Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitssuchende: Kosten der Unterkunft und Heizung. Anforderungen an ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten im Landkreis Wittenberg
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013 verpflichtet, den Bescheid vom 19. September 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24. November 2012 und 4. April 2013 teilweise zurückzunehmen und den Klägern weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. Dezember 2012 in Höhe von 79,51 Euro und für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. März 2013 in Höhe von 78,20 Euro monatlich zu gewähren.
Der Beklagte trägt die Kosten der Kläger zur Hälfte.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren im Wege des Zugunstenverfahrens die Gewährung höherer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - im Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. März.
Der am ...1961 geborene Kläger zu 1) sowie die am ...1961 geborene Klägerin zu 2) standen im laufenden Leistungsbezug bei dem Beklagten. Sie bewohnen seit ...1995 gemeinsam eine 77,8 m² große Dreizimmer-Wohnung in dem zur Stadt Bad Schmiedeberg gehörendem Ortsteil M. im Landkreis Wittenberg. Die Wohnung wird mit Öl beheizt und befindet sich in einem 507,73 m² großen Wohnhaus. Die Warmwassererhitzung erfolgt zentral durch die Heizungsanlage. Die zu entrichtende Grundmiete einschließlich Nebenkosten betrug 484,50 Euro (Grundmiete: 418,00 Euro, Nebenkosten: 66,50 Euro). Heizkosten fielen in Höhe von 71,60 Euro an.
Der Beklagte teilte den Klägern in dem Bescheid vom 14. September 2011 mit, dass die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach der Handlungsempfehlung des Beklagten unangemessen hoch seien. Er forderte diese auf, die derzeitigen Kosten der Unterkunft unverzüglich, spätestens jedoch bis 31. März 2012 auf ein angemessenes Maß zu senken. Für einen Zwei-Personen-Haushalt seien lediglich 309,00 Euro (Grundmiete und Nebenkosten) als angemessen anzusehen. Die Angemessenheit der Heizkosten ergebe sich aus dem im aktuellen bundesdeutschen Heizspiegel angegebenen Wert für einen Zwei-Personen-Haushalt mit einer angemessenen Wohnfläche von 60 m².
Der Kläger zu 1) übte eine Erwerbstätigkeit bei der Firma S. in ... aus, für die er monatlich im Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis 31. Januar 2013 gleichbleibend ein Bruttoentgelt von 477,69 Euro (netto: 368,69 Euro), ab Februar 2013 bei weiter gleichbleibenden Bruttoentgelt von 477,69 Euro ein Nettoentgelt von 377,49 Euro erhielt. Die Klägerin zu 2) erhielt bis 2. Januar 2013 Krankengeld in Höhe von 12,94 Euro kalendertäglich. Mit Bescheid vom 6. Februar 2013 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit der Klägerin zu 2) ab 3. Januar 2013 Arbeitslosengeld in Höhe von 9,94 Euro täglich.
Am 10. September 2012 beantragten die Kläger die Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab Oktober 2012 bei dem Beklagten. Mit Bescheid vom 19. September 2012 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 501,94 Euro monatlich für den Zeitraum von 1. Oktober 2012 bis 31. März 2013. Hierbei rechnete der Beklagte Krankengeld der Klägerin zu 2) in Höhe von 368,69 Euro sowie Einkommen des Klägers zu 1) in Höhe von 370,00 Euro netto an. Die berücksichtigten Kosten der Unterkunft und Heizung betrugen 380,60 Euro.
Mit Änderungsbescheid vom 24. November 2012 bewilligte der Beklagte den Klägern aufgrund der Erhöhung der Regelbedarfe Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. März 2013 in Höhe von 517,94 Euro.
Die Kläger legten unter dem 29. November 2012 Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. September 2012 ein und baten für den Fall der verspäteten Erhebung des Widerspruchs um Überprüfung des Bescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Zur Begründung des Widerspruchs führten die Kläger aus, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung nicht vollständig berücksichtigt worden seien. Die in der Verwaltungsvorschrift des Landkreises Wittenberg zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites und Zwölftes Buch vom 15. März 2011 festgelegten Beträge seien zur Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten nicht geeignet. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2013 wies der Beklagte den Widerspruch wegen Fristversäumnisses als unzulässig zurück und führte aus, dass das Vorbringen als Antrag auf Überprüfung nach § 44 SGB X gewertet werde und hierüber ein gesonderter rechtsmittelfähiger Bescheid ergehe.
Der Beklagte erließ am 4. April 2013 einen Änderungsbescheid mit dem er den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. Januar 2013 in Höhe ...