Entscheidungsstichwort (Thema)

Indizien für ein unwirtschaftliches Heizverhalten

 

Orientierungssatz

1. Zu den tatsächlichen Aufwendungen für die Heizung i. S. des § 22 Abs. 1 SGB 2 gehören in Mietwohnungen bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung die gegenüber dem Vermieter geschuldeten Heizkostenvorauszahlungen. Soweit sich in Folgezeiträumen Betriebskostenrückzahlungen ergeben, mindern diese nicht die Aufwendungen in den vorausgegangenen Zeiträumen.

2. Kommt es nach Abrechnung der tatsächlich verbrauchten Wärme zu einem Nachzahlungsverlangen des Vermieters, so gehören solche einmalig geschuldeten Zahlungen zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat.

3. Indizien für ein unwirtschaftliches Heizverhalten bestehen dann, wenn die Werte des bundesdeutschen Heizspiegels deutlich überschritten werden. Ebenso dann, wenn die geltend gemachten Heizkosten deutlich über den Durchschnittskosten der gesamten Wohnanlage liegen.

4. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sind die durchschnittlichen Heizkosten der Wohnanlage anzusetzen. Die Frage nach der Übernahme höherer Heizkosten bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Der 1986 geborene Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin die Übernahme einer Heiz- und Betriebskostennachzahlung. Er erhält von der Antragsgegnerin laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II).

Zusammen mit seiner Mutter, die ergänzende Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) bezieht, bewohnt der Antragsteller eine 75 qm große Mietwohnung in der FT.-Straße in A-Stadt.

Mit Schreiben vom 16.01.2009 übersandte die ... Vermögens- und Immobilienverwaltung GmbH die Jahresabrechnung für die Heiz- und Betriebskosten für den Zeitraum 01.11.2007 bis 31.10.2008 (Bl. 81 ff. der Behelfsakte). Die Abrechnung schloss mit einem Fehlbetrag in Höhe von 559,96 Euro ab. Die Heizkosten beliefen sich im Abrechnungszeitraum auf insgesamt 1.697,25 Euro (Abrechnung der Firma ..., vgl. Bl. 83). Die sonstigen Betriebskosten beliefen sich auf insgesamt 800,59 Euro. Aufgrund der Nachforderung wurde die Vorauszahlung für die Heiz- und Betriebskosten ab 01.01.2009 von 161,49 Euro auf 208,00 Euro erhöht. Die Grundmiete blieb unverändert bei 457,61 Euro.

Mit Schreiben vom 24.02.2009 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin (Außenstelle Lindenstraße) die Übernahme der Nachforderung sowie die Berücksichtigung der höheren Vorauszahlungen.

Ausweislich eines handschriftlichen Vermerks wohl der zuständigen Sachbearbeiterin der Antragsgegnerin auf der Jahresabrechnung (Bl. 82) seien an Betriebskosten im Abrechnungszeitraum bereits 963,48 Euro, also 162,89 Euro zu viel (800,59 Euro abzüglich 963,48 Euro), gezahlt worden. An Heizkosten seien 924,00 Euro gezahlt worden (77,00 Euro mal 12 Monate); beides wohl zusammen mit den Leistungen des Sozialhilfeträgers an die Mutter des Antragstellers.

Mit Bescheid vom 11.03.2009 lehnte die Antragsgegnerin die Übernahme der Nachzahlung in Höhe von 559,96 Euro ab. Weitere Heizkosten könnten nicht übernommen werden. Mit monatlich 77,00 Euro seien bereits höhere als die angemessenen Heizkosten anerkannt worden.

Hiergegen legte der Antragsteller am 08.04.2009 Widerspruch ein (Bl. 116). Von der Nachforderung habe er die Hälfte, also 279,98 Euro, zu tragen. Die Kosten seien auch angemessen.

Mit Schreiben vom 14.08.2009 forderte die inzwischen anwaltlich vertretene Vermieterin die Mutter des Antragstellers erneut auf, die Nachforderung zuzüglich einer ausgebliebenen Mietzahlung zu begleichen. Danach würden gerichtliche Schritte in die Wege geleitet.

Am 02.10.2009 hat der Antragsteller den vorliegenden Eilantrag gestellt. Die Antragsgegnerin sei verpflichtet, die Unterkunftskosten in voller Höhe zu tragen. Unter Verweis auf eine amtsärztlich-psychiatrische Stellungnahme des Gesundheitsamts A-Stadt vom 15.06.2009 legt er dar, dass die Antragsgegnerin - wie auch schon in der Vergangenheit - einen erhöhten Unterkunfts- und Heizbedarf anzuerkennen habe. Aufgrund seiner psychischen Erkrankung sei ihm insbesondere ein Umzug in eine kleinere Wohnung nicht zuzumuten.

Er beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm die Übernahme der hälftigen Heiz- und Betriebskostennachzahlung in Höhe von 279,98 Euro zu bewilligen.

Die Antragsgegnerin hat ihren ablehnenden Bescheid vom 11.03.2009 durch Änderungsbescheid vom 12.10.2009 teilweise aufgehoben und die Nachforderung in Höhe von 133,36 Euro übernommen. Die angemessenen Heizkosten beliefen sich für zwei Personen auf insgesamt 1.353,60 Euro (1,88 Euro/qm tatsächlicher Verbrauch x 60 qm angemessene Wohnfläche). 924,00 Euro seien bereits geleistet worden. Danach ergebe sich eine Differenz von 429,60 Euro für zwei Personen. Davon seien die überzahlten Betriebskosten in...

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