Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitssuchende: Kosten der Unterkunft und Heizung. Anforderungen an ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten im Landkreis Wittenberg
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013 verpflichtet, den Änderungsbescheid vom 7. Mai 2012 in der Fassung der Änderungsbescheides vom 19. Juni 2012 und des Erstattungs- und Festsetzungsbescheides vom 19. Juni 2012 teilweise zurückzunehmen und den Klägern weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis 30. September 2012 in Höhe von 79,51 Euro zu gewähren sowie die Rückforderung für den Monat Juni 2012 in Höhe von 1,20 Euro zurückzunehmen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Kläger zur Hälfte.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren im Wege des Zugunstenverfahrens die Gewährung höherer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - im Zeitraum vom 01. Juni 2012 bis 30. September 2012.
Der am ... 1961 geborene Kläger zu 1) sowie die am ... 1961 geborene Klägerin zu 2) standen im laufenden Leistungsbezug bei dem Beklagten. Sie bewohnen seit ... 1995 gemeinsam eine 77,8 m² große Dreizimmer-Wohnung in der Stadt S im Landkreis Wittenberg. Die Wohnung wird mit Öl beheizt und befindet sich in einem 507,73 m² großen Wohnhaus. Die Warmwassererhitzung erfolgt zentral durch die Heizungsanlage. Die zu entrichtende Grundmiete einschließlich Nebenkosten betrug 484,50 Euro (Grundmiete: 418,00 Euro, Nebenkosten: 66,50 Euro). Heizkosten fielen in Höhe von 71,60 Euro an.
Der Beklagte teilte den Klägern in dem Bescheid vom 14. September 2011 mit, dass die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach der Handlungsempfehlung des Beklagten unangemessen hoch seien. Er forderte diese auf, die derzeitigen Kosten der Unterkunft unverzüglich, spätestens jedoch bis 31. März 2012 auf ein angemessenes Maß zu senken. Für einen Zwei-Personen-Haushalt seien lediglich 309,00 Euro (Grundmiete und Nebenkosten) als angemessen anzusehen. Die Angemessenheit der Heizkosten ergebe sich aus dem im aktuellen bundesdeutschen Heizspiegel angegebenen Wert für einen Zwei-Personen-Haushalt mit einer angemessenen Wohnfläche von 60 m².
Der Kläger zu 1) übte eine Erwerbstätigkeit bei der Firma S. in W. aus, für die er monatlich gleichbleibend ein Bruttoentgelt von 477,69 Euro (Netto: 368,69 Euro) erhielt. Die Klägerin zu 2) erhielt im streitgegenständlichen Zeitraum Krankengeld in Höhe von 12,94 Euro kalendertäglich.
Am 6. März 2012 beantragte die Klägerin zu 2) für die Bedarfsgemeinschaft die Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab April 2012 bei dem Beklagten. Mit Bescheid vom 2. April 2012 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft vorläufig Leistungen unter anderen für die Monate Juni 2012 bis September 2012 in Höhe von 553,70 Euro. Hierbei rechnete der Beklagte zunächst bei der Klägerin zu 2) Krankengeld in Höhe von 336,44 Euro monatlich sowie ein fiktives Einkommen des Klägers zu 1) von 370,00 Euro netto an. Die berücksichtigten Kosten der Unterkunft und Heizung betrugen 380,60 Euro.
Mit Änderungsbescheid vom 7. Mai 2012 berücksichtigte der Beklagte den Krankengeldbezug der Klägerin zu 2) in Höhe von kalendertäglich 12,92 Euro (387,60 Euro) abzüglich der Versicherungspauschale von 30,00 Euro und bewilligte der Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 502,54 Euro.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 7. Juni 2012 berücksichtigte der Beklagte Krankengeld der Klägerin zu 2) in Höhe von kalendertäglich 12,94 Euro (388,20 Euro) und gewährte für den Zeitraum vom 1. Juli 2012 - 30. September 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 501,94 Euro. Für den Monat Juni 2012 gewährte der Beklagte den Klägern mit Änderungsbescheid vom 19. September 2012 ebenfalls Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 501,94. Mit den Erstattungsbescheiden bei endgültiger Festsetzung vom selben Tag forderte der Beklagte für den Monat Juni 2012 von den Klägern Leistungen in Höhe von jeweils 0,60 Euro zurück.
Die Kläger legten unter dem 15. November 2012 Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 7. Mai 2012 zum Bewilligungszeitraum Juni bis September 2012 ein und baten für den Fall der verspäteten Erhebung des Widerspruchs um Überprüfung des Bescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Zur Begründung des Widerspruchs führten die Kläger aus, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung nicht vollständig berücksichtigt worden seien. Die in der Verwaltungsvorschrift des Landkreises Wittenberg zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites und Zwölftes Buch vom 15. März 2011 festgelegten Beträge seien zur Bestimmung der Ange...