Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragsrecht. Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen nach Betriebsprüfung. Abgrenzung des Beschäftigungsverhältnisses von selbständiger Arbeit. bulgarische Staatsangehörige ohne Arbeitserlaubnis

 

Orientierungssatz

1. Wesentliches Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses ist die persönliche Abhängigkeit. Sie äußert sich vornehmlich in der Eingliederung in einen Betrieb, womit regelmäßig die Weisungsbefugnis des Arbeitsgebers über Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung verbunden ist. Bedeutsame Abgrenzungsmerkmale zur selbständigen Tätigkeit sind auch das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte und eines eigenen Unternehmerrisikos.

2. Maßgebliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist.

3. Bulgarische Subunternehmer, die keine Arbeitserlaubnis in Deutschland erlangen konnten, mangelnde Sprachkenntnisse aufweisen, keinen Betriebssitz haben und kein Kapital einsetzen, verrichten keine selbständige Tätigkeit.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Streitwert wird auf 57.125,22 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen, Beiträgen zur Umlage der Arbeitgeber und Säumniszuschlägen in einem Prüfzeitraum vom 01.10.2010 bis 31.10.2012 in Höhe von 57.125,22 EUR.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen zur Dämmung gegen Kälte, Wärme, Schall- und Erschütterung, ein Eisenbiegeunternehmen und beschäftigt in diesem Zusammenhang Arbeitnehmer. Das Material dazu wird von den Auftraggebern gestellt, Aufgabe der Klägerin ist die Verarbeitung des zur Verfügung gestellten Materials.

Die Beklagte führte in der Zeit vom 15.01.2013 bis 11.10.2013 anhand der vom Hauptzollamt Bielefeld - Standort Paderborn (Bereich Finanzkontrolle Schwarzarbeit) - überlassenen Unterlagen eine Prüfung des Betriebes der Klägerin nach § 28 p

Sozialgesetzbuch (SGB) IV i.V.m. §§ 2, 6 Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) i. V. m. § 304 SGB III i. V. m. § 31 a der Abgabenordnung (AO) durch. In diesem Zusammenhang vernahm das Hauptzollamt Bielefeld unter anderem die Beigeladenen zu 2) und zu 4). Bezüglich ihrer Aussagen wird auf Blatt 140 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. Nach erfolgter Anhörung mit Schreiben vom 19.08.2013 erließ die Beklagte den Bescheid vom 14.10.2013, mit dem sie eine Nachforderung in Höhe von 57.125,22 EUR für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 31.12.2012 hinsichtlich der Nichtabführung von Beiträgen bezüglich der Beigeladenen zu 2) bis 4) geltend machte. Die Beklagte war der Auffassung, dass es sich bei diesen Personen nicht um Subunternehmer, sondern um abhängig beschäftigte Arbeitnehmer gehandelt habe und Versicherungspflicht zu allen Versicherungszweigen bestanden habe. In der Gesamtforderung waren Säumniszuschläge in Höhe von 8.845,50 EUR enthalten.

Mit Schreiben vom 18.11.2013 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den genannten Bescheid, wobei eine Begründung nicht abgegeben wurde. Mit Schreiben vom 20.12.2013 wurde nachträglich eine Aussetzung der Vollziehung beantragt. Der Aussetzungsantrag wurde mit Schreiben vom 13.03.2014 abgelehnt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Da der Widerspruch nicht begründet worden sei, habe eine Überprüfung nur nach Aktenlage erfolgen können; diese habe ergeben, dass die Klägerin durch den angefochtenen Bescheid nicht rechtswidrig beschwert sei.

Die Klägerin hat am 17.11.2014 Klage beim Sozialgericht Detmold erhoben. Sie ist der Auffassung, die Beigeladenen zu 2) bis 4) seien in den streitigen Zeiten als Subunternehmer tätig gewesen, ebenso Herr E W. Auf der Baustelle seien diese Mitarbeiter nicht in den Arbeitsbereich der Klägerin integriert worden, sondern hätten von auf der Baustelle anwesenden Architekten bzw. Bauleitern eigenständige Teilbereiche zur Ausführung erhalten. Sie seien auch nicht nur in Deutschland, sondern auch in Bulgarien oder Rumänien tätig gewesen. Die drei hätten auch über eigene Betriebsräume verfügt und eigene Arbeitsmittel eingesetzt, nämlich einen Pkw und ihre eigenen Biegezangen, die für die das Arbeiten auf der Baustelle erforderlich waren. Die drei hätten auch über eigene Briefköpfe verfügt und ihre eigenen Rechnungen erstellt. Eine Einweisung in die Arbeit bzw. eine Überwachung der Arbeit sei nicht durch die Klägerin, sondern durch die jeweiligen Bauleiter bzw. Architekten erfolgt. Es habe keine regelmäßigen Anwesenheits- oder Arbeitszeiten gegeben, keine Kontrollrechte durch die Klägerin, kein Arbeitszeitkonto oder eine andere Arbeitszeiterfassung. Auch seien keine schriftlichen Verträge vorhanden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid der Beklagten vom 14.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Klage abzuweisen.

Die Be...

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