Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Krankengeld für einen hauptberuflich Selbständigen unter Berücksichtigung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes
Orientierungssatz
1. Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz wurde der Anspruch auf Krankengeld für hauptberuflich Selbständige ab dem 1. 1. 2009 grundsätzlich ausgeschlossen. Es wurde aber die Möglichkeit eingeräumt, entsprechende Wahltarife abzuschließen. Zum 1. 8. 2009 wurde hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen wieder die Wahlmöglichkeit eines gesetzlichen Krankengeldes ermöglicht.
2. Ein Anspruch auf Krankengeld setzt voraus, dass der Versicherte bereits zum Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert ist.
3. Wurde die vom Versicherten geltend gemachte Arbeitsunfähigkeit bereits vor dem 1. 8. 2009 festgestellt und bestand infolgedessen zu diesem Zeitpunkt kein Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld, so scheidet ein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld aus.
4. Ein Anspruch auf Krankengeld lässt sich mittels des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in einem solchen Fall nicht herleiten. Es besteht keine Beratungspflicht seitens der Krankenkasse hinsichtlich der Rechtsänderung zum 1. 1. 2009.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Krankengeld ab dem 08.08.2009.
Der am 10.09.1946 geborene Kläger ist hauptberuflich selbständig tätig und bei der Beklagten freiwillig gesetzlich versichert. Er bezog bis Juni 2008 Krankengeld bis zur Höchstdauer von 78 Wochen. Wegen Erschöpfung des Krankengeldanspruchs versicherte er sich ab Juli 2008 ohne Anspruch auf Krankengeld. In einem entsprechenden Beitragsbescheid der Beklagten vom 02.07.2008 wird darauf hingewiesen, dass der Krankengeldanspruch für Selbständige zum 01.01.2009 neu geregelt werde. Hierüber würden die Versicherten rechtzeitig informiert.
Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) wurde der Anspruch auf Krankengeld für hauptberuflich Selbständige ab dem 01.01.2009 grundsätzlich ausgeschlossen. Es wurde jedoch die Möglichkeit eingeräumt, entsprechende Wahltarife abzuschließen.
Am 16.07.2009 wurde der Kläger ausweislich einer entsprechenden Bescheinigung seines behandelnden Internisten Dr. S. "dienstunfähig" bis zum 15.09.2009. Dem lag die Diagnose "bösartige Neubildung Bronchus oder Lunge" (ICD-10 C34.9G) zugrunde.
Zum 01.08.2009 wurde hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen (wieder) die Wahl eines "gesetzlichen" Krankengelds ermöglicht.
Mit Schreiben vom 21.08.2009 informierte die Beklagte den Kläger über diese Möglichkeit. Am 26.08.2009 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, er wolle das "gesetzliche Krankengeld" ab dem 01.08.2009 in Anspruch nehmen. Außerdem wählte er den Tarif KGS22, der einen Anspruch auf Krankengeld vom 22. bis 42. Tag der Arbeitsunfähigkeit (AU) vorsieht.
Am 07.09.2009 legte der Kläger eine AU-Bescheinigung des behandelnden Internisten Dr. Sch. vom 04.09.2009 vor, wonach er - der Kläger - seit dem 16.07. bis zum 15.09.2009 arbeitsunfähig sei. Die Bescheinigung war als Erstbescheinigung bezeichnet.
Die Beklagte lehnte die Zahlung von Krankengeld mit Bescheid vom 11.09.2009 ab, da der Kläger zu Beginn der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit nicht mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen sei. Hiergegen legte der Kläger am 21.09.2009 Widerspruch ein. Für das gesetzliche Krankengeld sei keine Karenzzeit vorgesehen. Die Beklagte erklärte gegenüber dem Kläger, dass ein Tarifwechsel nach § 23e Abs. 4 ihrer Satzung während einer laufenden Arbeitsunfähigkeit ausgeschlossen sei. Der Kläger entgegnete, der Gesetzgeber habe mit der zum 01.08.2009 getroffenen Regelung bereits arbeitsunfähig Erkrankte nicht vom Krankengeldanspruch ausschließen wollen. Am 27.01.2010 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 23.02.2010 erhobene Klage.
Der Kläger trägt vor, er sei nicht über die Möglichkeit der Absicherung eines Krankengeldanspruchs über einen Wahltarif ab dem 01.01.2009 informiert worden. Mitte 2009 sei ihm auch nicht mitgeteilt worden, dass bei schon bestehender AU ein Anspruch auf Krankengeld ausgeschlossen sei. Es fehle im Übrigen an einer gesetzlichen Regelung, die es der Beklagten erlaube, Krankengeld allein wegen einer zum 01.08.2009 bereits bestehenden AU zu verweigern. Die Beklagte verhalte sich damit im Ergebnis wie eine private Krankenversicherung. Die Satzung der Beklagten umgehe den gesetzgeberischen Zweck. Die Krankengeldberechtigung dürfe nicht davon abhängen, ob ein Versicherter zufällig am 01.08.2009 bereits arbeitsunfähig gewesen sei oder nicht.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.01.2010 zu verurteilen, ihm ab dem 08.08.2009 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, alle Mitglieder seien über die Mitgliederzeitschr...