Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.09.2010; Aktenzeichen B 10 EG 6/09 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Erziehungsgeld in Höhe des Regelbetrages auch für die Zeit vom 11.05. bis 30.06.2007 anlässlich der Geburt der Zwillinge (Y) und (H) am 14.11.2005 und die Zahlung von 1.000,00 EUR.

Der 0000 geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger, ledig und der Vater der am 00.00.2005 geborenen Zwillinge Y und H. Vom 03.12.2002 bis zur bestandskräftigen Ablehnung seines Asylantrags war er im Besitz einer "Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens"; anschließend bis 06.09.2006 war er im Besitz einer "Duldung". Am 11.05.2007 erteilte ihm die Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) mit dem Zusatz "Beschäftigung jeder Art gestattet. Selbstständige Erwerbstätigkeit nicht gestattet". Am 01.07.2007 nahm er eine Tätigkeit als Reinigungskraft im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses bis maximal 400,00 EUR pro Monat auf.

Bereits am 05.01.2006 hatte die Mutter der Zwillinge Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr der Zwillinge beantragt. Dieser war durch zwei bestandskräftige Bescheide vom 06.01.2006 abgelehnt worden.

Am 16.07.2007 beantragte der Kläger Erziehungsgeld in Höhe des Regelbetrages für das zweite Lebensjahr der Zwillinge.

Durch zwei Bescheide vom 07.08.2007 lehnte das Versorgungsamt B. den Antrag ab. Es vertrat die Auffassung, der erteilte Aufenthaltstitel begründe keinen Erziehungsgeldanspruch, da der Kläger sich rechtmäßig erst seit 06.09.2006 (Ausstellungsdatum der Duldung) in Deutschland aufhalte.

Dagegen legte der Kläger am 06.09.2007 Widerspruch ein. Er wies daraufhin, sich bereits seit Dezember 2002 in Deutschland aufzuhalten; er sei seit 11.05.2007 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG und gehe seit 01.07.2007 einer geringfügigen Beschäftigung nach. Der Anspruch auf Erziehungsgeld bestehe aber nicht erst ab Aufnahme der Erwerbstätigkeit, sondern seines Erachtens bereits seit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis.

Der Beklagte wies den Widerspruch durch zwei Widerspruchsbescheide vom 26.11.2007 zurück. Er meinte, der Kläger erfülle zwar die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 6 Nr. 2 c) in Verbindung mit Nr. 3 a) des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG), nicht aber die weiteren Voraussetzungen nach Nr. 3 b); er sei weder erwerbstätig noch beziehe er Leistungen nach dem SGB III noch nehme er Elternzeit in Anspruch.

Dagegen hat der Kläger am 21.12.2007 Klage erhoben. Er hat erneut darauf hingewiesen, seit 01.07.2007 eine Erwerbstätigkeit auszuüben, sodass zumindest ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Erziehungsgeld bestehe.

Daraufhin hat der Beklagte durch zwei Änderungsbescheide vom 06.05.2008 Erziehungsgeld für die Zwillinge für die Zeit vom 01.07.2007 bis zur Vollendung von deren 24. Lebensmonat (= 13.11.2007) bewilligt, insgesamt 2.660,00 EUR.

Der Kläger ist der Auffassung, auch für die vor dem 01.07.2007 liegende Zeit ab Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, also ab 11.05.2007 Anspruch auf Erziehungsgeld zu haben. Aus der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 06.07.2004 (1 BvR 2515/95) ergangenen Entscheidung ergebe sich, dass es nicht sachgerecht sei, für den Erziehungsgeldanspruch eines Ausländers allein an die formale Art eines Aufenthaltstitels anzuknüpfen, wenn sich der Ausländer voraussichtlich auf Dauer im Bundesgebiet aufhalten dürfe. Soweit der Gesetzgeber zwischenzeitlich die Erziehungsgeldzugangsvoraussetzungen für Ausländer neu geregelt habe, sei der Kreis der Anspruchsberechtigten wieder in diskriminierender Weise eingeschränkt worden. Es gebe keinen sachlichen Grund, den Anspruch auf Erziehungsgeld für Inhaber eines Aufenthaltstitels der in § 1 Abs. 6 Nr. 2 c) BErzGG aufgeführten Art von zusätzlichen Voraussetzungen als dem Zugang zum Arbeitsmarkt abhängig zu machen. Dies verstoße gegen Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) und Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter entsprechender Aufhebung bzw. Abänderung der Bescheide vom 07.08.2007 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 26.11.2007 und der Änderungs- bescheide vom 06.05.2008 zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom 11.05. bis 30.06.2007 Erziehungsgeld für die Zwillinge Y. und H. in Höhe des Regelbetrages, ins- gesamt weitere 1.000,00 EUR zu zahlen, hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen ob § 1 Abs. 6 des Bundeserziehungsgeldgesetzes in Fassung durch Artikel 3 Nr. 1 des Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13.12.2006 (BGBl. I S. 2915) mit Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vereinbar ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine in den angefochtenen Bescheiden vertretene Auffassung.

Wegen d...

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