Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. Grundsicherung im Alter. Unterbringung im Alten- und Pflegeheim. Regelsatz für Haushaltsangehörige. fiktive Berechnung der Heimunterkunftskosten in § 42 S 1 Nr 2 SGB 12 aF als lex specialis. verfassungskonforme Auslegung
Leitsatz (amtlich)
1. Der sozialhilferechtliche Grundsicherungsbedarf für Heimbewohner bemisst sich nach dem Regelsatz für Haushaltsangehörige.
2. Die durchschnittlichen angemessenen Unterhaltskosten im Heim sind fiktiv zu ermitteln.
Orientierungssatz
Die Bestimmung der fiktiven Berechnung der Heimunterkunftskosten in § 42 S 1 Nr 2 SGB 12 aF geht den allgemeinen Regelungen in § 29 SGB 12 aF und § 22 SGB 2 als speziellere Norm vor.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen
Kosten sind nicht zu erstatten
Tatbestand
Die Klägerin begehrt höhere Leistungen der Hilfe zur Pflege und der Grundsicherung.
Die am ... geborene Klägerin, deren 1926 geborener Ehemann am ... 2006 verstarb, lebt seit Oktober 2006 im Alters- und Pflegeheim K.. Dort bewohnt sie laut Heimvertrag vom 13. Oktober 2006 ein Doppelzimmer mit gemeinsamer Nutzung von Dusche/WC mit dem benachbarten Zimmer bei einer Wohnfläche von insgesamt 25 qm. Die Klägerin bezieht seit 1. Dezember 2006 große Witwenrente von der Deutschen Rentenversicherung Bund in monatlicher Höhe von derzeit ca. 694 € (…). Daneben bezieht sie eine eigene Altersrente in Höhe von monatlich ca. 217 €. Die Klägerin ist weiter Berechtigte aus einem Bestattungsvorsorgevertrag mit einem Wert von 4.000 €. Die Klägerin leidet an einem hirnorganischen Psychosyndrom, Cerebralsklerose, Polyarthrose, Inkontinenz und somatisierter Depression und ist nicht in der Lage, sich im häuslichen Umfeld aufzuhalten und zu versorgen (Attest des Allgemeinmediziners Prof. Dr. K.).
Bereits unter dem 30. Oktober 2006 hatte die Klägerin, ..., bei der Beklagten Leistungen nach dem SGB XII beantragt. Dem Antrag hatte sie die Rentenbescheide, die laufenden Kontoauszüge seit Oktober 2005, Krankenversicherungsnachweise, ein Sparbuch (Spareinlagen 417,25 € am 2. Juni 2006), den Bestattungsvorsorge- und Treuhandvertrag sowie den Heimvertrag beigefügt. Mit Bescheid vom 9. November 2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin unter Anrechnung der einzusetzenden Einkünfte und Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz zunächst für die Zeit bis zum 30. Juni 2007 Leistungen der Hilfe zur Pflege (Heimkosten täglich 62,89 € und Barbetrag monatlich 90 €) sowie Leistungen der Grundsicherung in Höhe von monatlich 320,99 €.
Mit weiterem Bescheid vom 30. Januar 2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin die Übernahme ungedeckter Heimunterbringungskosten aufgrund Neuberechnung wie folgt: Hilfe zur Pflege gemäß § 61 SGB XII (Heimkosten ab 1. Dezember 2006 täglich 62,89 €, ab 1. Januar 2007 täglich 62,97 € und Barbetrag monatlich 90 €, ab 1. Januar 2007 monatlich 93,15 €).
Mit Bescheid vom 25. Januar 2007 wurde der Klägerin Hinterbliebenenrente der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbands Baden-Württemberg rückwirkend für die Zeit ab dem 1. Dezember 2006 in monatlicher Höhe von 155,69 € bewilligt. Daraufhin führte die Beklagte eine Neuberechnung der ungedeckten Heimunterbringungskosten durch. Mit Änderungsbescheid vom 22. Februar 2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin daraufhin rückwirkend Leistungen der Hilfe zur Pflege gemäß § 61 SGB XII wie folgt: Heimkosten ab dem 1. Dezember 2006 täglich 62,89 €, ab 1. Januar 2007 täglich 62,97 € und Barbetrag monatlich 90 €, ab 1. Januar 2007 monatlich 93,15 €. Der Leistungsgewährung legte die Beklagte sodann ab dem 1. Dezember 2006 und dem 1. März 2007 folgende einzusetzenden Einkünfte zugrunde: Altersrente monatlich 217,14 €, Witwenrente bis zum 1. Februar 2007 1.156,24 €, ab dem 1. März 2007 693,75 € und ZVK-Rente monatlich 130 €. Unter dem 21. März 2007 ließ die Klägerin hiergegen Widerspruch erheben.
Mit Bescheid vom 14. März 2007 berechnete die Deutsche Rentenversicherung Bund die große Witwenrente der Klägerin ab dem 1. April 2007 neu; der monatliche Zahlbetrag belief sich nunmehr auf 691,45 €. Daraufhin berechnete auch die Beklagte die der Klägerin gewährten Leistungen zur Pflege mit Bescheid vom 21. Mai 2007 rückwirkend auf den 1. April 2007 neu und bewilligte nunmehr für die Zeit ab dem 1. Mai 2007 Hilfe zur Pflege in Form von Heimkosten in Höhe von täglich 63, 32 € und einen monatlichen Barbetrag von 93,15 €.
Auch gegen diesen Bescheid ließ die Klägerin am 29. Mai 2007 Widerspruch erheben.
Zur Widerspruchsbegründung hieß es im Schriftsatz vom 16. Juli 2007, die angefochtenen Bescheide litten unter formellen Mängeln und seien auch materiell-rechtlich nicht fehlerfrei. Der Klägerin seien Grundsicherungsleistungen nur in Höhe von monatlich 276 € zuerkannt worden; als alleinstehende Person habe sie aber den Haushaltsvorstandsregelsatz von 345 € zu erhalten. Außerdem seien die Kosten der Unterkunft unzulässig pauschaliert worden. Im Bereich der Einkommensanrechnung frage sich schließlich, ob bei der Klägeri...