Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. abschließende Entscheidung über zunächst vorläufig beschiedene Leistungsansprüche. Verpflichtung zum Nachweis leistungserheblicher Tatsachen. Anwendbarkeit des § 41a SGB 2 auf vor dem 1.8.2016 beendete Bewilligungszeiträume. angemessene Fristsetzung
Leitsatz (amtlich)
§ 41a SGB II ist auch bei abschließenden Entscheidungen über vorläufig beschiedene Bewilligungszeiträume, die vor August 2016 endeten, anwendbar.
Orientierungssatz
1. Bei zu prüfendem Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit ist eine Frist von mindestens 2 Monaten angemessen iS des § 41a Abs 3 S 3 SGB 2 (Festhaltung an SG Augsburg vom 3.7.2017 - S 8 AS 400/17 = juris RdNr 24).
2. Sind die Voraussetzungen des § 41a Abs 3 S 3 SGB 2 nicht erfüllt, ist damit nicht das Verfahren zur abschließenden Entscheidung über den Leistungsanspruch vollständig beendet, sondern es greift dann wieder das von § 41a Abs 3 S 1 SGB 2 vorgesehene Prozedere.
3. Ein Widerspruch gegen eine abschließende Leistungsfestsetzung auf der Grundlage von § 41a Abs 3 S 4 SGB 2 kann nicht ohne Weiteres zugleich als Antrag iS des § 41a Abs 5 S 2 Nr 1 SGB 2 gewertet werden.
Tenor
I. Der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 21. Dezember 2017 wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Leistungsanspruch der Kläger im Zeitraum September 2015 bis Februar 2016 an den Beklagten zurückverwiesen.
II. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten sind der endgültige Leistungsanspruch der Kläger von September 2015 bis Februar 2016 und daraus resultierende Rückforderungen von insgesamt 3.868,32 EUR streitig.
Der 1987 geborene Kläger zu 1, seine 1988 geborene Ehefrau, die Klägerin zu 2, und ihr 2013 geborener Sohn, der Kläger zu 3, beantragten erneut im September 2015 beim beklagten Jobcenter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Kläger zu 1 betreibt seit Mai 2015 als Selbstständiger ein Tattoostudio; einen Gewinn hieraus prognostizierte er nicht. Die Klägerin zu 2 erhielt ab Januar 2016 Arbeitslosengeld, wobei der Beklagte über einen Erstattungsanspruch gegen die Agentur für Arbeit für die Monate Januar und Februar 2016 hiervon 2.310 EUR erhielt. Für den Kläger zu 3 wurde im streitigen Zeitraum Kindergeld und Betreuungsgeld von monatlich 150 EUR gezahlt.
Nachdem der Beklagte Leistungen zunächst mit Bescheid vom 8. Dezember 2015 wegen unzureichender Mitwirkung versagt hatte, bewilligte er der Bedarfsgemeinschaft der Kläger mit Bescheid vom 14. Januar 2016 vorläufig Leistungen für die Monate September 2015 bis Februar 2016 in unterschiedlicher Höhe. Dabei wurden als bedarfsminderndes Einkommen lediglich Kinder- und Betreuungsgeld berücksichtigt.
Mit Schreiben vom 28. Januar und vom 17. Februar 2016 forderte der Beklagte den Kläger zu 1 zur Abgabe einer abschließenden Erklärung über seine Einnahmen und Ausgaben aus der selbstständigen Tätigkeit (EKS) nebst Belegen auf. Der Kläger zu 1 reichte in der Folgezeit unter anderem betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWAs) für die Monate September bis Dezember 2015 sowie vorläufige BWAs für Januar und Februar 2016 ein.
Unter dem 28. November 2016 forderte der Beklagte den Kläger zu 1 zur Abgabe einer abschließenden EKS nebst Belegen bis 31. Dezember 2016 auf und wies darauf hin, dass bei nicht vollständiger Erfüllung der Nachweis- oder Auskunftspflicht der Leistungsanspruch für diejenigen Kalendermonate nur in der Höhe abschließend festgestellt wird, in welcher seine Voraussetzungen ganz oder teilweise nachgewiesen wurden. Für die übrigen Kalendermonate wird festgestellt, dass ein Leistungsanspruch nicht bestand.
Mit drei Bescheiden vom 22. März 2017 setzte das beklagte Jobcenter den Leistungsanspruch der Kläger für die Monate September 2015 bis Februar 2016 auf Null fest und forderte von den Klägern zu 1 und 2 jeweils 1.607,67 EUR und vom Kläger zu 3 652,98 EUR überzahlte Leistungen zurück. Dem Kläger zu 1 sei am 28. November 2016 erneut Gelegenheit zur Einreichung der EKS gegeben worden. Trotzdem seien keine vollständig ausgefüllte und unterschriebene abschließende EKS und keine Nachweise zu den Betriebseinnahmen und -ausgaben eingegangen. Damit seien die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen nicht nachgewiesen.
Im Widerspruch wurde vorgetragen, der Kläger zu 1 sei mit Unterlagen beim Jobcenter gewesen. Ferner wurde eine abschließende EKS für Januar und Februar 2016 eingereicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2017 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die vorläufige Bewilligung sei nie abgeändert worden, so dass Vorläufigkeit gegeben gewesen sei. Der Kläger zu 1 sei mehrfach unter Fristsetzung zur Einreichung von Unterlagen aufgefordert worden, v.a. einer vollständig ausgefüllten und unterschriebenen EKS mit sämtlichen Nachweisen und Belegen. Die Abgabe einzelner BWAs genüge nicht. Eine Reaktion sei aber nicht erfolgt.
Dagegen ist durch den Kläger zu 1 am 23. Januar 2018 Klage zum So...