Entscheidungsstichwort (Thema)
Einschränkung der Leistungen nach dem AsylbLG bei Verletzung der Mitwirkungspflicht
Orientierungssatz
1. Nach § 3 Abs 1 S 5 AsylbLG werden nach dem AsylbLG Leistungsberechtigten bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt.
2. Diese erhalten allerdings nur Leistungen entsprechend Abs. 2 S. 2 bis 4, wenn sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 2 AsylbLG nicht nachkommen. Hierzu zählen u. a. die Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit. Anderenfalls sind sie nach § 1a Abs. 5 AsylbLG hiervon ausgeschlossen.
3. Hat der Asylbewerber bei der Einreise vorsätzlich seinen Pass vernichtet und ist er infolgedessen seiner Mitwirkungspflicht zur Passvorlage nach § 15 Abs. 2 Nr. 4 AsylbLG nicht nachgekommen, so hat er keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen die Einschränkung der Leistungen nach dem AsylbLG gemäß § 1a Abs. 5 AsylbLG.
Die am 00.00.1972 geborene Klägerin zu 1) ist die Mutter der am 00.00.2006 geborenen Klägerin zu 2) und die Schwester des am 00.00.1984 geborenen Klägers zu 3). Die Kläger sind iranische Staatsbürger und reisten am 05.12.2017 in die BRD ein. Einen Asylantrag stellten sie ebenfalls am 05.12.2017. Reisepässe legten sie nicht vor. Mit Bescheid vom 09.02.2018 versagte die Beklagte die Gewährung von Leistungen nach § 3 Abs. 1 S. 5 AsylbLG ab dem 20.12.2017 gemäß § 1a Abs. 5 AsylbLG. Die Kläger seien ihren Mitwirkungspflichten aus § 15 Abs. 2 Nr. 4 AsylG nicht nachgekommen, da sie ihren Pass oder Passersatz den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden nicht vorgelegt, ausgehändigt oder überlassen hätten. Hiergegen legten die Kläger am 20.02.2018 Widerspruch ein. Die Reisepässe könnten nicht vorgelegt werden, da diese vernichtet worden seien. Der Schlepper habe sie angewiesen, die Reisepässe nach der Ankunft am Flughafen in Deutschland zu zerstören und die Toilette herunter zu spülen. Ursprünglich habe der Schlepper ihnen neue Reisepässe für die Weiterreise nach Großbritannien geben wollen. Nach fünf Tagen habe er aber mitgeteilt, dass die Weiterreise wegen der strengen Kontrollen zurzeit nicht möglich sei. Zu diesem Zeitpunkt seien die Pässe jedoch bereits vernichtet gewesen. Geburtsurkunden und Personalausweise hätten sie abgegeben, sodass alle Unterlagen für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit vorlägen. Seit der Einreise nach Deutschland seien sie zuverlässig und hielten sich an die Regeln. Der Kläger zu 3) habe eine geistige Behinderung und werde vom BAMF als nicht verfahrensfähig eingestuft. Die Klägerin zu 1) habe Probleme mit der Schilddrüse und benötige Selen, welches sie nicht kaufen könne, da sie kein Taschengeld bekomme.
Am 20.02.2018 haben die Kläger Klage gegen den Bescheid vom 09.02.2018 erhoben. Zur Begründung wiederholen sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Am 19.03.2018 wurden die Kläger in die ZUE S verlegt. Am 24.04.2018 erfolgte die Zuweisung der Kläger nach I.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2018 hob die Beklagte den Bescheid vom 09.02.2018 betreffend den Kläger zu 3) auf und stellte fest, dass für diesen ab dem 27.12.2017 ein Anspruch auf Taschengeldzahlung bestünde. Im Übrigen wies sie den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin zu 1) habe keinen Leistungsanspruch, da sie ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei. Es sei auch kein wichtiger Grund ersichtlich, der einer Anspruchseinschränkung entgegenstünde. Soweit die Klägerin auf einen medizinischen Bedarf verweise, könne dieser nicht als wichtiger Grund gelten. Die Gesundheitsversorgung werde nach §§ 4 und 6 AsylbLG sichergestellt. Das sog. Taschengeld sichere nur das soziokulturelle Existenzminimum für Bedarfe wie Verkehr, Nachrichtenübermittlung, Freizeit, Unterhaltung, Kultur, Bildung sowie Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen. Das Verhalten der Klägerin zu 1) sei der Klägerin zu 2) gemäß § 1629 Abs. 1 i. V. m. § 1626 Abs. 1 BGB zuzurechnen.
Mit Schriftsatz vom 03.12.2018 nahm der Kläger zu 3) die Klage zurück. Die Kläger zu 1) und 2) verfolgen ihr Begehren weiter. Die Klage sei insbesondere zulässig.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom 09.02.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2018 aufzuheben und den Klägern Leistungen zur Deckung aller notwendigen persönlichen Bedarfe als Geldbetrag nach dem AsylbLG zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus: Da gegen den Widerspruchsbescheid keine Klage erhoben worden sei, sei die Klage unzulässig. Im Übrigen verweist sie auf den Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug gen...