Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung des vertragsärztlichen Honorars wegen fehlenden Nachweises der gesetzlichen Fortbildungspflicht
Orientierungssatz
1. Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, so ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, das an den Arzt zu zahlende Honorar entsprechend den in § 95 d Abs. 3 S. 4 SGB 5 aufgeführten Vorgaben zu kürzen.
2. Die gesetzliche Regelung stellt hierbei nicht auf den Erwerb, sondern auf den Nachweis der Fortbildungspunkte ab. Die Honorarkürzung endet erst nach Erbringung des vollständigen Fortbildungsnachweises.
3. Nach § 4 S. 1 der Regelung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Fortbildungsverpflichtung für Vertragsärzte nach § 95 d SGB 5 sind Vertragsärzte mindestens drei Monate vor Ablauf der für sie geltenden Frist zum Nachweis der Fortbildung darauf hinzuweisen, dass die Fristversäumnis mit einer Honorarkürzung gemäß § 95 d Abs. 3 S. 4 SGB 5 verbunden ist.
4. Bestreitet der Vertragsarzt den Zugang des Hinweisschreibens, so trägt das Risiko des Zugangsnachweises die Behörde.
Tenor
Unter Abänderung des Abrechnungsbescheides 2/2011 vom 25.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2012 wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin Honorar in Höhe von 10.188,52 EUR nachzuvergüten.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist eine Honorarkürzung wegen fehlenden Fortbildungsnachweises.
Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) zweier Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie, Allergologie und Schlafmedizin.
Mit einem in der Verwaltungsakte der Beklagten enthaltenen Schreiben vom 11.06.2010 erinnerte die Beklagte das Mitglied L F der BAG daran, dass am 30.04.2011 die Frist zum Nachweis der gesetzlichen Fortbildungspflicht ablaufe. Erbringe der Arzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, sei die Beklagte verpflichtet, dass an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Versorgung für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgten, um 10 Prozent zu kürzen, ab dem darauf folgenden Quartal um 25 Prozent.
Mit Quartalskonto/Abrechnungsbescheid vom 25.10.2011 für das Quartal 2/2011 kürzte die Beklagte das Honorar des Vertragsarztes F (LANR 9816666) unter Hinweis auf § 95d SGB V um 10.188,52 EUR. Diesem Bescheid widersprach die Klägerin: Die KV sei gemäß § 4 der KBV-Regelung verpflichtet, die Vertragsärzte mindestens drei Monate vor Ablauf der Frist darauf hinzuweisen, dass ein fehlender Nachweis Honorarkürzungen zur Folge haben könne. Dieser Hinweis sei nicht erfolgt. Zudem liege für den Vertragsarzt ein Punktekonto von mindestens 275 Punkten vor. Das verlangte Fortbildungszertifikat sei beantragt und werde sofort bei Erhalt zugesandt.
Mit Schreiben vom 09.12.2011 teilte die Beklagte dem Vertragsarzt F mit, ihr liege der Nachweis vor, dass er nunmehr mindestens 250 Fortbildungspunkte erworben habe. Seine Nachweispflicht gegenüber der Beklagten sei damit vom 01.04.2006 bis 31.03.2011 erfüllt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.02.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Mit Schreiben vom 11.06.2010 sei Herr F darauf hingewiesen worden, dass bis spätestens zum 30.04.2011 durch das Fortbildungszertifikat der Ärztekammer Nordrhein gegenüber der Beklagten der vollständige Nachweis über 250 Fortbildungspunkte erbracht sein müsse und die Nichteinhaltung dieser Bestimmungen eine Honorarkürzung nach sich ziehe. Weitere Hinweise seien bereits durch Veröffentlichung in KVNO aktuell 5/2009 erfolgt. Das am 04.05.2011 ausgestellte Fortbildungszertifikat sei erst im vierten Quartal 2011 gegenüber der Beklagten nachgewiesen worden. Die gesetzliche Frist für den Nachweis der geforderten 250 Fortbildungspunkte gegenüber der Beklagten sei nicht eingehalten worden.
Hiergegen richtet sich die am 30.03.2012 erhobene Klage.
Die Klägerin stellt die Fortbildungsverpflichtung als solche nicht infrage; diese sei auch (über)erfüllt worden. Erst durch den Honorareinbehalt (in 10.2011) habe der Vertragsarzt F Kenntnis erlangt, dass die Fortbildung auch aktiv von ihm selbst der Beklagten nachzuweisen (d.h. vorzulegen) sei mit einer festen Terminvorgabe. Dieser Nachweis sei bei der Beklagten am 07.11.2011 erbracht. Soweit die Beklagte einen Brief an ihn vom 17.06.2010 erwähne, habe ihn dieser nicht erreicht. Ob der Brief herausgeschickt worden oder verloren gegangen sei, lasse sich nun nicht mehr nachprüfen. Er sei jedenfalls nicht bei ihm angekommen. Schließlich stehe die Höhe der Strafe in keinem Verhältnis zu dem Vergehen eines fehlenden Transfers eines Papieres von der Ärztekammer Nordrhein zur Beklagten im gleichen Gebäude.
Die Klägerin beantragt:
unter Abänderung des Abrechnungsbescheides für das Quartal 2/2011 vom 25.10. 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2012 die Beklagte zu verurteilen, die Kürzung nach § 95d SGB V zurückzunehmen und ihr ein Honorar in Höhe von 10.188,52 EUR nachzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klag...