Rz. 24
Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 2 setzen voraus, dass der erwerbsfähige Leistungsberechtigte über die Rechtsfolgen, die sich aus einem sozialwidrigen Verhalten nach diesen Regelungen ergeben können, belehrt worden ist. In der vorgeschalteten Rechtsfolgenbelehrung liegt ein erzieherisches oder helfendes Element, das in die Verhältnismäßigkeitsbetrachtung der Minderungsvorschriften zu integrieren ist. Für die Belehrung über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung nach Abs. 1 Nr. 1 gelten die Grundsätze des Arbeitsförderungsrechts (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 26.6.2013, L 18 AS 1572/13 B PKH). Abs. 2 Nr. 2 bedroht auch nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, mit einer Leistungsminderung. Insoweit gelten die nachfolgenden Ausführungen zur Rechtsfolgenbelehrung und über die Kenntnis der Rechtsfolgen unmittelbar oder entsprechend auch für diesen Personenkreis. Die Rechtsfolgen können nur eintreten, wenn der Leistungsberechtigte trotz dieser Belehrung gehandelt hat, diese also der Handlung vorausgegangen ist und er deshalb aktiv Kenntnis über die drohenden Leistungsminderungen hat, weil ihm die Rechtsfolgenbelehrung selbst in der notwendigen Qualität zuteilgeworden ist.
Rz. 24a
Die Regelungen in § 31a Abs. 1 enthalten keine eigenständigen Normierungen von Rechtsfolgenbelehrungen, sondern lediglich die Rechtsfolgen von begangenen Pflichtverletzungen. Da sie insofern auf die Grundtatbestände mit den dort normierten Rechtsfolgenbelehrungen verweisen, muss jede Rechtsfolgenbelehrung nach Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 spezielle Belehrungen auch hinsichtlich der verschärften Rechtsfolgen bei wiederholten Pflichtverstößen enthalten. Belehrungen nach Abs. 2 Nr. 2 müssen sich auch auf nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte (Bezieher von Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 2) beziehen. Das Jobcenter muss die Belehrung ggf. nachweisen (SG Gießen, Urteil v. 14.1.2013, S 29 AS 676/11). Rechtsfolgenbelehrungen haben den Begriff des sog. negativen Bewerbungsverhaltens umfassend einzubeziehen. Die Rechtsfolgenbelehrungen nach dem SGB III müssen für Fälle des Abs. 2 Nr. 3 und 4 keine Ausführungen zu Rechtsfolgen nach dem SGB II enthalten. Allerdings gelten bei Pflichtverletzungen nach Abs. 2 Nr. 3 in Fällen einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 SGB III die Rechtsfolgen des § 32 (vgl. § 31a Abs. 1 Satz 7).
Rz. 25
Die Belehrung nach Abs. 1 unterliegt dem Gebot der Schriftlichkeit, diejenige nach Abs. 2 Nr. 2 unterliegt keinen Formerfordernissen, sie kann also insbesondere auch mündlich erteilt werden. Allerdings bleibt im Zweifel fraglich, ob sie rechtsmängelfrei war und als solche überhaupt belegt werden kann. Die Rechtsfolgenbelehrung hat rechtsmängelfrei vor jeder neuen Rechtsfolgendrohung zu erfolgen, sie muss also ggf. regelmäßig oder häufig wiederholt werden, z. B. vor jedem Arbeitsangebot, nach jedem Nachweis über durchgeführte Eigenbemühungen bei Aufforderung zu erneuten Nachweisen, mit jeder Meldeaufforderung (vgl. hierzu § 32, § 309 SGB III) usw. Nur dann entfaltet die Belehrung die gesetzlich vorgesehene Wirkung. Umgekehrt schließt das Erfordernis einer schriftlichen Rechtsfolgenbelehrung gerade nicht aus, dass die Belehrung zusätzlich mündlich erteilt wird und z. B. anschließend das schriftliche Arbeitsangebot ausgehändigt wird, auf dem die Rechtsfolgenbelehrung abgedruckt ist. Das hat den besonderen Vorteil, dass dem Leistungsberechtigten die für ihn relevante Rechtsfolgenbelehrung mündlich erteilt und erklärt werden kann. Mündlich erteilten Rechtsfolgenbelehrungen kommt insofern schon der Charakter einer Rechtsfolgenberatung zu. Bei schriftlichen, vordruckmäßigen Rechtsfolgenbelehrungen wird sich nicht immer vermeiden lassen, dass die Rechtsfolgenbelehrung auch Aspekte enthält, die auf den konkreten Sachverhalt aktuell nicht zutreffen. Für das Jobcenter bedeuten vorgefertigte schriftliche Rechtsfolgenbelehrungen aber in jedem Fall eine hohe Rechtssicherheit und insoweit auch ein effektives und effizientes Verwaltungshandeln. Im Massengeschäft, etwa dem Meldeverfahren, ist eine andere als vordruckmäßige Rechtsfolgenbelehrung auch nicht realistisch zu bewältigen. Allerdings gehört zu einer vertrauensvollen Kommunikation in jedem notwendigen Fall einer Rechtsfolgenbelehrung auch bei ggf. ansonsten schwierigen Kommunikationsverhältnissen ein Anspruch darauf, die Erkenntnis über die drohenden Rechtsfolgen zu gewährleisten. Zur Problematik mündlicher Belehrungen in ausführlichen Beratungsgesprächen vgl. BSG, Urteil v. 15.12.2010, B 14 AS 92/09 R. Für das BSG kommt es bei Rechtsfolgenbelehrungen auf den objektiven Erklärungswert der Belehrung an, der zwingend formale Charakter steht dabei hoch im Kurs. Eine allgemeine Information und Übersicht über die Rechtsfolgen bei verschiedenen Pflichtverletzungen genügt nicht den Anforderungen einer individuellen einzelfallbezogenen Rechtsfolgenbelehrung i. S. d. § 31 ...