Rz. 52
Abs. 3 trägt den Entwicklungen nach der Neuordnung der Führungsstruktur in der Zentrale der Bundesagentur Rechnung. Der im April 2002 neu gebildete Vorstand verfolgt – teilweise gemeinsam mit dem Verwaltungsrat – eine Geschäftspolitik auch gegenüber der Bundesregierung und dem BMAS, die ihr Handlungsvollmacht sichert. Umgekehrt geht damit im konkret abzugrenzenden Rahmen auch die Verantwortung der Politik auf den berufenen Vorstand über. Davon bleiben die Aufsichtsaufgaben der Selbstverwaltung unberührt. Gesetzliche Basis hierfür sind Gestaltungsspielräume durch Freiheiten bei der Verwendung der Eingliederungsmittel, zuletzt durch das Vermittlungsbudget. 2023 ist der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit zuletzt teilweise neu und umbesetzt worden. Dadurch wird sich die Handschrift der Bundesagentur für Arbeit wiederum verändern; es kann damit gerechnet werden, dass der operativen Arbeit wieder mehr Gewicht zukommen wird als zuvor. Inhaltlich ist es an der Zeit, der Inklusion und Teilhabe ein besonderes Gewicht zuzuschreiben, das auch in einer Zielvereinbarung niedergelegt werden könnte.
Rz. 53
Abs. 3 schafft die Voraussetzungen für ein Agency-Modell, das Zustimmungen und Genehmigungen ablösen und durch Vereinbarungen zwischen der Arbeitsverwaltung und der Bundesregierung ersetzen soll. Maßgebender Partner ist die Bundesregierung. Lediglich bei fachaufsichtlich relevanten Themenkomplexen ist das BMAS Partner der Bundesagentur für Arbeit. Dem BMAS obliegt allerdings im Bereich der Arbeitsförderung lediglich eine Rechtsaufsicht über die Bundesagentur für Arbeit. Die Erfahrungen seit 2002 belegen, dass das Zielvereinbarungsmodell über verschiedene Bundesregierungen und Minister/innen im BMAS erfolgreich praktiziert wurde und deshalb auch zukünftig Bestand haben wird.
Rz. 54
Abs. 3 schafft die Grundlage für Kontrakte zwischen Verwaltung und Politik. Eine ähnliche Vorschrift enthält § 48 SGB II. Im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende übt das BMAS allerdings die Rechts- und Fachaufsicht über die Bundesagentur für Arbeit aus und kann somit auf die Umsetzung des SGB II in den Jobcentern der gemeinsamen Einrichtungen unmittelbar Einfluss nehmen. Für die Politik bedeutet dies Verantwortung allein für die politischen Entscheidungen, die in Gesetzgebungsverfahren ihren Niederschlag finden, z. B. Regelungen zu Zuständigkeiten bei der Bundesagentur für Arbeit oder anderswo, zur Einführung oder Streichung von gesetzlichen Leistungen. Die Verantwortung der Bundesagentur liegt darin, innerhalb dieses gesetzten Rahmens effektive und effiziente Produkte und Programme zur Erreichung der mit der Politik vereinbarten Ziele zu entwickeln und umzusetzen. Zur Erprobung haben das BMAS und die Bundesagentur für Arbeit am 29.11.2018 eine Rahmenzielvereinbarung geschlossen, die bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung, jedenfalls aber bis zum Ende der 19. Legislaturperiode galt und mit Stand November 2022 für die 20. Legislaturperiode aktualisiert wurde.
Rz. 54a
In der Rahmenzielvereinbarung wird u. a. ausgeführt, dass es wird in den nächsten Jahren immer schwieriger werden soll, die negativen Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf das Arbeitskräfteangebot zu kompensieren. Schon in naher Zukunft soll das inländische Arbeitskräftepotenzial demnach abnehmen und der Bedarf an Fachkräften damit nicht zu sichern sein. Ein Schwerpunkt der Fachkräftesicherung muss deshalb darin bestehen, Fachkräfte aus anderen europäischen Staaten und aus Drittstaaten zu gewinnen und die Perspektiven ausländischer Fachkräfte und ihrer Familienangehörigen am deutschen Arbeitsmarkt zu verbessern. Um für Fachkräfte dauerhaft noch attraktiver zu werden, müssen die Rahmenbedingungen so gut sein, dass sie sich und ihre Familien in Deutschland willkommen fühlen, gute Lebens- und Arbeitsbedingungen vorfinden und Möglichkeiten zur beruflichen Entwicklung haben. Dazu gehört, Informationen verständlicher und leichter zugänglich zu machen, die Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen zu vereinfachen und die Verwaltungsverfahren zu beschleunigen sowie die Bundesagentur für Arbeit zur Fachinstitution für Beratung, Vermittlung und Qualifizierung auch von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern sowie Fachkräften aus Drittstaaten weiterzuentwickeln und die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu stärken.
Die Rahmenzielvereinbarung enthält die Ziele Arbeitsmarktausgleich verbessern (I), Arbeits- und Fachkräftesicherung – Arbeitsmarkt im Wandel – (II) mit den Teilzielen Berufsberatung und Beratung in der Phase des Übergangs Schule-Beruf, Langzeitarbeitslosigkeit vermeiden sowie Fachkräftegewinnung in der Europäischen Union (EU) und in Drittstaaten steigern, ferner Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt weiter fördern – Querschnittsthema für alle Ziele (III), Organisationskultur, Gute Führung, Qualitätsbewusstsein und -management (IV) und schließlich Digitalisierung und Automatisierung (V).
Rz. 55
Die Rahmenzielvereinbarun...