Rz. 209
Abs. 1 Satz 3 bestimmt, dass Ausländer, die an sich von Leistungen nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 für die ersten 3 Monate nach ihrer Einreise ausgeschlossen sind, bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 gleichwohl zum Berechtigtenkreis für die Grundsicherung gehören, wenn sie sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 AufenthG in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Das richtet sich nach den §§ 22 bis 26 AufenthG (Änderung bei der Personengruppe nach § 25 Abs. 4a, Abs. 4b, Abs. 5 AufenthG durch die Reform des Asylbewerberleistungsrechts in Bezug auf die Leistungsberechtigung). Zu Fällen der Antragstellung ukrainischer Flüchtlinge nach § 24 Abs. 1 AufenthG vgl. § 74. Soweit das Vorliegen einer Verpflichtungserklärung erforderlich ist (§ 68 AufenthG), ist darauf hinzuweisen, dass der Ausländer selbst daraus keine Zahlungen beanspruchen kann. Die Verpflichtungserklärung ist eine Garantieerklärung gegenüber deutschen Behörden, die einen Regress ermöglicht (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 9.10.2015, L 5 AS 643/15 B ER). Der Verpflichtungsgeber haftet für die Lebensunterhaltskosten auch nach Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (BVerwG, Urteil v. 26.1.2017, 1 C 10.16). Die Ausländerbehörde hat sich im Zusammenhang mit Verpflichtungserklärungen von der Bonität des Verpflichtungsgebers zu überzeugen. Die Inanspruchnahme des Verpflichtungsgebers ist politisch umstritten, insbesondere auch zwischen Bund und (einigen) Bundesländern. Insbesondere wird die Verpflichtung über die Anerkennung des Asylbewerbers hinaus bezweifelt. Argumentiert wird u. a. mit ausdrücklich anderen Informationen des Verpflichtungsgebers (aufgrund anderer Rechtsauffassung) bzw. rechtlich nicht eindeutige Information des Verpflichtungsgebers. Das BVerwG hat entschieden, dass bei einer Verpflichtungserklärung, mit der sich eine Privatperson zur Ermöglichung der Einreise von syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen verpflichtet hat, für deren Lebensunterhalt aufzukommen, für die Bestimmung des "Aufenthaltszwecks" im Ansatz von den verschiedenen Abschnitten des Kapitels 2 AufenthG auszugehen ist. Die zur Ermöglichung einer Einreise als Bürgerkriegsflüchtling nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V. mit einer Landesaufnahmeanordnung abgegebene Verpflichtungserklärung erlischt nicht durch nachfolgende Anerkennung des Begünstigten als Flüchtling und Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, denn beide Aufenthaltserlaubnisse sind solche aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen i. S. d. Kapitels 2 Abschnitt 5 AufenthG. Ihnen liegt derselbe Aufenthaltszweck zugrunde. Gegen die Fortdauer der Haftung aus einer derartigen Verpflichtungserklärung nach Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bestehen aus Sicht des BVerwG unter dem Gesichtspunkt des Unions- und Völkerrechts keine grundsätzlichen Bedenken. Gleichwohl wird zwischen Bund und Ländern auch eine politische Lösung angestrebt. Es ist zu erwarten, dass den Besonderheiten der Sachverhalte, insbesondere der individuellen Ausgangserwartung des Verpflichtungsgebers noch Rechnung getragen werden kann, unter Umständen sogar mit Wiederauszahlung bereits zurückgezahlter Beträge. Bis zum Sommer 2020 wurde zwar eine politische Lösung erreicht, jedoch keine endgültige Übereinstimmung zwischen Bund und den betroffenen Bundesländern zur Umsetzung des politischen Beschlusses. Die Erstattungspflicht besteht grundsätzlich für 3 Jahre ohne die Ausübung von Ermessen durch die zuständige Behörde. Die Ausübung von Ermessen kommt in Betracht, wenn durch die Erstattung eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung auf den Erstattungspflichtigen zukäme. Die Heranziehung zur Erstattung muss verhältnismäßig sein. Statistische Angaben zu den betroffenen Fällen gibt es nicht (vgl. BT-Drs. 19/32458).
Rz. 210
In Betracht kommen
- eine Aufenthaltserlaubnis für die Aufnahme aus dem Ausland aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen. Diese ist zu erteilen, wenn das Bundesministerium des Innern oder die von ihm bestimmte Stelle zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland die Aufnahme erklärt hat. In diesem Fall berechtigt die Aufenthaltserlaubnis auch zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit (§ 22 AufenthG); es greift kein Ausschusstatbestand des Abs. 1 Satz 2, ggf. ist eine Wohnsitzregelung zu beachten;
- eine Aufenthaltserlaubnis auf Anordnung der obersten Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland für Ausländer aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmte Ausländergruppen. Diese Aufenthaltserlaubnis kann von einer Verpflichtungserklärung zur Übernahme der Kosten für den Lebensunterhalt des Ausländers abhängig gemacht werden (§ 23 Abs. 1 i. V. m. § 68 AufenthG); es besteht jedoch Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG, wenn die Aufenthaltserlaubnis wegen Krieg im Heimatland erteilt wurde. Die Jobcenter müssen dies bei der Ausländerbehörde erfragen. G...