Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung eines Überfalls als Arbeitsunfall
Orientierungssatz
Bei der Anerkennung eines Überfalls als Arbeitsunfall ist es für das betriebsbezogene Tatmotiv im Rahmen von Überfällen ausreichend, dass der Versicherte aufgrund der sich ihm darbietenden Umstände annehmen kann, dass der Einbrecher nicht nur zum Privatgebrauch bestimmte Wertgegenstände (Schmuck etc.), sondern Werte jeglicher Art und somit auch für das Geschäft bestimmte Geldmittel sich unbefugt aneignen will.
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 26.08.2009 und der Widerspruchsbescheid vom 17.12.2009 werden aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 28.03.2009 ein Arbeitsunfall war.
3. Als Folge des Arbeitsunfalls wird festgestellt:
Abgeklungene Posttraumatische Belastungsstörung.
4. Die Beklage wird verurteilt, der Klägerin eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. vom 29.03.2009 bis zum 02.02.2011 zu zahlen.
5. Die Beklagte hat der Klägerin deren zur Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Anerkennung eines Arbeitsunfalls sowie Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die am 06.11.1955 geborene Klägerin ist Angestellte bei ihrem Ehemann, der seit 1988 Pächter einer F. in G. ist. Das Wohnhaus der Eheleute befindet sich ebenfalls in H., in ca. 700 m Entfernung zur Tankstelle. Das Büro der Tankstelle befindet sich im Wohnhaus der Eheleute. Im Jahre 1996 wurde die Klägerin bei ihrer Tätigkeit an der Tankstelle überfallen. Es war ihr gelungen, die Täter in die Flucht zu schlagen.
Am 14.03.2009, als sich die Eheleute auf einer Boßeltour befunden hatten, wurde in ihr Wohnhaus eingebrochen. Es wurde die gesamte Wohnung durchsucht. Gestohlen wurden eine Wechselgeldkasse sowie das Portemonnaie der Klägerin. Insgesamt erbeuteten die Täter ca. 400,00 Euro sowie einige Geldkarten. Täter konnten bisher nicht ermittelt werden. Der Einbruch erfolgte über die vom Wohnzimmer zum Garten führende Terrassentür. Die Tür wurde zunächst notdürftig von innen verriegelt.
Am 28.03.2009 befand sich die Klägerin abends in dem Wohnhaus. Gegen 20:20 Uhr erfolgte ein Anruf ihres Ehemannes, der bat, ihn abzuholen und ihm zu helfen, die Tankstelle zu verschließen. Die Klägerin fuhr sodann zur Tankstelle. Als der Kassenabschluss erfolgen sollte, fiel der Klägerin auf, dass sie einen USB-Stick zu Hause vergessen hatte. Sie fuhr deshalb um wenige Minuten vor 21:00 Uhr zu ihrem Wohnhaus zurück. Sie hatte dort bereits zuvor im Gebäude das Licht angelassen. Sie ging in das Wohnhaus hinein, nahm den USB-Stick und kehrte hiernach unverzüglich zur Tankstelle zurück. Nachdem die Eheleute den Kassenabschluss getätigt hatten, kehrten sie gegen 5 Minuten nach 21:00 Uhr zurück zu ihrem Wohnhaus. Sie betraten das Gebäude durch die Vordertür. Die Klägerin ging in die Küche, legte dort die Wechselgeldkasse auf den Tisch und ging durch eine Seitentür aus der Küche hinaus in den Garten, um eine Harke in den Schuppen zu stellen. Währenddessen hatte sich ihr Mann die Schuhe ausgezogen, und ging sodann in das Wohnzimmer. Der Klägerin war unterdessen aufgefallen, dass die Terrassentür, die durch den ersten Einbruch bereits geschädigt und notdürftig von innen verschlossen wurde, erneut aufgebrochen worden war. Sie rief zu ihrem Mann, dass “schon wieder ins Haus eingebrochen„ worden sei. Sie betrat sodann das Gebäude über die Terrassentür zum Wohnzimmer. Nun öffnete sich die Wohnzimmertür und es trat ein mit einer Sturmhaube maskierter Mann hervor, der mit einer Schusswaffe und einem Messer bewaffnet war. Er forderte die Klägerin und ihren Ehemann auf, ihm Geld zu übergeben. Die Klägerin und ihr Ehemann waren sehr aufgeregt und schrien. Der Täter deutete ihnen, ruhig zu bleiben, er wolle nur Geld. Dabei sprach er den Satz: “Ich bin Profi, Sie sind Profi.„ Sodann ging der Täter mit den Eheleuten in die Küche, wo er ein rotes Lederetui mit der Aufschrift der Sparkasse an sich nahm. Hierbei handelte es sich um die Wechselgeldkasse der Tankstelle für den nächsten Tag. Es befanden sich 250,00 Euro in dem Etui. Der Täter verlangte nun nach "mehr Geld". Er fand eine sich in der Küche befindliche Geldkassette. Der Ehemann der Klägerin versuchte dem Täter zu erklären, dass diese Geldkassette leer sei. Die Tageseinnahmen befänden sich nicht im Haus der Eheleute. Die Klägerin bot dem Täter ihr eigenes Portemonnaie an, worauf der Täter jedoch nicht reagierte. Sodann führte der Täter die Eheleute in das Büro des Hauses, welches sich ebenfalls im Erdgeschoss in der Nähe der Küche befindet. Er schloss die Eheleute in dem Büro ein, nachdem er die Telefonkabel durchtrennt hatte. Der Täter entwendete die rote Geldtasche mit dem Wechselgeld sowie die leere Geldkassette. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Aurich verblieben bis heute erfolglos, ein Täter konnte nicht ermittelt werden.
Die Eheleute wandten sich zunächst an die I., die unter dem 14.04.2009 ein...