Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe in anderen Lebenslagen. Übernahme von Bestattungskosten. Bestattungsverpflichteter. Selbsthilfeobliegenheit. Zumutbarkeit der außergerichtlichen Geltendmachung von Ausgleichansprüchen gegen gleichrangig Verpflichtete. sozialgerichtliches Verfahren. kurzfristig gestellter Vertagungsantrag. Darlegung und Glaubhaftmachung der Verhinderungsgründe

 

Leitsatz (amtlich)

Beruft sich ein zur Bestattung Verpflichteter allein darauf, dass er über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von gleichrangig Verpflichteten keine Angaben machen könne, genügt dies der Selbsthilfeobliegenheit nicht. Auch wenn mit der Rechtsprechung des BSG die Durchführung eines Zivilprozesses mit ungewissem Ausgang nicht zu verlangen ist, kann sich der Kläger nicht auf bloßes Nichtstun beschränken. Zumindest der Versuch einer außergerichtlichen Geltendmachung zivilrechtlicher Ausgleichsansprüche ist zumutbar.

 

Orientierungssatz

1. Zum Leitsatz vgl BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 23/08 R = BSGE 104, 219 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1.

2. Zu den Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung der Verhinderungsgründe (hier: Erkrankung der allein sachbearbeitenden Rechtsanwältin einer Sozietät) bei einem kurz vor dem anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung gestellten Vertagungsantrag.

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 18. Februar 2013 wird insoweit aufgehoben, als es den Beklagten verurteilt, an den Kläger einen über den Betrag in Höhe von 1.057,35 EUR hinausgehenden Betrag an Bestattungskosten für die Beerdigung der Mutter des Herrn … zu zahlen, und die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen zu je einem Drittel.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Übernahmepflicht von Bestattungskosten durch den Beklagten.

Kläger ist der Insolvenzverwalter, der im Insolvenzverfahren über das Vermögen des H.K. eingesetzt wurde. H.K. ist Sohn der am 31. Mai 2009 verstorbenen E.K.. Er hat drei Geschwister, die zwei Brüder Ha.S. und D.K. sowie die Schwester B.Z.. Die Bedarfsgemeinschaften des H.K. und des D.K. bezogen im Jahr 2009 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Ha.S. und der B.Z. gibt es im vorliegenden Verfahren keine Erkenntnisse.

Am 11. Juni 2009 beantragte H.K. die Übernahme der Bestattungskosten für die Beerdigung seiner Mutter. Die Friedhofsverwaltung der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Ba… machte mit Rechnung vom 26. Juni 2009 Forderungen gegenüber H.K. in Höhe von 1.019,00 EUR geltend und das Bestattungsunternehmen M. Bestattungen mit Rechnung vom 24. Juli 2009 Forderungen in Höhe von 2.134,70 EUR. In dem Betrag von 2.134,70 EUR sind als Einzelposten Beträge in Höhe von 80,00 EUR für die Dekoration für die Trauerfeier, in Höhe von 65,00 EUR für eine Überurne sowie in Höhe von 20,00 EUR für die Ausstellung einer Sterbeurkunde enthalten.

Der Beklagte übersandte an H.K. einen Hauptantrag und Fragebögen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen und fügte entsprechende Formulare für seine Geschwister bei. Der Bruder D.K. reichte den Auskunftsbogen ausgefüllt ein. Die Geschwister Ha.S. und B.Z. teilten wie H.K. lediglich die Erbausschlagungen mit.

Mit Bescheid vom 22. Juli 2009 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten ab und führte zur Begründung aus, dass gegebenenfalls mindestens ein weiterer Erbe vorhanden sei, gegenüber dem H.K. seinen zivilrechtlichen Anspruch vorrangig geltend machen könne.

Dagegen legte H.K. am 1. August 2009 Widerspruch ein. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens stellte sich heraus, dass auch D.K. das Erbe ausgeschlagen hatte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. September 2009 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und verwies zur Begründung darauf, dass auch, wenn sie nicht Erben geworden seien, alle Kinder aufgrund ihrer Unterhaltspflicht aus § 1615 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für die Kosten der Beerdigung haften würden. Weder H.K. noch Ha.S. noch B.Z. hätten Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht, so dass eine Prüfung der Zumutbarkeit nicht möglich sei. H.K. sei jedoch nachweispflichtig, ob seinen Geschwistern die Kosten der Bestattung zugemutet werden könnten. Die Unaufklärbarkeit gehe zu seinen Lasten.

Dagegen hat H.K. am 8. Oktober 2009 Klage vor dem Sozialgericht Itzehoe erhoben. Eine Haftung nach § 1615 Abs. 2 BGB scheide für ihn wie auch für seine Geschwister aus, da keiner von ihnen zu Lebzeiten der Mutter unterhaltspflichtig gewesen sei. Es könne auch nicht in seinen Risikobereich fallen, nachzuweisen, dass seine Geschwister die Kosten nicht tragen könnten. Im Rahmen des Klageverfahrens übersandte der Kläger eine weitere Rechnung des Bestattungsunternehmens M. Bestattungen vom 24. Juli 2009 über 165,00 EUR für anteilige Kosten für Urne und ...

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