Tenor
1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 28.04.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2022 verurteilt, der Klägerin 409,85 € zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Streitig ist die Übernahme einer im April 2022 fällig gewordenen Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2021 für eine nicht mehr von der Klägerin bewohnte Wohnung.
Die … geborene Klägerin wohnte bis zu ihrem Umzug in einer Wohnung in M. und bezog dort bis März 2022 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Am 01.03.2022 zog die Klägerin nach K. Seit März 2022 bezog sie aufgrund des Bescheides vom 31.03.2022 in der Form des Änderungsbescheides vom 05.04.2022 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vom Beklagten.
Am 21.04.2022 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Übernahme der Nachzahlung aufgrund der Nebenkostenabrechnung vom 11.04.2022 in Höhe von 409,85 € für die Wohnung in M. für das Jahr 2021.
Mit Bescheid vom 28.04.2022 lehnte der Beklagte die Übernahme der Nachzahlung in Höhe von 409,85 € ab. Die Wohnung in M. sei zum Zeitpunkt der Rechnungstellung nicht mehr durch die Klägerin bewohnt gewesen und eine Übernahme der Kosten könne daher nicht erfolgen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 05.05.2022 Widerspruch. Die Entstehung der Nebenkosten sei auf Zeiten der Hilfebedürftigkeit zurückzuführen, da sie auch in der betreffenden Zeit der Nebenkostenabrechnung hilfebedürftig gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2022 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Erforderlich für die Übernahme der Nebenkostennachforderung sei nach der Rechtsprechung des BSG, dass der Umzug aufgrund einer Kostensenkungsobliegenheit erfolgt sei oder eine Zusicherung zum Umzug vorgelegen habe und der Leistungsberechtigte sowohl während des Abrechnungszeitraums als auch der Fälligkeit der Nebenkostenabrechnung durchgehend im Leistungsbezug stand und die Nebenkostennachforderung noch nicht beglichen sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 25.05.2022 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Die abgerechnete Nebenkostennachforderung gehöre grundsätzlich zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung. Es liege eine existenzsicherungsrechtlich relevante Verknüpfung der Nebenkostennachforderung für die in der Vergangenheit bewohnte Wohnung mit dem aktuellen unterkunftsbezogenen Bedarf vor. Eine andere Beurteilung würde eine faktische Umzugssperre nach sich ziehen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 28.04.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2022 zu verurteilen, den Nachzahlungsbetrag aus der Nebenkostenabrechnung vom 11.04.2022 zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die angegriffenen Bescheide weiterhin für rechtmäßig und lehnt weiterhin eine Kostenübernahme ab. Hierzu verweist der Beklagte im Wesentlichen auf die Ausführungen im Rahmen des Widerspruchsbescheides.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des bisherigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg.
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) statthafte Klage ist auch im Übrigen zulässig.
Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 28.04.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2022 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Der Klägerin stehen im April 2022 höhere Unterkunftskosten zu.
Die Klägerin erfüllt als erwerbsfähige Leistungsberechtigte im streitgegenständlichen Zeitraum die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), da sie das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht vollendet hatte (Nr. 1), erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) war und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte (Nr. 4), § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II. Leistungsausschlussgründe lagen nicht vor .
Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Dies umfasst nicht nur laufende, sondern auch einmalige Bedarfe für Unterkunft und Heizung, die dem Leistungsberechtigten für seine Unterkunft entstehen (Piepenstock in: Schlegel/ Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage, § 22, Rn. 50). Eine fällige Betriebskostennachzahlung, die sich aus einer Betriebskostenabrechnung ergibt, erhöht den Bedarf im Fälligkeitsmonat (Luik in: Eicher/ Luik/ Harich, SGB II, 5. Auflage, 2021, Rn. 66, m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt zunächst nur, wenn die Aufwendungen für die tatsächlich genutzte Wohnung entstanden sind.
Vorliegend betrifft die Nebenkostenabrechnung eine Wohnung, welche die Klägerin nicht mehr tatsächlich nutzt und sie nunmehr in eine andere Wohnung ...