Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Umzugskosten. Kosten für den Aus- und Einbau einer Einbauküche. Beauftragung eines Umzugsunternehmens
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf Übernahme von Umzugskosten nach § 22 Abs 6 SGB 2 kann auch solche Aufwendungen umfassen, die im Zusammenhang mit einem Aus- und Einbau einer Einbauküche entstehen (vgl OVG Lüneburg vom 22.8.1998 - 4 L 3454/96).
2. Soweit die Hinzuziehung eines Umzugsunternehmens nicht notwendig war, sind jedenfalls die fiktiven Kosten eines selbst organisierten Umzugs zu erstatten. Dieser Betrag kann gemäß § 202 SGG iVm § 287 ZPO durch das Gericht geschätzt werden (so auch LSG Essen vom 27.02.2019 - L 6 AS 2437/17 B).
Tenor
1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 29.11.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.5.2019 sowie unter teilweiser Aufhebung des Darlehensbescheides vom 19.12.2018 sowie vom 30.1.2019 verpflichtet, die für die Umzugskosten hinsichtlich des Umzuges vom 8.1.2019 und 9.1.2019 darlehensweise erbrachten Leistungen in Höhe von 1.722,40 € als nicht rückzahlbaren Zuschuss zu gewähren.
2. Im Übrigen wird die Klage zurückgewiesen.
3. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte 66 %.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Übernahme von Umzugskosten im Wege eines verlorenen Zuschusses.
Mit Schreiben vom 4.3.2016 beantragte die Klägerin, die laufend Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB)) bezog, Bewilligung eines Umzuges. Dabei teilte die Klägerin mit, dass sie ein Umzugsunternehmen nicht in Anspruch zu nehmen gedenkt. Dem Antrag fügte die Klägerin ein ärztliches Attest bei.
Mit Schreiben vom 27.4.2016 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass dieser nach den entsprechenden Vorschriften und Richtlinien in dem Vortrag der Klägerin einen wichtigen Grund anerkennt, der den von der Klägerin gewünschten Umzug und die dadurch entstehenden Kosten in angemessener Höhe rechtfertigt. Auf den weiteren Inhalt des Schreibens wird verwiesen (Blatt 404 der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 8.10.2018 übersendete die Klägerin dem Beklagten ein Angebot für eine Wohnung in der Straße An der Lohe 1 d für den Zeitraum ab dem 1.1.2019. Ausweislich des Angebotes verfügt jene Wohnung über eine Einbauküche.
Mit Schreiben vom 9.10.2018 bescheinigte der Beklagte der Klägerin hinsichtlich des Umzuges in die Wohnung An der Lohe 1d, dass die Bruttokaltmiete bei der Berechnung der Leistungen berücksichtigt werden.
Am 22.10.2018 unterschrieb die Klägerin den Mietvertrag für die genannte Wohnung für den Zeitraum ab dem 1.1.2019.
Mit Schreiben vom 25.10.2019 beantragte die Klägerin die Übernahme von Kosten eines Umzugsunternehmens. Zur Begründung gab die Klägerin an, sie benötige für den Transport ein Umzugsunternehmen. Sie sei nicht in der Lage, die Möbel zu transportieren, aufzubauen und abzubauen. Sie habe keine Mittel für Umzugskartons. Die bei der alten Wohnung vorhandene Markise sei bereits von ihrem Sohn und einem Bekannten unter Beiziehung eines Transportes in Eigenregie abgebaut und in der neuen Wohnung aufgebaut worden. In dem angedachten Umzugszeitraum sei ihr in München lebender Sohn indes im Urlaub.
Mit Schreiben vom 9.11.2018 reichte die Klägerin Kostenvoranschläge von Umzugsunternehmen ein. Hinsichtlich des Inhalts der Kostenvoranschläge wird Blatt 78 - 83 der Verwaltungsakte (E Akte 1) in Bezug genommen. Die Klägerin gab ergänzend an, sie sei selber nicht in der Lage, den Umzug durchzuführen. Lediglich einige Freundinnen würden bei dem Einräumen der Umzugskisten helfen können. Ihr Sohn sei in München und ihr 76-jähriger Vater stünde nicht zur Verfügung. Die Klägerin leide zudem an psychischen Problemen. Infolge eines Klinikaufenthaltes existiere ein soziales Umfeld praktisch nicht mehr. Lediglich einige Freundinnen könnten beim Einräumen der Umzugskartons helfen.
Der Vermieter der neuen Wohnung teilte mit, dass die Wohnung über eine Einbauküche verfüge, die von Mietpreis umfasst sei. Diese sei durch die Klägerin storniert worden, da sie ihre eigene Einbauküche behalten wolle.
Mit Bescheid vom 29.11.2018 lehnte der Beklagte die Übernahme von Umzugskosten vollständig ab. Zur Begründung verwies er auf den Vorrang der Selbsthilfe. Ein Auf- und Abbau und ein Transport der Einbauküche sei nicht notwendig, da die neue Wohnung über eine Einbauküche verfüge.
Mit Schreiben vom 3.12.2018 erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 29.11.2018 Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, sie habe keine Möglichkeiten, Helfer für den Umzug zu organisieren. Ferner wolle sie ihre eigene Küche mitnehmen.
Mit weiterem Schreiben vom 4.12.2018 teilte die Klägerin ergänzend mit, dass die in ihrem Eigentum stehende Küche hochwertig sei und diese ohnehin aus der alten Wohnung entfernt werden müsse. Sie selber sei bereit, von den Umzugskosten 250 € zu übernehmen. Als Kosten falle ein Betrag von 2.851,24 € an. Die Klägerin legte weitere Kostenvoranschläge sowie ein ärztliches Attest ...