Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung psychischer Schäden als Folge eines vorsätzlichen rechtswidrigen Angriffs i. S. des OEG
Orientierungssatz
1. Der Entschädigungsanspruch des § 1 Abs. 1 OEG setzt einen vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriff voraus, durch den der Betroffene einen Gesundheitsschaden erlitten hat.
2. Ein tätlicher Angriff setzt den Nachweis einer unmittelbaren Gewalteinwirkung auf den Körper voraus. Auch beim sog. Stalking kommt es auf das Vorliegen einer mit Gewaltanwendung verbundenen vorsätzlichen Straftat an.
3. Bei geltend gemachten seelischen Schäden ist u. a. entscheidend, ob nicht andere wesentlich mitwirkende Bedingungen, wie z. B. eine vorbestehende Anlage von Krankheitswert, für die Ausbildung einer seelischen Dauererkrankung vorhanden sind.
4. Haben vor dem geltend gemachten Angriff bereits eine rezidivierende depressive Störung, eine Persönlichkeitsakzentuierung mit schizoiden und psychasthenischen Zügen und eine Belastungsstörung vom ängstlichen Verlaufstyp vorgelegen, so sind mit Wahrscheinlichkeit die geltend gemachten psychischen Leiden auf anlagebedingte Erkrankungen des Antragstellers und nicht auf den erlittenen tätlichen Angriff zurückzuführen. Dies schließt eine Entschädigung nach dem OEG aus.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin führte in der Vergangenheit eine 18-monatige Beziehung mit dem am 00.00.0000 geborenen Herrn X. H ... Diese Beziehung endete am 02.07.2011. Gleichwohl stellte Herr H. der Klägerin in der Folgezeit weiter nach, woraufhin die Klägerin einen Beschluss des Amtsgerichts Heinsberg vom 23.08.2011 erwirkte (30 F 262/11), wonach es Herrn H. unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten wurde, sie zu bedrohen, zu belästigen, zu verletzen oder sonst körperlich zu misshandeln, sich der Wohnung der Klägerin näher als 20 m zu nähern, sich der Klägerin näher als 20 m zu nähern, der Klägerin aufzulauern, ein Zusammentreffen mit der Klägerin herbeizuführen sowie mit ihr sonst Verbindung aufzunehmen. Gegen diese Unterlassungsverfügungen verstieß Herr H. wiederholt, so dass bereits mit Beschluss vom 20.10.2011 gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.000 EUR durch das Amtsgericht Heinsberg festgesetzt wurde. Ausweislich der entsprechenden polizeilichen Ermittlungsakten stellte Herr H. der Klägerin auch im Anschluss mehrfach weiter nach und es wurden Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz sowie Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz gegen ihn eingeleitet.
Am 24.05.2012 ging bei dem Beklagten ein Antrag der Klägerin auf Leistungen nach dem Gesetz über Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz - OEG) ein. Zur Begründung des Antrags gab die Klägerin an, sie sei am 16.03.2012 gegen 7:20 Uhr Opfer eines Raubüberfalls geworden. Aufgrund dieser Gewalttat leide sie unter Angstzuständen, Schlafstörungen und leichten Depressionen. Aufgrund vorhandener Angstzustände sei ihr ihre Arbeitsstelle zum 30.06.2012 gekündigt worden.
Der Beklagte zog die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten betreffend den Vorfall vom 16.03.2012 bei (StA Aachen 804 Js 628/12). Nach den dortigen Feststellungen meldete die Klägerin telefonisch der Polizei, dass sich Herr X. H. gewaltsam Zutritt zum Haus verschafft und ihr ein Handy sowie eine Handtasche geraubt habe. Der Täter habe der Klägerin beim Verlassen des Hauses an der Eingangstür aufgelauert und sie gewaltsam ins Haus gedrängt. Hierbei habe er mit seinen Händen ihre Handgelenke gefasst. Im Haus habe er sie wieder losgelassen und die Haustür geschlossen. Dort habe er von ihr die Herausgabe seines Computers gefordert. Die Klägerin habe erklärt, sie wolle die Polizei rufen. Daraufhin habe der Täter gesagt, dies interessiere ihn nicht. Er solle lieber sie beide erschießen, bevor die Polizei erscheine. Die Klägerin habe geäußert, seinen Computer nicht zu besitzen und habe sodann mit ihrem Handy die Polizei rufen wollen. Der Täter habe ihr daraufhin ihr Handy entrissen. Hierbei sei es zu einem Gerangel gekommen. Der Täter habe ebenfalls eine Handtasche mit Inhalt, die auf dem Wohnzimmersofa gelegen habe, an sich genommen. Hierbei habe er geäußert, die Sachen als Pfand bis zur Herausgabe des Computers zu behalten. Daraufhin sei er zu Fuß geflüchtet. Die Klägerin sei durch die Handlungen des Täters leicht verletzt worden. Sie habe Schmerzen am rechten Arm verspürt. Bei dem besagten Computer handele es sich tatsächlich um den PC des Herrn H ... Diesen habe sie seinerzeit aber nicht gehabt, sondern bei einem Bekannten abgestellt. Sie habe den Computer ihrerseits als Pfand zurückbehalten, da Herr H. noch ein Fahrrad ihres Ex-Ehemannes im Besitz habe. Dieses wolle sie zurück.
Die Klägerin legte bei der Polizei ein Attest des Allgemeinmediziner Dr. I. vor, wonach diese im Rahmen eines tätlichen Angriffs am 16.03.2012 wie folgt verletzt wurde: 1.) schwere Distorsion rechtes Handgelenk, 2.) massive Ängste, 3.) psychische Belastung.
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