Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheitsprüfung. schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers. Datenerhebung und -auswertung. Nachprüfbarkeit. Notwendigkeit der Definierung des Begriffs des einfachen Standards von Wohnungen bzw des einfachen Wohnungssegments
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft hat der Leistungsträger ein schlüssiges Konzept aufzustellen.
2. Legt der Leistungsträger im Rahmen der Auswertung des Wohnungsmarktes lediglich Wohnungen des sogenannten einfachen Wohnungssegments zugrunde, muss er zwingend definieren, was er unter dem einfachen Segment versteht.
3. Es ist zu gewährleisten, dass die Wohnungslisten keine Wohnungen enthalten, welche die Standards des SGB 2-relevanten einfachen Wohnungssegments unterschreiten.
Tenor
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft mit einer Grundmiete in Höhe von 227,42 € zu gewähren.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Kosten der Unterkunft und hierbei die Übernahme der Kosten seiner Grundmiete in tatsächlicher Höhe.
Der 1953 geborene Antragsteller erhält seit dem 01.01.2005 Leistungen nach dem SGB II und wohnt ausweislich der Mietbescheinigung seines Vermieters vom 19.05.2010 allein in einer 47,63 m² großen Wohnung, welche mit einer monatlichen Grundmiete von 227,42 € und einer Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 61,50 € verbunden ist (Bl. 292 Verwaltungsakte). Des Weiteren zahlt der Antragsteller monatlich 15,00 € für Wasser sowie 16,00 € für Heizkosten (Bl. 290 Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 10.03.2010 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2010 bis 30.06.2010 in Höhe von 666,00 €. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einer Regelleistung in Höhe von 359,00 € sowie aus Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 307,00 € (Bl. 260 Verwaltungsakte).
Am 30.04.2010 stellte die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers einen Überprüfungsantrag hinsichtlich aller bestandskräftigen Leistungsbescheide innerhalb des Vier-Jahres-Zeitraums hinsichtlich der Kosten der Unterkunft. Der Antragsteller begehre die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft. Diese würden sich ausweislich der Mietbescheinigung zusammensetzen aus einer Grundmiete in Höhe von 227,42 € sowie einer Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 61,50 €. Diese Kosten würden unterhalb der Grenze des § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) bei einem Einpersonenhaushalt und der Mietstufe III liegen und seien daher übernahmefähig (Bl. 275 f. Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 25.05.2010 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.07.2010 bis 31.12.2010 in Höhe von monatlich 629,86 €. Dieser Gesamtleistungsbetrag setzt sich zusammen aus einer Regelleistung in Höhe von 359,00 € sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 270,86 €. Im Rahmen der Anmerkungen zum Bescheid wird ausgeführt, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung bislang als Pauschalen berücksichtigt worden seien. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) werde die Antragsgegnerin ab dem 01.07.2010 die tatsächlichen Unterkunftskosten berücksichtigen, soweit diese angemessen seien. Die Angemessenheit der Grundmiete, Betriebs- und Heizkosten orientiere sich an Grenzwerten. Datengrundlagen für diese Grenzwerte seien hinsichtlich der Grundmiete der grundsicherungrelevante Mietspiegel der Stadt A-Stadt, hinsichtlich der Betriebskosten der Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes sowie hinsichtlich der Heizkosten der Heizspiegel des Deutschen Mieterbundes und co2online (Bl. 296 Verwaltungsakte). Ausweislich einer Übersicht der Antragsgegnerin vom 25.05.2010 ging diese u.a. von einer übernahmefähigen Grundmiete von 195,80 € aus (Bl. 298 Verwaltungsakte).
Am 07.06.2010 legte die Prozessbevollmächtigte gegen den Bescheid vom 25.05.2010 Widerspruch ein. Es seien Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 321,13 € zu bewilligen. Dieser Betrag setze sich zusammen aus der Grundmiete in Höhe von 227,42 €, den Betriebskosten in Höhe von 61,50 € zuzüglich Wasser gegenüber den Städtischen Werken in Höhe von 19,00 Euro und Heizkosten abzüglich der Warmwasserpauschale in Höhe von 13,21 € (Bl. 299 f. Verwaltungsakte).
Ausweislich eines Vermerks der Antragsgegnerin vom 08.06.2010 sei der Widerspruch insoweit abzuändern als weitere Kosten der Unterkunft für den Kabelanschluss in Höhe von 10,97 €, also insgesamt Kosten der Unterkunft und Kosten der Heizung in Höhe von 281,83 €, zu bewilligen seien. Dieser Betrag setze sich zusammen aus der auf die angemessenen Kosten begrenzten Grundmiete in Höhe von 195,80 €, Nebenkosten in Höhe von 76,50 € ...