Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeldanspruch. nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer. Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Beantragung der Verlängerung. Entbehrlichkeit der Fiktionsbescheinigung
Leitsatz (amtlich)
Im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 1 Abs 7 Nr 2 BEEG ist auch, wer rechtzeitig den Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt, stellt, ohne sich eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs 5 AufenthG ausstellen zu lassen. Denn bei rechtzeitiger Antragstellung gilt nach § 81 Abs 4 AufenthG der bisherige Aufenthaltstitel als fortbestehend. Der Ausstellung einer körperlichen Fiktionsbescheinigung bedarf es nicht.
Tenor
I. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 8. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2011 verurteilt, der Klägerin Elterngeld auch für den 6., 7. und 8. Lebensmonat des Kindes in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
II. Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Elterngeld auch für den 6. bis 8. Lebensmonat ihrer am 2010 geborenen Tochter J. nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) hat.
Die 1976 geborene Klägerin ist russische Staatsangehörige und lebt seit 2001 in Deutschland. In den letzten 12 Monaten vor der Geburt ihres Kindes übte die Klägerin keine Erwerbstätigkeit aus. Sie war im Besitz einer bis zum 01.04.2011 gültigen Aufenthaltserlaubnis - ausgestellt am 23.03.2010 vom Landratsamt B-Stadt - gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, S. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), die die Klägerin zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigte. Am 16.12.2010 beantragte sie Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat des Kindes.
Mit Bescheid vom 30.12.2010 bewilligte der Beklagte Elterngeld nur für den 1. bis 5. Lebensmonat des Kindes in Höhe des Mindestbetrages von 300 € monatlich. Zur Begründung führte er aus, der Elterngeldanspruch ende am 12.04.2011 weil der Aufenthaltstitel bis 01.04.2011 befristet sei, so dass für den Zeitraum vom 13.04.2011 bis 12.11.2011 der Klägerin ein Anspruch auf Elterngeld nicht zustehe. Sofern innerhalb des möglichen Elterngeldbezugszeitraumes eine über den 01.04.2011 hinaus gültige Aufenthaltsgenehmigung vorgelegt werde, könne über den weiteren Anspruch entschieden werden.
Am 24.03.2011 beantragte die Klägerin beim Landratsamt B-Stadt die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis. Das Landratsamt B-Stadt stellte am 29.06.2011 die beantragte Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. ein S. 1 Nr. 3, S. 2 AufenthG (gültig bis 01.04.2013) aus, die die Klägerin wiederum zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigte. Am 05.07.2011 ging beim Beklagten eine Kopie der am 29.06.2011 ausgestellten Aufenthaltserlaubnis ein. Außerdem übersandte die Klägerin dem Beklagten eine Bescheinigung des Landratsamtes B-Stadt vom 04.07.2011, mit der ihr bescheinigt wurde, dass sie am 24.03.2011 die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis rechtzeitig vor Ablauf des Aufenthaltstitels beantragt habe und die Aufenthaltserlaubnis damit gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG als fortbestehend galt.
Mit Bescheid vom 08.07.2011 bewilligte der Beklagte daraufhin Elterngeld auch für den 9. bis 12. Lebensmonat des Kindes (13.07.2011 bis 13.10.2011) in Höhe von 300 € monatlich. Für die Zeit vom 13.04.2011 bis 12.07.2011 lehnte der Beklagte die Zahlung von Elterngeld mit der Begründung ab, dass für diesen Zeitraum kein Aufenthaltstitel vorgelegen habe und die Klägerin daher nicht anspruchsberechtigt gewesen sei.
Mit ihrem Widerspruch vom 01.08.2011 wandte sich die Klägerin gegen die Versagung von Elterngeld für den 6. bis 8. Lebensmonat des Kindes. Zur Begründung brachte sie unter Bezugnahme auf die vom Landratsamt B-Stadt ausgestellte Bescheinigung vom 04.07.2011 vor, dass sie rechtzeitig vor Ablauf des Aufenthaltstitels die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis beantragt und daher die Aufenthaltserlaubnis nach § 81 Abs. 4 AufenthG als fortbestehend gegolten habe.
Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.08.2011 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Klägerin sei wegen des fehlenden Aufenthaltstitels nicht anspruchsberechtigt. Zwar habe die Klägerin für die Zeit zwischen dem Ablauf des bisherigen bis zur Aushändigung des neuen Aufenthaltstitels dem Grunde nach einen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland gehabt, sie sei aber nicht tatsächlich im Besitz eines entsprechenden Aufenthaltstitels oder einer entsprechenden Fiktionsbescheinigung gewesen, so dass die Zahlung von Elterngeld für den 6. bis 8. Lebensmonat des Kindes ausgeschlossen sei.
Mit ihrer am 12.09.2011 zum Sozialgericht Augsburg erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung der Klage lässt die Klägerin im Wesentlichen - wie schon im Widerspruchsverfahren - vorbringen, dass sie rechtzeitig, also vor Ablauf der Geltungsdauer ihres Aufenthaltstitels bei d...