Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziales Entschädigungsrecht: Anerkennung einer Gesundheitsbeeinträchtigung als Impfschaden bei einer Narkolepsie nach einer Impfung gegen Schweinegrippe. Anforderungen an die Zuerkennung eines Entschädigungsanspruchs als Kann-Versorgung
Orientierungssatz
Bei einer Impfung gegen den Erreger der sog. Schweinegrippe, die mit dem Impfstoff VAXAGRIP ausgeführt wurde, besteht bei einer nach der Impfung erstmals diagnostizierte Narkolepsie nach dem im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestehenden wissenschaftlichen Erkenntnisstand keine ausreichende Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs mit der Impfung. Allerdings kommt ein Anspruch auf soziale Entschädigungsleistungen wegen eines Impfschadens in diesem Fall ausnahmsweise als „Kann-Versorgung“ in Betracht, da zumindest ein Ursachenzusammenhang trotz noch fehlender Belege nicht ausgeschlossen und durch konkrete Umstände jedenfalls möglich ist. Das gilt auch dann, wenn sich die Krankheitssymptome der Narkolepsie erstmals mehrere Monate nach der Impfung manifestierten.
Tenor
1. Der Bescheid vom 21.07.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2017 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet in einem neuen Bescheid die bei dem Kläger bestehende Narkolepsie-Erkrankung mit Kataplexie als Folge der Impfungen vom 07.11.2013 anzuerkennen und dem Kläger ab dem 01.01.2015 mit Leistungen nach dem Infektionsschutzgesetz sowie dem Bundesversorgungsgesetz nach einem GdS von 50 zu versorgen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten trägt die Beklagte zu 5/6.
Tatbestand
Der am 00.00.0000 geborene Kläger begehrt die Feststellung eines Impfschadens sowie einen daraus resultierenden Grad der Schädigung von 50 und entsprechende Leistungen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) und Bundesversorgungsgesetz (BVG). Er erhielt am 07.11.2013 durch den Betriebsarzt seines ehemaligen Arbeitgebers, der Firma F, am Standort I, insgesamt drei Impfungen. Er war zu diesem Zeitpunkt am Standort in I als Bilanzbuchhalter sowie SAP-Berater tätig, wohnte und lebte jedoch in J. Zum Wochenende hin pendelte er. Bei den Impfstoffen handelte es sich um den Kombinationsimpfstoff REPEVAX, den Kombinationsimpfstoff M-M-R-Vax Pro sowie den Impfstoff VAXIGRIP 2013/2014. Bei letzterem handelt es sich um einen Impfstoff gegen die im Jahre 2009 im asiatischen Raum ausgebrochene Schweinegrippe. Dieser Impfstoff enthält unter anderem den Virenstamm A/California/7/2009(H1N1pdm) (Im Folgenden "A/California"). Wenige Stunden nach der Impfung stellten sich beim Kläger ein geröteter Kopf, gerötete Haut, Kopfschmerzen, Übelkeit und erhebliches Herzrasen ein. Da diese Symptome auch am 08.11.2013 persistierten, suchte er daraufhin den Werksarzt erneut auf. Der Werksarzt wies darauf hin, dass derartige Nebenwirkungen wohl in den Beipackzetteln der Impfstoffe als Nebenwirkungen angegeben seien und zunächst das Wochenende abgewartet werden sollte, bevor weitere medizinische Maßnahmen ergriffen werden würden. Über die nächste Zeit klangen die Nebenwirkungen ab. Erstmals am 26.05.2014 stellte sich der Kläger wegen anhaltender Müdigkeit, auch morgens und tagsüber, Sekundenschlaf und Herzrasen, welches zeitweise 10 Minuten anhalte, bei seinem Hausarzt Herrn Dr. U in J vor. Der Hausarzt veranlasste sodann eine Vorstellung bei der Pneumologin Frau Dr. M in N. Vermutet wurde von ihm zunächst ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS). Auf Veranlassung der Pneumologin Frau Dr. med. Dr. M erfolge sodann vom 16.11.2014 bis 21.11.2014 eine stationäre Untersuchung des Klägers im Schlaflabor des Klinikum W GmbH, Behandlungszentrum Q Klinik O, Beatmungs- und Schlafmedizin. Ausweislich dem Bericht vom 21.11.2014 stellten die Ärzte dort die Diagnosen Narkolepsie mit Kataplexie, Hypersomie sowie ein geringgradiges zentrales Schlafapnoe-Syndrom fest. Die Einweisung sei zur Abklärung ausgeprägter Tagesschläfrigkeit mit imperativen Schlafdrang erfolgt. Der Patient sei morgens müde, auch wenn er zuvor bereits 15 Stunden geschlafen habe. Darüber hinaus sei der Schlafdrang teilweise so intensiv, dass er sich bei der Arbeit auf die Toilette zurückziehe, um dort kurz zu schlafen. Etwa einmal die Woche würden ihm auch die Beine "weich" werden und er müsse Halt suchen. Ferner bestünden zwischenzeitlich beim Aufwachen Halluzinationen, so auch beim Einschlafen. Es seien die klassischen Symptome einer Narkolepsie festzustellen. Ferner würden sich entsprechende respiratorische Problematiken im Schlaf im Sinne eines leichten OSAS feststellen lassen. Zu diesem Zeitpunkt wurde eine Liquorpunktion sowie MRT im Januar avisiert.
Bei der darauffolgend durchgeführten stationären Behandlung auf der neurologischen Station des Klinikum W am 05.01.2015 bis zum 08.01.2015 zur MRT- und Liquordiagnostik stellten die Ärzte einen verminderten Hypokretin-Spiegel im Liquor von 36 pg/ml bei einem Normalwert von größer als 110 pg/ml fest. Nach Beurteilung der untersuchenden Ärzte, u.a. Prof. Dr. med. ...