Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Nichtberücksichtigung des geltend gemachten Unterkunftsbedarfs mangels wirksamer Zahlungsverpflichtung bzw Mietforderung. mündlicher Miet- bzw Untermietvertrag zwischen Familienangehörigen. keine Einigung über wesentliche Vertragsinhalte
Orientierungssatz
1. Ein geltend gemachter Unterkunftsbedarf im Sinne von § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 kann nur berücksichtigt werden, wenn eine wirksame Zahlungsverpflichtung besteht bzw der Leistungsberechtigte einer wirksamen, nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Ob ein Mietverhältnis zwischen Familienangehörigen vorliegt, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei allein die tatsächliche Nutzung der Mietsache kein Mietverhältnis begründet. Ein Mietvertrag oder Untermietvertrag kommt nur zustande, wenn sich die Parteien zumindest über den wesentlichen Vertragsinhalt geeinigt haben. Diesbezüglich kommt es auf die Glaubwürdigkeit der vorgetragenen und auf feststellbare Indizien an, aus denen sich die richterliche Überzeugung speist.
2. Von einer entsprechenden Einigung über wesentliche Inhalte eines mündlichen Miet- bzw Untermietvertrages kann nicht ausgegangen werden, wenn die Leistungsberechtigten weder angeben können, wann sie einer Zahlungsvereinbarung getroffen haben, noch in welcher Höhe diese bestehen soll.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Leistungsgewährung in Bezug auf die Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum Juni bis November 2016.
Die Klägerinnen beziehen von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Zum 01.04.2016 zogen die Klägerinnen zusammen mit der Mutter der Klägerin zu 1) und deren Sohn (dem Zeugen A.) in eine gemeinsame Wohnung ein. Die Klägerin zu 2) ist die Tochter der Klägerin zu 1) und die Schwester des Zeugen A. Der Zeuge A. ist auf Mieterseite alleinige Vertragspartei des Mietvertrages. Er zahlt die gesamte Bruttomiete in Höhe von rund 1150 € an den Vermieter. Im Mietvertrag haben die Vertragsparteien festgehalten, dass 4 Personen in die Wohnung einziehen. Die Klägerin zu 2) bewohnt ein eigenes Zimmer. Die Klägerin zu 1) schläft, nach eigenen Angaben, im Wohnzimmer.
Unter dem 20.05.2016 unterschrieben die Klägerin zu 1) und der Zeuge A. eine Mietbescheinigung zur Vorlage bei der Behörde. Darin war die Klägerin zu 1) als Untermieterin und der Zeuge A. als Mieter angegeben.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 30.05.2016 bewilligte die Beklagte den Klägerinnen vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, ohne Berücksichtigung von Leistungen für die Unterkunft und Heizung.
Hiergegen legten die Klägerinnen am 09.06.2016 Widerspruch ein. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass sie zur Untermiete bei dem Zeugen A. wohnen. Dieser verlange eine Untermiete in Höhe von rund 575 €. Diese Kosten seien von der Beklagten zu übernehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2016 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerinnen zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der vorgelegte Hauptmietvertrag des Zeugen A. nicht ausreichend sei, um von einem ordentlichen Mietverhältnis ausgehen zu können, da darin keinerlei Angaben zum Vermieter aufgezeigt seien. Es sei auch nicht klar, ab wann wie viele Personen in der Wohnung wohnten. Auch aus der Mietbescheinigung könne sich die Höhe des von den Klägerinnen zu entrichtenden Mietzinses nicht entnehmen lassen. Die Mietbescheinigung entbehre jeder Grundlage für die Feststellung eines Bedarfs, da der Zeuge A. als Vermieter genannt sei, aber zugleich angekreuzt sei, dass kein Verwandtschaftsverhältnis bestehe. Ein Ermessensfehlgebrauch liege nicht vor, da sie einen Bedarf der Klägerinnen erkannt habe, aber die Höhe des anfallenden Mietzinses nicht glaubhaft dargelegt sei und anhand der vorgelegten Unterlagen auch nicht geschätzt werden könne.
Die Klägerinnen haben am 11.08.2016 Klage erhoben. Zur Begründung führen sie im Wesentlichen aus, dass im Rahmen der Leistungsgewährung auch die anteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen seien. Dies ergäbe sich aus dem eingereichten Hauptmietvertrag. Die Bekanntgabe der Anschrift des Vermieters verbiete sich aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten.
Die Klägerinnen beantragen sinngemäß,
den Bescheid vom 30.05.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie zusätzlich Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 574,76 € zu erbringen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, dass aus den vorgelegten Unterlagen keine Verpflichtung zur Mietzahlung bzw. keine konkrete Höhe festzustellen sei.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Bekl...