Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheitsprüfung. Vierpersonenhaushalt im Kreis Dithmarschen in Schleswig-Holstein. kein schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers. Flächenlandkreis. fehlerhafte Vergleichsraumbildung. gesamtes Kreisgebiet als Vergleichsraum. homogener Lebens- und Wohnbereich. keine ausreichende verkehrstechnische Verbundenheit. Pendelzeiten. fehlende Validität und Repräsentativität der Datenerhebung bzw -auswertung
Orientierungssatz
1. Ein Konzept des Grundsicherungsträgers, welches zu mehreren Wohnungsmarkttypen mit unterschiedlichen Angemessenheitsgrenzen innerhalb eines Vergleichsraums aufgrund einer Clusteranalyse führt (Konzept 2016), erfüllt nicht die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG zur Angemessenheit der Unterkunftskosten gemäß § 22 SGB 2.
2. Der Grundsicherungsträger verfügt auch nach Erstellung eines Berichts zur "Korrektur des Konzepts zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft 2016 und Fortschreibung 2018", mit dem er unter Aufgabe der im ursprünglichen Konzept 2016 enthaltenen Clusterbildung den gesamten Landkreis Dithmarschen als einheitlichen Vergleichsraum zugrunde gelegt und Perzentilwerte mittels iterativen Verfahrens gebildet hat, nicht über ein schlüssiges Konzept (Konzept 2019).
3. Weiter werden durch die Korrektur des Konzepts im Oktober 2019 nicht die vom erkennenden Senat mit Urteilen vom 15.1.2018 (vgl LSG Schleswig vom 15.1.2018 - L 3 AS 10/16, L 3 AS 100/15, L 3 AS 109/15, L 3 AS 110/15, L 3 AS 111/15 und L 3 AS 112/15) bezogen auf das Konzept 2012 geäußerten Bedenken gegen die Validität und Repräsentativität der Datenerhebung ausgeräumt.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 29. Januar 2019 aufgehoben.
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides des Beklagten vom 22. Dezember 2016 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 6. Januar 2017 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10. Februar 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2017 sowie des Änderungsbescheides vom 20. März 2017 verurteilt, bei den Klägern für die Zeit vom 1. Februar 2017 bis 31. Juli 2017 Kosten der Unterkunft in Höhe von 577,50 EUR zuzüglich Heizkosten im Februar 2017 in Höhe von 182,80 EUR sowie vom 1. April 2017 bis 31. Juli 2017 in Höhe von 155,93 EUR dem Grunde nach zu berücksichtigen und das Heizkostenguthaben in Höhe von 273,52 EUR auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung im April 2017 anzurechnen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat den Klägern die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der zu zahlenden Kosten der Unterkunft (KdU) für die von den Klägern bewohnte Wohnung in der W. Straße ... in M. in der Zeit vom 1. Februar 2017 bis 31. Juli 2017.
Die 1983 geborene Klägerin zu 1) und ihre am ... 2007 [L.], ... 2009 [F.] und ... 2014 [M.] geborenen Kinder, die Kläger zu 2) bis 4) stehen seit Februar 2014 im Leistungsbezug des Beklagten.
Die Klägerin zu 1) begann am 21. Oktober 2013 eine Ausbildung zur Erzieherin an der Fachschule für Sozialpädagogik. Nach Unterbrechung der Ausbildung aufgrund der Schwangerschaft beantragte sie am 28. Februar 2014 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zum Zeitpunkt der Antragstellung wohnte sie seit dem 30. September 2013 gemeinsam mit dem 1976 geborenen S. K. und den Klägern zu 2) und 3) in einem Haus mit 5 Zimmern und einer Wohnfläche von 170 m² in der W. Straße ... in M.. Die Grundmiete betrug 650,00 EUR zuzüglich Nebenkosten in Höhe von 50,00 EUR. Der monatliche Heizkostenabschlag betrug ab 15. April 2016 174,10 EUR und ab dem 15. April 2017 148,50 EUR. Im März 2017 war keine Heizkostenvorauszahlung zu leisten.
Mit Schreiben vom 11. März 2014 forderte der Beklagte die Klägerin zu 1) zur Senkung der Mietkosten auf und gab an, dass für einen 4-Personenhaushalt eine Bruttokaltmiete bis zu einer Höhe von 404,60 EUR zuzüglich Heizkosten für angemessen erachtet werde und kündigte an, ab dem 1. Juli 2014 lediglich die angemessenen KdU zu berücksichtigen. Mit Bescheid vom 11. März 2014 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 11. April 2014 bewilligte der Beklagte den Klägern zu 1) bis 3) Leistungen unter Berücksichtigung der kopfanteiligen KdU (162,50 EUR) und anteiligen Heizkosten (30,00 EUR) für die Zeit vom 1. Februar 2014 bis 30. Juni 2014 und im Monat Juli 2014 abgesenkten kopfanteiligen KdU in Höhe von 101,15 EUR zuzüglich Heizkosten (30,00 EUR).
Im Folgezeitraum nahm der Beklagte den Lebensgefährten der Klägerin zu 1) und Vater der Klägerin zu 4), S. K., sowie die Klägerin zu 4) ab September 2014 in die Bedarfsgemeinschaft auf und berücksichtigte ab dem 1. Oktober 2014 KdU für einen 5-Personenhaushalt in Höhe von 414,80 EUR. Am 13. März 2015 zog S. K. aus der...