Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft
Orientierungssatz
1. Die Einzelfallprüfung der angemessenen Wohnfläche bestimmt sich nach der sog. Produkttheorie. Die Wohnflächengrenze für einen Ein-Personen-Haushalt beträgt 50 qm; für jede weitere Person sind 15 qm hinzuzurechnen.
2. Die Ermittlung der angemessenen Miete durch den Grundsicherungsträger muss auf einem schlüssigen Konzept beruhen.
3. Dem Hilfebedürftigen muss es konkret möglich sein, eine bedarfsgerechte und angemessene Wohnung anzumieten. Besteht eine konkrete Unterkunftsalternative nicht, so sind die Aufwendungen für die tatsächlich gemietete Unterkunft als konkret angemessen anzusetzen und zu übernehmen (BSG Urteil vom 7. 11. 2006, B 7b AS 18/06).
4. Bei einem zumutbaren Wohnungswechsel sind die unangemessen hohen Kosten der Unterkunft längstens sechs Monate vom Grundsicherungsträger zu übernehmen.
5. Eine Senkungsaufforderung kann schon vor einem zukünftigen Ereignis, durch das die Wohnung erst unangemessen wird, ausgesprochen werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten sind nur noch höhere Leistungen für Kosten und Unterkunft in Höhe von weiteren 56,80 Euro monatlich für Grundmiete und Nebenkosten für die Zeit vom 1.1.2015 bis 30.9.2015 streitig.
Die Kläger leben in einer Bedarfsgemeinschaft und bezogen von der Beklagten laufend ALG II. Sie bewohnten eine 87 qm große Wohnung in B (Kreis Q) zu einer Grundmiete in Höhe von 320,00 Euro zzgl. 80,00 Euro Nebenkosten und unstreitigen Heizkosten in Höhe von 89,00 Euro. Bis zum 31.7.2014 wohnte mit den Klägern in dieser Wohnung noch der gemeinsame Sohn. Nach dem die Kläger der Beklagten mitgeteilt hatten, dass ihr Sohn zum 31.7.2014 aus der Wohnung ausziehen würde, forderte die Beklagte die Kläger mit Schreiben vom 12.6.2014 auf, die Kosten der Unterkunft auf ein angemessenes Maß zu senken. Die derzeitigen Kosten in Höhe von 400,00 Euro zzgl. Heizkosten würden nur noch bis zum 31.12.2014 übernommen. Danach hätten die Kläger nur noch Anspruch auf die für einen 2 - Personenhaushalt angemessen Unterkunftskosten in Höhe von 343,20 Euro zzgl. Heizkosten. Dieses ergäbe sich aus dem für den Kreis Q erstellten Konzept für die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft der Firma Analyse & Konzept.
Mit Bescheid vom 1.12.2014 und Änderungsbescheiden vom 18.12.2014, 5.1.2014, 9.1.2015, 26.1.2015, 19.3.2015, 23.4.2015 und 27.4.2015 bewilligte die Beklagte den Klägern ab 1.1.2015 bis zum 30.9.2015 Leistungen für Unterkunft und Heizung nur noch in Höhe von 343,20 Euro zzgl. Heizkosten.
Den hiergegen rechtzeitig erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3.2.2015 als unbegründet zurück:
Die Kläger hätten nach dem Auszug des Sohnes nur noch Anspruch auf eine angemessene Miete für eine 65 qm Wohnung in Höhe von 343,20 Euro zzgl. Heizkosten. Dieses ergäbe sich aus dem für den Kreis Q erstellten Konzept für die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft der Firma Analyse & Konzept.
Mit der am 2.3.2015 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihren Anspruch auf Gewährung der Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe von 400,00 Euro monatlich zzgl. Heizkosten im vollem Umfang weiter.
Sie sind der Auffassung, dass sie Anspruch auf Übernahme der tatsächlich anfallenden Miete haben. Sie könnten wegen des Auszuges ihres Sohnes nicht die Wohnung wechseln. Jedenfalls aber sei auch die von der Beklagten bewilligte Miete zu niedrig. Wohnraum sei in B für diesen Mietzins nicht zu erhalten. Das von der Beklagten vorgelegte Konzept für den Kreis Q entspräche nicht den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept für die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Daher sei mindestens der Satz der Wohngeldtabelle zzgl. 10 % Sicherheitsaufschlag zu gewähren, was insgesamt 387,20 Euro zzgl. Heizkosten entspräche. Zumindest dieser Betrag sei daher von der Beklagten zu leisten.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom 1.12.2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 18.12.2014, 5.1.2014, 9.1.2015, 26.1.2015, 19.3.2015, 23.4.2015 und 27.4.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.02.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger höhere Leistungen für die Kosten für Unterkunft und Heizung in der Zeit vom 1.1.2015 bis 30.9.2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und auf das für den Kreis Q erstellte Konzept für die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft der Firma Analyse & Konzept.
Die Beteiligten haben sich am 23.3.2016 im Erörterungstermin übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, einschließlich des für den Kreis Q erstellten Konzeptes für die...