Rz. 32
Abs. 3 ermöglicht es dem Verwaltungsrat, über die Satzung bestimmte Arten von Geschäften der Bundesagentur von seiner Zustimmung abhängig zu machen. Im Gesetzgebungsverfahren ist die im Gesetzentwurf enthaltene Formulierung "Die Satzung oder der Verwaltungsrat kann bestimmen …" abgeändert worden. Die Befugnisse des Verwaltungsrates sind dadurch wieder eingeschränkt worden.
Rz. 32a
Zwar beschließt der Verwaltungsrat die Satzung (Abs. 5). Diese bedarf jedoch der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS, § 372 Abs. 2), das durch Genehmigungsverweigerung die Kompetenzen des Verwaltungsrates begrenzen kann. Davon hat das Ministerium allerdings bei der Genehmigung der aktuellen Fassung der Satzung der Bundesagentur für Arbeit v. 20.2.2024 (BAnz AT 20.2.2024 B8) keinen Gebrauch gemacht, denn die Zustimmungsvorbehalte erfassen durchaus auch Geschäfte, die der Geschäftsführung unterliegen. Insbesondere hat der Verwaltungsrat ein Zustimmungserfordernis zur Abgrenzung der Bezirke und der Festlegung der Sitze der Regionaldirektionen beschlossen und damit seinen Einfluss darauf gewahrt. Die Bedeutung zeigt sich zunehmend angesichts der sinkenden Arbeitslosigkeit und der daraus zu ziehenden Konsequenzen der Arbeitsverwaltung in Bezug auf die Flächenpräsenz vor Ort bei den Menschen und der Ausgestaltung von back offices an zentralen Standorten ("Operative Services").
Rz. 33
Eine andere Begrenzung enthält Abs. 3 Satz 2. Bei einer Zustimmungsverweigerung kann der Vorstand verlangen, dass das BMAS entscheidet. Diese Variante bezieht sich auf den konkreten Einzelfall, in dem der Verwaltungsrat nach der Satzung zulässigerweise die Zustimmung zu einem Geschäft verweigert.
Rz. 34
Abs. 3 entspricht § 111 Abs. 4 AktG für die Geschäfte des Vorstands einer AG, die der Zustimmung des Aufsichtsrates bedürfen. Die Übernahme privatwirtschaftlichen Rechts ist durch das Letztentscheidungsrecht des BMAS halbherzig vollzogen worden. Darin drückt sich das Misstrauen gegenüber dem Verwaltungsrat aus.
Rz. 35
Der oder die Vertreter des BMAS im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit nehmen eine Doppelfunktion wahr. Daher ist anzunehmen, dass der Verwaltungsrat bei seiner Entscheidung jeweils die Auffassung des BMAS kennt. Die Regelungen in Abs. 3 erlangen deshalb nur dann Bedeutung, wenn kein Vertreter des BMAS im Verwaltungsrat vertreten ist. Dabei darf nicht verkannt werden, dass der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit seine geschäftspolitischen Interessen (oder die des Bundes) mit der Genehmigung des BMAS gegen den Willen des Verwaltungsrates, insbesondere einer Mehrheit der Vertreter der Arbeitnehmer und Arbeitgeber, durchsetzen kann.
Rz. 35a
Der Zustimmung des Verwaltungsrats bedürfen:
- die Festlegung der strategischen Ausrichtung und der geschäftspolitischen Ziele der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen des gesetzlichen Auftrags,
- der Abschluss von Zielvereinbarungen für Bereiche, die nicht der Fachaufsicht des Bundes unterliegen (§ 1 Abs. 3 SGB III),
- die Geschäftsordnung des Vorstands,
- die Bestellung und Abberufung des Leiters der Internen Revision,
- der Abschluss von Verwaltungsvereinbarungen zur Durchführung befristeter Arbeitsmarktprogramme,
- die Abgrenzung der Bezirke und die Festlegung der Sitze der Regionaldirektionen,
- die Errichtung, Änderung und Auflösung besonderer Dienststellen mit grundsätzlicher strategischer Bedeutung,
- die Festlegung der Grundlinien der wissenschaftlichen Arbeit des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung,
- Rechtsgeschäfte und Erklärungen von geschäftspolitischer Bedeutung, soweit sie den Betrag von 10 Mio. EUR übersteigen und nicht im Rahmen eines Insolvenzverfahrens abgeschlossen oder ausgesprochen werden (vgl. Art. 4 der Satzung).