Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherungspflicht für ein Unternehmen, das Fernseh- und Videoproduktionen herstellt
Orientierungssatz
1. Der Abgabetatbestand des § 25 KSVG setzt voraus, dass die Empfänger der Honorare selbständige Künstler i. S. des KSVG sind. Damit knüpft die Abgabepflicht an die Versicherungspflicht nach § 1 KSVG an, obwohl die agierenden Personen selbst nicht nach dem KSVG versicherungspflichtig sein müssen. Die Abgabepflicht kunstverwertender Unternehmen ist von der Versicherungspflicht der Künstler entkoppelt, als auch solche Entgelte der Abgabepflicht nach § 25 KSVG unterfallen, die an nicht selbst versicherungspflichtige Künstler gezahlt werden.
2. In den Materialien zum KSVG werden ausdrücklich alle Berufsgruppen als künstlerisch angesehen, die im Künstlerbericht der Bundesregierung aufgeführt sind. Dort sind in der Berufsgruppe "Fotodesigner" u. a. Kameramänner aufgeführt.
3. Dieser Zuordnung kann nicht entnommen werden, dass nur der künstlerisch tätige Kameramann von der dort genannten Tätigkeit eines Kameramannes erfasst wird. Bei der Bildberichterstattung bedarf es daher keines künstlerischen Aspektes.
4. Folglich unterliegen auch solche Unternehmen der Abgabepflicht, die in einem arbeitsteiligen Prozess an der Produktion von Aufnahmen auf Bild- und Tonträgern mitwirken und dabei nicht nur die technische Ausrüstung zur Verfügung stellen oder für das Funktionieren der Technik sorgen (Anschluss: BSG, Urteil vom 4. März 2004, B 3 KR 12/03 R).
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten.
Der Streitwert wird auf 7.626,38 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Honorare für selbstständige Kameraleute der Künstlersozialabgabe (KSA) nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) unterliegen.
Die klagende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) stellt Fernseh-und Videoproduktionen im Bereich der elektronischen Berichterstattung und als Auftragsproduktionen her. Die Klägerin erhält vom Auftraggeber (in der Regel öffentlich-rechtlich Fernsehanstalten) eine Anfrage zur Verfügungstellung eines Kamerateams für die elektronische Bildbearbeitung. Schwerpunkt der Tätigkeit ist folglich die ausschließliche Bereitstellung technischer Mittel und fachlich versierter freiberuflicher Kameramänner und Assistenten. Die gestellten Rechnungen weisen ausschließlich Kosten für die technische Bereitstellung angeforderter Mittel sowie Vermittlungskosten für die eingesetzten Kameramänner aus. Erkennbar ist, dass die Redaktion durch Mitarbeiter z. B. des MDR erfolgt. Im Bereich der Auftragsproduktion wird die Klägerin mit der Produktion einer Reportage oder Dokumentation eines festgelegten Inhaltes beauftragt. Erfolgt der Vertragsabschluss obliegt es der Produktionsfirma die entsprechenden Schritte bis zur Gesamtherstellung des Werkes zu übernehmen. Zum Aufgabenbereich der Klägerin gehört die tagesaktuelle Berichterstattung für öffentliche Sender (zum Beispiel wie Tagesschau und den MDR) sowie Sportübertragungen und Liveübertragungen beispielsweise der Vierschanzentournee und der deutschen Tourenmeisterschaft.
Am 26.3.2008 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs.1a SGB IV durch. Anlässlich der Schlussbesprechung wurde darauf hingewiesen, dass für die Klägerin Abgabepflicht nach dem KSVG bestehe. Die Abgabepflicht sei gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KSVG festzustellen, weil die Klägerin die Herstellung von bespielten Bild- und Tonträgern betreibt.
Mit Bescheid vom 22.8.2008 wurden Abgaben zur Künstlersozialversicherung für die von der Klägerin beauftragten selbstständig tätigen Künstler und Publizisten in Höhe von 7626,38 EUR festgestellt. Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches führte die Klägerin aus, dass es sich bei der Tätigkeit eines Kameramannes nicht um eine künstlerische Tätigkeit handele. Kameraführung/-bedienung würde vielmehr eine handwerkliche Tätigkeit darstellen. Mangels eigener Entscheidungsbefugnis würde in die Arbeit auch kein eigener künstlerischer Beitrag einfließen. Die Kamera werde unter vollständigen Einfluss des Regisseurs/Redakteurs bedient, so dass der Kameramann kein eigenes Kunstwerk erschafft. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei auf eine materielle Definition des Kunstbegriffes verzichtet worden. Auch könne auf den Künstlerbericht von 1975 nicht zurückgegriffen werden, da dieser die Veränderungen im Berufsbild des Kameramannes nicht mit vollzogen hätte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.7.2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Durch das BSG sei Rechtsprechung geschaffen worden, was unter "Kunst" zu verstehen sei. Auch bestehen keine Bedenken bezüglich der Anwendung des Künstlerberichts, zumal im Urteil des BSG vom 4.3.2004, Az. B 3 KR 12/03 R, explizit festgestellt werde, dass Kameraleute grundsätzlich zum künstlerischen Personenkreis gehören. Kamera...