Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. fiktive Terminsgebühr bei Annahme eines Teilanerkenntnisses und Erledigungserklärung im Übrigen

 

Orientierungssatz

1. Für den Anfall der fiktiven Terminsgebühr nach Nr 3106 S 2 Nr 3 RVG-VV ist es unschädlich, wenn es sich bei dem Anerkenntnis nur um ein Teilanerkenntnis handelt und der Rechtsanwalt den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt erklärt.

2. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass bei Beendigung durch einen schriftlichen Vergleich keine Terminsgebühr nach Nr 3106 RVG-VV anfällt.

 

Tenor

Auf die Erinnerung der Erinnerungsführerin wird die Festsetzung vom 17.07.2013 geändert und die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf insgesamt 559,30 EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der Festsetzung von aus der Staatskasse zu zahlender Vergütung im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe, insbesondere die Festsetzung der Terminsgebühr.

Dem Ausgangsverfahren lag eine Klage auf Gewährung von höherem Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) zugrunde. Der Klägerin des Ausgangsverfahrens war mit Bescheid vom 31.10.2012 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 06.11.2012 Arbeitslosengeld ab dem 11.10.2012 in Höhe von 14,25 EUR täglich, ausgehend von einer Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt von 20 Stunden, bewilligt worden. Gegen die Bewilligungsentscheidung wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch. Im Rahmen des Widerspruches gab die Klägerin an, dass sie sich wöchentlich für 32 Stunden dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellt. Nach Zurückweisung des Widerspruches (Widerspruchsbescheid vom 05.12.2012) erhob die Klägerin Klage (Az.: S 18 AL 7/13). Mit der Klage begehrte die Klägerin ein höheres Arbeitslosengeld ab dem 11.10.2012. Mit Änderungsbescheid vom 30.01.2013 änderte die Beklagte die Bewilligungsentscheidung für die Zeit ab dem 13.11.2012 ab und gewährte nunmehr ein höheres Arbeitslosengeld von 22,02 EUR täglich. Die Beklagte trat im Klageverfahren dem geltend gemachten weiteren Anspruch für die Zeit vom 11.10. bis 12.11.2012 entgegen. Im Rahmen des Klageverfahrens wurde der Klägerin mit Beschluss vom 28.03.2013 Prozesskostenhilfe gewährt und die Erinnerungsführerin beigeordnet. Am 09.04.2013 erklärte die Klägerin den Rechtsstreit im Hinblick auf die Neuberechnung insgesamt für erledigt

Die Erinnerungsführerin beantragte mit Schreiben vom 16.07.2013 die Kostenfestsetzung für Prozesskostenhilfe in Höhe von 559,30 EUR. Im Einzelnen: - Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 250,00 EUR - Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR - Post- und Telekommunikationsentgeltpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR - 19 % Umsatzsteuer von 470,00 EUR (= 89,30 EUR).

Am 17.07.2013 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen in Höhe von 321,30 EUR fest. Er berücksichtigte die Verfahrensgebühr in Höhe von 250,00 EUR sowie die Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG von 20,00 EUR. Die Terminsgebühr berücksichtigte er nicht. Die Absetzungen begründete er damit, dass ein Termin nicht stattgefunden habe. Die Abgabe einer einfachen Erledigungserklärung reiche für eine fiktive Terminsgebühr nicht aus.

Gegen die Festsetzung hat die Erinnerungsführerin am 31.07.2013 Erinnerung eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass die Terminsgebühr zu Unrecht abgesetzt wurde. Die Beklagte habe einen höheren Anspruch auf Arbeitslosengeld anerkannt. Hierauf sei das Verfahren für erledigt erklärt worden. Die löse die Terminsgebühr gem. Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG aus.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Beschluss vom 01.08.2013).

Der Erinnerungsgegner ist der Ansicht, dass die Erinnerung unbegründet sei.

II.

Die nach § 56 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) statthafte Erinnerung hat Erfolg.

Die von der Staatskasse gemäß § 55 RVG zu erstattenden Gebühren und Auslagen sind auf 559,30 EUR festzusetzen.

Für die Tätigkeit im Rahmen der Prozesskostenhilfe hat die Erinnerungsführerin einen Anspruch gegen die Staatskasse auf Zahlung einer Verfahrensgebühr (Nr. 3102 VV RVG) in Höhe von 250,00 EUR und der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG von 20,00 EUR, wie sie bereits im Rahmen der Kostenfestsetzung berücksichtigt wurden.

Weiterhin hat die Erinnerungsführerin einen Anspruch auf die Berücksichtigung einer fiktiven Terminsgebühr gem. Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG. Nach Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG entsteht eine Terminsgebühr auch, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet.

Das Klageverfahren S 18 AL 7/13 endete nach einem angenommenen Teilanerkenntnis ohne mündliche Verhandlung. Die Bewilligungsentscheidung der Beklagten vom 30.01.2013, mit der ein höheres Arbeitslosengeld für einen Teil des von der Klägerin begehrten Zeitraumes bewilligt wurde, stellt ein Teilanerkenntnis im Sinn von § 102 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dar. Ein Anerkenntnis ist das im Wege einseitiger Erklä...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?