. So sollen dem Plan des Gesetzgebers zufolge Respekt, Vertrauen und der Umgang auf Augenhöhe auch gesetzlich stärker in den Fokus gerückt werden, ohne dass eine Vertrauenszeit politische durchsetzbar war.
Rz. 21a
Für Leistungsberechtigte gilt mit Erstellung des Kooperationsplans keine Vertrauenszeit von 6 Monaten, wie ursprünglich vorgesehen, in der Leistungsminderungen für Verletzungen der Mitwirkungspflichten ausgeschlossen sein sollten. Das hätte bedeutet, dass der kommunikative Austausch und alle Vereinbarungen zu den Vermittlungsvorschlägen, Eigenbemühungen und Teilnahmen an Maßnahmen in vertrauensvoller Zusammenarbeit erfolgen sollten, also ohne Rechtsfolgenbelehrungen und damit auch ohne drohende Leistungsminderungen. Während der Vertrauenszeit sollten Vereinbarungen zu Mitwirkungshandlungen ohne Rechtsfolgenbelehrung geschlossen werden, daher hätten keine Rechtsfolgen in Form von Leistungsminderungen bei Verletzung dieser Mitwirkungshandlungen eintreten können. Die Vertrauenszeit ist jedoch im Vermittlungsausschuss zum Bürgergeld gestrichen worden. Das muss aber nicht bedeuten, dass deshalb keine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Jobcenter und Leistungsberechtigten möglich wird.
Das persönliche Gespräch und die direkte Kommunikation zwischen Jobcenter und Leistungsberechtigen sind die Basis für den gesamten Beratungs- und Eingliederungsprozess, jedoch können auch Einladungen zu Terminen von Beginn des Leistungsbezugs an mit Rechtsfolgenbelehrung ergehen. Auch ein erstes Meldeversäumnis bei einem mit Rechtsfolgenbelehrung vorgegebenen Meldetermin führt zu Beginn des Leistungsbezuges ggf. auch zu Leistungsminderungen. Bei wiederholten Meldeversäumnissen ziehen diese dann auch wieder eine Leistungsminderung für 1 Monat von 10 % des maßgebenden Regelbedarfs nach sich (vgl. § 32). Auch bei funktionierender Zusammenarbeit kann auch nur diese Form mit Rechtsfolgenbelehrungen durchgehend aufrechterhalten werden. Rechtsfolgenbelehrungen vor Mitwirkungshandlungen sind nicht verzichtbar. Wenn Mitwirkungspflichten nicht eingehalten werden, mindert sich das Bürgergeld beim ersten Pflichtverstoß um 10 % des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs, bei einer weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 20 % des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs, bei jeder weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 30 % des nach § 20 jeweils maßgeblichen Regelbedarfs. Dabei liegt eine weitere Pflichtverletzung nur vor, wenn bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde. Sie liegt dagegen nicht vor, wenn der Beginn des vorangegangenen Minderungszeitraums länger als ein Jahr zurückliegt.
Rz. 21b
Die COVID-19-Pandemie mit ihren Kontaktbeschränkungen hat die Arbeit der Gesetzesbegründung zufolge in den Jobcentern deutlich verändert, da die Möglichkeiten der persönlichen Vorsprache in den Jobcentern und die Teilnahme an Maßnahmen stark eingeschränkt waren. Somit mussten neue We...