Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem für ein Steuerberatungsbüro tätigen Steuerfachwirt

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Hat ein für ein Steuerberatungsbüro tätiger Steuerfachwirt bei der Anfertigung von Steuererklärungen ein unternehmerisches Risiko nicht zu tragen, ist er in die Betriebsorganisation seines Auftraggebers eingebunden, ist er im Namen und auf Rechnung seines Auftraggebers tätig und ist eine feste wöchentliche Arbeitszeit vereinbart, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

3. Dem widerspricht nicht, wenn es ihm erlaubt ist, für weitere Auftraggeber tätig zu werden.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt eine Steuerberatungsgesellschaft. Der Beigeladene war vom 01.08.2007 bis zum 31.08.2010 als freier Mitarbeiter bei der Klägerin beschäftigt. Sein Aufgabengebiet umfasste die Anfertigung von Steuererklärungen, die Vorbereitung der Jahresabschlüsse und der Einnahmen-Überschussrechnung sowie Rentabilitätsberechnungen. Der Beigeladene erledigte seine Arbeiten in der Regel von seinen eigenen Büro aus an der I Straße 000b in 00000 H. Im Büro der Klägerin arbeitete der Beigeladene in der Regel nur etwa 2 bis 3 Stunden in der Woche. Der wöchentliche Arbeitsumfang umfasste etwa 10 bis 12 Stunden. Unterlagen für die Bearbeitung der Erklärungen nahm der Beigeladene mit und bearbeitete die Aufträge von seiner Geschäftsadresse aus.

Zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen wurde ein Teleauftragsvertrag nach dem die wöchentliche Arbeitszeit nach § 7 des Vertrages ohne Pausen maximal 30 Stunden betrage. Aus diesem Vertrag ergab sich auch aus § 4 der Umfang der Tätigkeit des Beigeladenen und aus § 5 der Arbeitsort. Nach § 6 Abs. 1 dieses Vertrages wurden die notwendigen Arbeitsmittel für den Telearbeitsplatz für die Zeit des Bestehens dieses Telearbeitsplatzes vom Auftraggeber kostenlos zur Verfügung gestellt und bleiben im Eigentum des Auftraggebers. Eine Inventarliste ist als Anlage dem Antrag beigefügt. Ferner trägt der Auftraggeber die Kosten zur Errichtung der notwendigen Leistungen.

Der Beigeladene gab der Beklagten eine detaillierte Beschreibung seiner Tätigkeit, wies auf vorherige Arbeitsverträge hin, gab eine Inventarliste ab, erläuterte den Unterschied zur vorherigen Tätigkeit, führte aus, dass er eigene Geschäftsräume unterhalte und kein eigenes Kapital einsetze usw.

Anfang des Jahres 2012 beantragte der Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status für seine Tätigkeit bei der Klägerin.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15.10.2012 stellte die Beklagte nach vorangegangener Anhörung fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen bei der Klägerin in der Zeit vom 01.08.2007 bis zum 31.08.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Mit Bescheid vom 15.10.2012 stellte die Beklagte auch gegenüber dem Beigeladenen fest, dass seine Tätigkeit bei der Klägerin im Zeitraum vom01.08.2007 bis zum 31.08.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei und der Versicherungspflicht unterliege.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch und wies darauf hin, dass die Gesamtwürdigung in der vorliegenden Sache eindeutig gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spräche. Der Beigeladene sei weder in die Arbeitsorganisation ihrer Kanzlei eingegliedert gewesen noch habe ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis bestanden, noch sei er hinsichtlich der Durchführung, Arbeitszeit, Dauer und Ort der Tätigkeit weisungsgebunden gewesen. Für eine selbständige Tätigkeit spräche außerdem, dass der Beigeladene eine betriebswirtschaftliche Ausbildung absolviert habe. Er sei als freier Mitarbeiter für die Aufgabengebiete Anfertigung von Ratinganalysen, betriebswirtschaftlichen Beratungen in Sachen Existenzgründungen, die Anfertigung von Steuererklärungen, die Vorbereitung der Jahresabschlüsse, die Durchführung von Rentabilitätsberechnungen, die Prüfung von Steuerbescheiden, die Vorbereitung von Einsprüchen, die Stellung von Anträgen auf Gewährung und Weitergewährung von Gründungszuschüssen, die Erstellung betriebswirtschaftlicher Analysen und die Bewertung von Unternehmen zuständig gewesen. Der Beigeladene selbst habe...

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