Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Grundleistung. Anspruchseinschränkung. Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs 2 Nr 4 AsylVfG 1992. Verpflichtung zur Vorlage des Passes oder Passersatzes bei der Ausländerbehörde. Verschulden der Nichtvorlage
Orientierungssatz
1. Allein der Nichtbesitz von Ausweispapieren rechtfertigt keine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs 5 S 1 Nr 1 AsylbLG aF.
2. Bei dem Verlust von Ausweispapieren ist genau zu überprüfen, aus welchen Gründen der Verlust erfolgte, insbesondere ob der Leistungsberechtigte den Verlust alleine zu verantworten hat (hier verneint bei der Einbehaltung der Ausweispapiere durch Schlepper).
Tenor
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet vorläufig - unter dem Vorbehalt einer abweichenden Entscheidung in der Hauptsache - der Antragstellerin Leistungen gemäß § 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) in gesetzlicher Höhe unter Anrechnung der bereits gewährten Leistungen gemäß § 1a AsylbLG für die Zeit vom 20.03.2019 bis zum 30.06.2019, für den Fall, das die örtliche Zuständigkeit der Antragsgegnerin zuvor endet, lediglich bis zum letzten Tag ihrer Zuständigkeit, zu gewähren. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens in voller Höhe.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung sogenannter Grundleistungen gemäß § 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) anstatt der der Antragstellerin gewährten gekürzten Leistungen gemäß § 1 a Abs. 5 Nr. 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) streitig.
Die Antragstellerin ist pakistanische Staatsangehörige und reiste eigenen Angaben die Bundesrepublik Deutschland ein. In der Folgezeit beantragte sie die Gewährung von Asyl bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, welches die Asylanträge mit Bescheid vom 26.03.2019 als unzulässig ablehnte. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen würden und es wurde zugleich die Abschiebung nach Spanien angeordnet. Auf die weiteren Ausführungen in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26.03.2019 wird Bezug genommen. Ob gegen diesen Bescheid weiter vorgegangen wurde, beispielsweise ein verwaltungsgerichtliches Klageverfahren oder einstweiliges Rechtsschutzverfahren erhoben wurde, ist hier nicht bekannt. In der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides wurde allerdings auch darauf hingewiesen, dass die Klage gegen die Abschiebungsandrohung keine aufschiebende Wirkung hat.
Mit Bescheid vom 25.02.2019 nahm die Antragsgegnerin eine Kürzung der der Antragstellerin gewährten Leistungen gemäß § 1 a Abs. 5 Nr. 1 AsylbLG vor. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Antragstellerin sei ihrer Verpflichtung gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4 des Asylgesetzes (AsylG) nicht nachgekommen, indem sie keine Passpapiere vorgelegt habe. Sie habe den mit der Ausführung des Asylgesetzes betrauten Behörden weder ihren Pass noch Passersatzpapiere vorgelegt, obwohl sie per Visum nach Deutschland eingereist sei und zu diesem Zweck bei Einreise in die Bundesrepublik Deutschland einen Pass hätte mitgeführt haben müssen. Leistungsberechtigte gemäß § 1 AsylbLG würden lediglich reduzierte Leistungen entsprechend § 1 a Abs. 2 Satz 2- 4 erhalten, wenn sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 2 Nr. 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen würden, es sei denn, sie hätten die Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht zu vertreten oder ihnen sei die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich gewesen. Gemäß § 1 a Abs. 2 Satz 2- 4 AsylbLG erhalte die Antragstellerin daher nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen würden, könnten ihre auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen würden vorrangig als Sachleistungen erbracht. Es lägen keine besonderen Umstände im Einzelfall vor. Die Antragstellerin habe nicht glaubhaft vermittelt, dass sie die Passpapiere nicht vorlegen könne. Sie erhalte daher seit dem 26.02.2019 nur noch reduzierte Leistungen in der ZUE. Sie erhalte weiterhin Unterkunft, Verpflegung sowie reduzierte Taschengeldleistungen für Körper- und Gesundheitspflege. Ihr monatlicher Anspruch auf Geldleistungen sei auf 25,00 EUR reduziert. Die Anspruchseinschränkung sei gemäß § 14 Abs. 1 AsylbLG zunächst auf drei Monate befristet. Die Anspruchseinschränkung ende, sobald die Antragstellerin die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht und dazu einer mit der Durchführung des Asylgesetzes betrauten Behörde ihre Passpapiere vorgelegt habe.
Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom 01.03.2019, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 04.03.2019, Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, ihre Familie und sie seien mit einem Schengen-Visum für Spanien eingereist. Sie hätten ihre Pässe nach der Einreise nicht erhalten, sonde...