Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe in anderen Lebenslagen. Übernahme von Bestattungskosten. erforderliche Kosten. örtliche Zuständigkeit
Orientierungssatz
1. Die für eine Bestattung erforderlichen Kosten beurteilen sich objektiv danach, was für eine würdige, den örtlichen Verhältnissen entsprechende einfache Bestattung aufgewendet werden muss. Dabei kommt es auf die örtlichen Verhältnisse in Deutschland, nicht in Spanien (Sterbeort) an, wenn der Bestattungspflichtige in Deutschland lebt.
2. In den Fällen, in denen keine Sozialhilfe bis zum Tode geleistet wurde und der Sterbeort im Ausland liegt, aber eine Bestattung in Deutschland vorgenommen werden soll, ist der Träger der Sozialhilfe des tatsächlichen Aufenthaltsortes des Bestattungspflichtigen örtlich zuständig.
Tenor
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig 2100,- EUR für die Einäscherung in Spanien des am 06.05.2012 dort verstorbenen I. G. zur Verfügung zu stellen. Für den Fall, dass die Antragstellerin die Einäscherung des Verstorbenen und die dadurch entstandenen Kosten nicht bis 30.06.2012 nachweist, wird sie verpflichtet, die 2100,- EUR zurückzuzahlen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die vorläufige Übernahme von Bestattungskosten in Spanien.
Die Antragstellerin (Ast.) ist die getrennt lebende Ehefrau des am 06.05.2012 in einem Krankenhaus in Marbella (Spanien) verstorbenen I. G., der in L/Kreis E. wohnte Dieser bezog zuletzt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Er hielt sich nur vorübergehend in Spanien auf. Die Ast., die ebenfalls Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II bezieht, beantragte am 08.05.2012 bei der Antragsgegnerin (Ag.) einen Kostenvorschuss von 2100,- EUR für die Einäscherung des Verstorbenen am Sterbeort. Die Ag. lehnte den Antrag durch Bescheid vom 09.05.2012 ab, mit der Begründung, sie sei gemäß § 98 Abs. 3 SGB XII für die Leistung von Bestattungskosten nicht zuständig; weder habe der Verstorbene zuletzt Sozialhilfe bezogen noch liege der Sterbeort in Deutschland; es sei somit kein inländischer Träger zuständig. Die Ag. verwies auf die Bestimmungen des § 9 Konsulargesetz.
Am 14.05.2012 hat die Ast. um einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht. Sie verweist darauf, dass sie sowohl nach deutschem als auch nach spanischem Recht als Ehefrau berechtigt und verpflichtet sei, die Bestattung ihres Ehemannes durchzuführen. Die Bestattungskosten könnten weder aus dem (überschuldeten) Nachlass des Verstorbenen noch aus ihren eigenen Mitteln aufgebracht werden. Ein besonderes Eilbedürfnis, dass der Sozialhilfeträger vorläufig die Kosten einer Einäscherung in Spanien übernimmt, ergebe sich aus folgenden Umständen: Der Verstorbene liege derzeit in einem Kühlraum in Marbella; sollte dieser Platz anderweitig benötigt werden - und dies könne kurzfristig der Fall sein - werde der Leichnam einem "Armenbegräbnis" in Spanien zugeführt. Bei einem Armenbegräbnis nach spanischem Recht werde den Angehörigen weder die Möglichkeit gegeben, zwischen einer Feuer- und einer Erdbestattung zu unterscheiden, noch an dem Begräbnis teilzunehmen; auch werde den Angehörigen nur gegen Erstattung der Begräbniskosten die Lage des Grabes mitgeteilt; ein Grabzeichen sei nicht vorgesehen; die Beisetzung könne sowohl bei einer Erdbestattung als auch zusammen mit anderen Verstorbenen und bei einer Feuerbestattung zusammen mit der Asche anderer Verstorbenen in einer gemeinsamen Urne erfolgen. Diese Informationen seien dem Bevollmächtigten der Ast. in Telefonaten mit dem Deutschen Konsulat in Malaga erteilt worden; von dort sei zuletzt auch mitgeteilt worden, dass die Angelegenheit eilig sei und täglich mit der Einleitung eines Armenbegräbnisses gerechnet werden könne, wenn nicht unverzüglich eine Kostenzusage vorgelegt werde.
Die Ast. ist der Auffassung, dass die Durchführung eines "Armenbegräbnisses" in Spanien nicht in Betracht komme. Denn eine solche Bestattung entspreche nicht den Grundsätzen einer würdigen Bestattung nach deutschem Rechtsempfinden. Nach § 74 SGB XII seien die Kosten für eine angemessene Bestattung in einfacher, aber würdiger und ortsüblicher Form zu übernehmen. Dies beinhalte eine individuelle Beisetzung in Deutschland mit der Möglichkeit späterer Grabbesuche; dies sei bei einem "Armenbegräbnis" in Spanien (nicht) mehr möglich. Die Ast. ist weiter der Auffassung, dass die Ag. für die Leistung nach § 74 SGB XII örtlich zuständig sei. Soweit § 98 Abs. 3 SGB XII keine eindeutige Regelung enthalte, aus der sich die örtliche Zuständigkeit des deutschen Sozialhilfeträgers ergebe, sei an den tatsächlichen Aufenthaltsort des die Kostenerstattung beantragenden Bestattungsverpflichteten anzuknüpfen. Da die Ast. ihren Wohnsitz und tatsächlichen Wohnsitz in Düren habe, sei die Zuständigkeit des Ag. gegeben.
Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,
die erforderlichen Bestattungskosten im Sinne...