Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfungsverfahren. Sozialversicherungspflicht. Anfrageverfahren nach § 7a SGB 4. aufschiebende Wirkung. sozialgerichtliches Verfahren
Orientierungssatz
Da die Entscheidungskompetenz der Deutschen Rentenversicherung Bund gemäß § 7a SGB 4 nicht lediglich auf die Feststellung einer Beschäftigung begrenzt ist, sondern das Statusfeststellungsverfahren in vollem Umfang inhaltsgleich und gleichwertig neben die Verfahren nach § 28h SGB 4 und § 28p SGB 4 tritt (vgl BSG vom 11.3.2009 - B 12 R 11/07 R = BSGE 103, 17-27 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2 und vom 4.6.2009 - B 12 R 6/08 R = USK 2009-72), kann sich die aufschiebende Wirkung gemäß § 7a Abs 7 SGB 4 nicht nur auf das Statusfeststellungsverfahren beschränken, sondern muss auch für das Betriebsprüfungsverfahren nach § 28p SGB 4 gelten.
Tenor
I. Es wird festgestellt, dass der mit Schreiben vom 18.02.2010 erhobene Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 12.02.2010 aufschiebende Wirkung hat.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 15.320,96 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 45.962,87 EUR streitig.
Die Antragstellerin (Ast.) ist eine Baufirma, die sich auf Akustik- und Trockenbau spezialisiert hat.
Auf Veranlassung des Hauptzollamtes (HZA) Landshut prüfte das HZA Augsburg, Finanzkontrolle Schwarzarbeit, am ...2009 die Baustelle U.straße ...,.A., gemäß §§ 2 ff Schwarzarbeitergesetz (SchwarzArbG). Es wurden dort 3 ungarische Bauarbeiter angetroffen. Aufgrund von Verständnisschwierigkeiten wurde zunächst von der Fortführung der Prüfung abgesehen. Am nächsten Tag wurden die Bauarbeiter mit Hilfe eines Dolmetschers befragt. Bei der Befragung ergaben sich Anhaltspunkte für eine Scheinselbständigkeit. Daraufhin wurde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Im Anschluss daran wurden die drei ungarischen Bauarbeiter nach Belehrung als Betroffene vernommen.
Aus der Vernehmungsniederschrift des S. F. ergibt sich, dass der Bauarbeiter nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügte und daher ein Dolmetscher beigezogen wurde. Er sei in Ungarn seit einem halben Jahr arbeitslos gewesen. Nach Deutschland sei er am 17. oder 19.11.2008 eingereist, um eine Arbeit aufzunehmen. Er habe die Arbeitsstelle von seinem Bruder T. vermittelt bekommen, der bereits bei der Ast. tätig gewesen sei. Er führe Isolierungs- und Trockenbauarbeiten aus. Vor der Arbeitsaufnahme habe er ein Gewerbe angemeldet. Er habe dies auf Veranlassung von seinem Chef M. I. von der Ast. gemacht. Dieser habe ihm auch bei der Gewerbeanmeldung geholfen. Er und seine Kollegen wohnten zusammen in der D ...straße 22a in B ... Er zahle für die Wohnung 250 EUR; Verpflegung müsse er auch selbst tragen. Er sei in Ungarn krankenversichert. Bei der Gewerbeanmeldung sei ihm auch von der Ehefrau des M., der Geschäftsführerin der Ast. L. I., geholfen worden. Er betreibe keine Werbung für seine Firma. Er habe auch keine Buchführung. Die Ast. sei der einzige Auftraggeber. Die Kollegen und er würden die Firmenfahrzeuge der Ast. nutzen. Wenn sie die Bauarbeiten auf der jetzigen Baustelle beendet haben, suche der M. eine neue Baustelle für sie. Sie würden von Montag bis Freitag, gelegentlich auch samstags jeweils von 8:00 bis 18:00 arbeiten. Sämtliche Arbeitsanweisungen würden sie von ihrem Chef M. erhalten. Die Kontrolle der Arbeitsleistung würde ebenfalls von ihm durchgeführt. Für die Krankentage erhalte er keinen Lohn. Er erhalte einen Arbeitslohn von 19 EUR bzw. 25 EUR pro qm verlegte Platten. Er habe einen in deutscher Sprache verfassten Arbeitsvertrag unterschrieben. Er sei von seinem Chef angewiesen worden, die Arbeitskleidung der Ast. zu tragen. Kündigen dürfe er nicht. Die Haftung würden die Arbeiter als auch der Chef tragen. Sämtliche Versicherungen würden über seinen Chef laufen. Bis auf sein eigenes Kleinwerkzeug werde sämtliches Werkzeug und Baumaterial von der Ast. gestellt. Zwischen ihm und einem Arbeitnehmer der Ast. gebe es keinen Unterschied.
Die Vernehmungen der weiteren Bauarbeiter N. T. und T. K. ergaben im Wesentlichen dasselbe.
Die Ermittlungsverfahren gegen die drei Bauarbeiter wurden mit Bußgeldbescheiden vom 23. und 24.02.2009 abgeschlossen. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen wurde gegen zwei Bescheide von den Betroffenen Einspruch eingelegt. Die Bußgeldbescheide wurden hinsichtlich der Höhe der Geldbuße abgeändert aber ansonsten bestätigt. Die Bußgeldbescheide sind rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 19.03.2009 wandte sich das HZA Landshut an die Antragsgegnerin (Ag.) mit der Bitte um Beurteilung, ob es sich bei den drei ungarischen Bauarbeitern um Arbeitnehmer der Ast. handle. Die Ag. äußerte daraufhin mit Schreiben vom 25.03.2009, dass die Bauarbeiter dem Personenkreis der abhängig Beschäftigten zuzuordnen seien. Es bestehe bei den Verantwortlichen der Ast. der begründete Verdacht des Vorenthaltens und Veruntreuens von A...