Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. zusätzlicher Bedarf. einmaliger Bedarf. Wohnungserstausstattung. Übernahme der Kosten für eine neue Einbauküche. nicht bei Bedarfsdeckung vor Antragstellung. Auswahlermessen des Sozialhilfeträgers. Verweisung auf Gebrauchtmöbel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Keine Leistung für Wohnungserstausstattung einer Wohnung aus Mitteln der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bei Bedarfsdeckung bereits vor Antragstellung beim Grundsicherungsträger.

2. Liegen die Voraussetzungen für eine Wohnungserstausstattung vor, besteht auf diese Hilfeleistung ein Rechtsanspruch. Der Grundsicherungsträger hat insoweit zwar kein Handlungs-, wohl aber ein Auswahlermessen, ob er den Bedarf durch eine Geld- oder Sachleistung deckt.

3. Die Verweisung auf die Anschaffung von Gebrauchtmöbeln ist zulässig.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Kosten für die Erstausstattung einer Wohnung mit Küchenmöbeln i.H.v. 2.900,00 € aus Mitteln der Sozialhilfe.

Der 1942 geborene Kläger mietete zum 01.10.2012 eine 4-Zimmer-Wohnung im Anwesen S-straße 36, M.-V., an. Der tatsächliche Einzug in diese Wohnung erfolgte seinen Angaben zufolge bereits am 27.09.2012. Über den anstehenden Umzug von seiner früheren Wohnung in diese Wohnung hatte der Kläger den beklagten Sozialhilfeträger bereits im März 2012 informiert. Der Beklagte hatte ihm zur Deckung der Umzugskosten auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags ein zinsloses Darlehen aus Mitteln der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den Bestimmungen des Vierten Kapitels des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB XII) gewährt (Bescheid vom 14.05.2012).

Am 28.08.2012 stellte der Kläger beim Beklagten den Antrag, auch die Kosten für die Anschaffung einer Einbauküche darlehensweise aus Sozialhilfemitteln zu übernehmen. Hierzu legte er den von ihm unterzeichneten Kaufvertrag mit der Firma M., K., vom 04.08.2012 über 2.900,00 € vor; nach diesem Kaufvertrag war außerdem bis zum 25.08.2012 eine Anzahlung i.H.v.1.459,93 € auf den Kaufpreis zu leisten. Auf Anfrage des Beklagten teilte der Kläger ergänzend mit, sein früherer Vermieter habe ihm die Küchenmöbel in der bisherigen Wohnung mit Ausnahme einer Dunstabzugshaube, des Kühlschranks und des Elektroherdes kostenfrei überlassen. Der Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung seien nur auf Antrag zu gewähren. Zum Zeitpunkt des Antragseingangs im August 2012 habe der Kläger den Kaufvertrag für die Einbauküche bereits unterschrieben und eine Anzahlung auf den Kaufpreis geleistet gehabt. Damit sei zu diesem Zeitpunkt sein grundsicherungsrechtlicher Bedarf an Küchenmöbeln bereits gedeckt gewesen. Sofern der Kläger die Zahlung nicht aus eigenen Mitteln habe vornehmen können, hätte er ihn - den Beklagten - rechtzeitig zuvor informieren müssen. Im Nachhinein könne er keine Leistung mehr erbringen. Überdies gehöre der Kauf einer neuen Einbauküche nicht zum notwendigen Lebensunterhalt; dieser begrenze sich allenfalls auf gebrauchte Einrichtungsgegenstände, weshalb er - der Beklagte - den Antrag auch bei rechtzeitiger Antragstellung abgelehnt hätte (Bescheid vom 24.09.2012).

Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, der Beklagte sei zu Unrecht von einer Bedarfsdeckung im Antragszeitpunkt ausgegangen. Vielmehr sei er aufgrund der langen Lieferzeiten gezwungen gewesen, den Kaufvertrag zu unterschreiben. Die Anzahlung habe er “mit geliehenen Geld„ beglichen. Auch dies stehe einer Bedarfsdeckung entgegen. Der Beklagte wies den Widerspruch zurück: Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung könne er im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung auch erbringen, wenn der Hilfesuchende nicht im laufenden Leistungsbezug stehe. Der Kläger habe auch einen grundsätzlichen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe für den Erwerb von Küchenmöbeln, da er über solche bislang nicht verfügt habe und die Küchenmöbel in seiner alten Wohnung der dortige Vermieter gestellt habe. Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung könne er als Sach- oder Geldleistung erbringen. Unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten sei ein sozialhilferechtlicher Bedarf an Möbeln auch durch Gebrauchtmöbel zu decken. Die Beschaffung funktionsfähiger Gebrauchtmöbel sei zumutbar und bedarfsdeckend. Deshalb sei es dem Sozialhilfeträger überlassen, ob er die Beihilfe durch eine Auftragserteilung an einen örtlichen Gebrauchtwarenhändler oder durch Gewährung eines pauschalen Geldbetrages erbringe. Bei einer Selbstbeschaffung müsse der Hilfesuchende die anfallenden Kosten jedoch zuvor durch den Sozialhilfeträger genehmigen lassen. Der Kläger habe es indes versäumt, ihn - den Beklagten - über die Notwendigkeit der Anschaffung von Küchenmöbeln zu informieren. Den Antrag auf Kostenüberna...

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