Entscheidungsstichwort (Thema)
Genehmigungsfiktion des Leistungsantrags eines Versicherten bei nicht rechtzeitiger Bescheidung durch die Krankenkasse
Orientierungssatz
1. Versäumt die Krankenkasse bei einem Leistungsantrag des Versicherten die Bescheidungsfrist des § 13 Abs. 3a SGB 5, ohne schriftlich einen hinreichenden Grund für die Verzögerung mitzuteilen, so gilt die beantragte Leistung als genehmigt.
2. Der Anspruch des Versicherten aufgrund der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB 5 ist nicht auf eine Kostenerstattung beschränkt, sondern erfasst auch die Verpflichtung der Krankenkasse zur Gewährung der beantragten Sachleistung.
3. Durch die Fiktion der Genehmigung ist die Leistungsberechtigung des Versicherten wirksam verfügt und die Krankenkasse mit allen Einwendungen ausgeschlossen.
Tatbestand
Die am 03.08.64 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Bei der Klägerin liegt ein Zustand nach Magenbypass-Operation 2009 mit Revision 2012 vor. Unter dem 08.03.2015, eingegangen bei der Beklagten am 12.03.2015, beantragte die Klägerin die Kostenübernahme für eine stationäre Behandlung in Gestalt zirkulärer Dermofettresektion (modifiziertes Bodylift nach Lockwood) mit T-Schnitt, Oberschenkelrekonstruktion beidseits, Brust- und lateraler Thoraxstraffung beidseits und Oberarmrekonstruktion beidseits. Sie nahm Bezug auf eine ärztliche Bescheinigung des Dr. XX vom 05.02.2015. Unter dem 13.03.2015 führte die Beklagte gegenüber der Klägerin aus:
“[…]Ihren Antrag auf Körperstraffung im St. L. Krankenhaus XX haben wir erhalten.
Für eine Weiterleitung an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) benötigen wir weitere medizinische Unterlagen:
Ärztliches Attest vom behandelnden Arzt
Vorgeschichte: Indikation, Datum, Krankenhausentlassungsbericht, MDK - Vorgutachten
Angabe der Behandlungen in den letzten 6-12 Monaten (Zeitangabe und Therapieverlauf) z.B. Hilfsmittelverordnung, Reha-Sport etc.
Zeitpunkt, Häufigkeit von Hausarzt-/Facharztbehandlungen, insbesondere Hautarztbehandlungen
Fotodokumentation und Angabe der BH-Größe
Für weitere Fragen stehen wir Ihnen unter der oben genannten Rufnummer selbstverständlich gerne zur Verfügung. […]„
Die Klägerin legte die begehrten Unterlagen vor. Unter dem 29.04.2015 führte Fr. XX vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) gutachterlich aus, es seien vorliegend die medizinischen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nicht erfüllt. Mit Bescheid vom 05.05.2015 lehnte die Beklagte dem folgend den Antrag der Klägerin ab. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 02.06.2015 Widerspruch ein.
Die Klägerin hat am 12.06.2015 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben.
In der mündlichen Verhandlung am 10.11.2015 hat das Gericht den Rechtsstreit bis zum Abschluss des bei der Beklagten noch anhängigen Vorverfahrens ausgesetzt. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2015 hat die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.
Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Der Anspruch bestehe bereits aus § 13 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Beklagte habe vorliegend die Frist von fünf Wochen nicht eingehalten und die Klägerin hierüber zu keinem Zeitpunkt informiert. Insbesondere erfülle das Schreiben der Beklagten vom 13.03.2015 nicht die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V. § 13 Abs. 3a SGB V sei nicht auf Erstattungsansprüche begrenzt. Der über § 13 Abs. 3a SGB V fingierte Sachleistungsanspruch sei nicht auf notwendige Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung beschränkt. Mit Einwendung dergestalt, dass es sich um eine medizinisch nicht notwendige Behandlung handelte, sei die Beklagte ausgeschlossen. Auf das Vorliegen eines vollständigen Antrags komme es nicht an.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Bescheid der Beklagten vom 05.05.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin stationäre Behandlung in Gestalt zirkulärer Dermofettresektion (modifiziertes Bodylift nach Lockwood) mit T-Schnitt, Oberschenkelrekonstruktion beidseits, Brust- und lateraler Thoraxstraffung beidseits und Oberarmrekonstruktion beidseits als Sachleistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide sowie der eingeholten Stellungnahme. Ergänzend trägt sie vor: Ein vollständiger Antrag sei erst am 15.04.2015 bei der Beklagten eingegangen. Sie habe dann innerhalb von fünf Wochen hierüber entschieden und den Bescheid vom 05.05.2015 auch innerhalb von fünf Wochen ab Eingang des vollständigen Antrags der Klägerin bekanntgegeben. Anspruch auf Kostenerstattung bestehe auch nach Ablauf der Fünf-Wochen-Frist nur, wenn sich der Versicherte nach Ablauf der Frist die Leistung selbst beschaffte. Dies sei bislang nicht geschehen. Das Begehren müsse sich darüber hinaus auf eine grundsätzlich von der Kasse innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung geschuldete und dem ...