Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheitsprüfung. schlüssiges Konzept des Märkischen Kreises. Anwendbarkeit trotz fehlender Bekanntmachung. Schätzung der Nachfrager nach preisgünstigem Wohnraum
Leitsatz (amtlich)
1. Der Märkische Kreis verfügt über ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der Angemessenheit von Unterkunftskosten.
2. Es besteht eine objektive Rechtspflicht zur ortsüblichen Bekanntmachung des schlüssigen Konzepts nebst Begründung. Ein Verstoß gegen diese Pflicht führt nicht zur Unanwendbarkeit des Konzepts.
3. Bei Erstellung eines schlüssigen Konzepts ist eine Schätzung aus Gründen der Praktikabilität zulässig, je schwieriger es ist, verlässliche Daten zu erheben, und je weniger Einfluss die Schätzung hat auf das Gesamtergebnis. Die Schätzung ist vom Gericht lediglich darauf hin zu überprüfen, ob sie erfolgen durfte und auf einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage beruht.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe der Klägerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zustehen für die Monate November 2014 bis April 2015. Die XX geborene, alleinerziehende Klägerin steht mit kurzer Unterbrechung seit 2010 beim Beklagten im Leistungsbezug.
Seit 2011 bewohnt die Klägerin zusammen mit ihrem XX geborenen Sohn, M-O, eine zunächst 61 m² große Wohnung in I. Von der Klägerin waren zuletzt folgende Zahlungen an ihre Vermieterin zu leisten:
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Grundmiete |
288,00 EUR |
Betriebskostenvorauszahlung |
106,88 EUR |
Heizkostenvorauszahlung |
121,45 EUR |
Summe |
516,33 EUR |
Diese Kosten wurden vom Beklagten in voller Höhe bei der Leistungsberechnung berücksichtigt. Infolge von Modernisierungsmaßnahmen, die auch zu einer Vergrößerung der Wohnung auf 65 m² führten, kam es ab Januar 2014 zu einer Mieterhöhung. Darüber hinaus kam es ab Mai 2014 zu einer Anpassung der Nebenkostenvorauszahlung. Von der Klägerin sind nunmehr zu zahlen:
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Grundmiete |
375,70 EUR |
Betriebskostenvorauszahlung |
128,01 EUR |
Heizkostenvorauszahlung |
121,45 EUR |
Summe |
625,16 EUR |
Mit Schreiben vom 09.04.2014 forderte der Beklagte die Klägerin auf, die Bruttokaltmiete auf 383,50 EUR zu senken. Ab November 2014 werde er nur noch Kosten in dieser Höhe übernehmen.
Mit Bescheid vom 14.10.2014 bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrem Sohn Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Monate November 2014 bis April 2015. Für die Klägerin wurden Leistungen dabei monatlich wie folgt bewilligt:
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Regelbedarf |
391,00 EUR |
Mehrbedarf |
149,75 EUR |
Kosten der Unterkunft und Heizung |
252,49 EUR |
Summe |
793,24 EUR |
Bei Ermittlung der Leistungshöhe berücksichtigte der Beklagte Kindergeld in Höhe von 184,00 EUR monatlich und Unterhaltszahlungen für den Sohn der Klägerin in Höhe von 225,00 EUR monatlich. Diese Beträge sind in allen Monaten des Bewilligungszeitraums tatsächlich zugeflossen. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft legte der Beklagte nur noch eine Bruttokaltmiete zugrunde von 383,50 EUR und - unverändert - Heizkosten in Höhe von 121,45 EUR.
Gegen den Bescheid vom 14.10.2014 legte die Klägerin am 03.11.2014 Widerspruch ein. Wegen der Modernisierungsmaßnahmen sei es zwar zu einer Mieterhöhung gekommen, gleichzeitig sei allerdings mit einer erheblichen Senkung der Heizkosten zu rechnen. Wohnungen, die den Vorstellungen des Beklagten zur Angemessenheit entsprechen, seien weder vorhanden noch für die Klägerin anmietbar. Die vom Beklagten zugrunde gelegten Angemessenheitsgrenzen seien nicht in ausreichend transparenter Weise ermittelt worden. Die Zugrundelegung der Angemessenheitsgrenzen des Beklagten führe zu einer Ghettobildung.
Mit Bescheid vom 01.12.2014 änderte der Beklagte die Bewilligungsentscheidung dahingehend ab, dass für die Monate Januar bis April 2015 der ab 01.01.2015 maßgebliche Regelbedarf berücksichtigt wurde. Der Klägerin wurden daher monatlich weitere 8,00 EUR Regelbedarf gewährt und weitere 3,07 EUR Mehrbedarf.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2015 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Der zulässige Widerspruch sei unbegründet. Die Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen beruhe auf einem schlüssigen Konzept. Entgegen der Behauptung der Klägerin sei angemessener Wohnraum verfügbar. Insoweit werde auf die dem Widerspruchsbescheid beigefügten Wohnungsangebote verwiesen. Mit der Klägerin sei zwar davon auszugehen, dass es infolge der Modernisierungsmaßnahmen zu einer Reduzierung der Heizkosten komme. Ob deswegen weiterhin die vollen Kosten der Unterkunft und Heizung übernommen werden, stehe allerdings im Ermessen des Beklagten. Es sei nicht mit Heizkosteneinsparungen in solchem Umfang zu rechnen, dass die Mieterhöhung vollständig kompensiert werde.
Die Klägerin hat am 06.03.2015 durch ihre Prozessbevollmächtigten Klage erhoben. Im Rubrum der Klageschrift ist ausschließlich sie als Klägerin aufgeführt.
Mit Änderungsbescheid vom 10.03.2015 änderte der Beklagte d...