Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Kurierfahrers. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit. Abgrenzung
Leitsatz (amtlich)
Ein Kurierfahrer, der mit seinem eigenen PKW Fahrten im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber vornimmt, ist abhängig und damit sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Tenor
I. Der Bescheid vom 03.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.04.2008 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, festzustellen, dass der Kläger im Zeitraum 05.08.2006 bis 15.10.2006 bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt gewesen ist und der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlegen hat.
III. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Streitig ist eine Statusentscheidung.
Der 1950 geborene Kläger war auf Grund eines Vertrages vom 05.08.2006 seit diesem Zeitpunkt als Post- und Paketzusteller für die C... tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung im September 2006 zum 15.10.2006 gegen Zahlung eines Abstands. Das Verfahren vor dem Arbeitsgericht Leipzig (Az.: 15 CA 5055/06) endete im Vergleichsweg durch Zahlung von 2.500,00 €.
Am 30.09.2006 beantragte der Kläger eine Statusfeststellung. Er sei versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Die Arbeitgeberin habe ihn angewiesen, ein Gewerbe anzumelden. Wegen arbeitsvertraglichen Verbots habe er keine weiteren Auftraggeber gehabt. Weder habe er Beschäftigte eingestellt, noch Werbung betrieben oder sei als Unternehmer auf dem Markt in Erscheinung getreten. Vielmehr habe er eine Firmenuniform tragen und Weisungen des Unternehmens befolgen müssen, die ihm Arbeitszeit und -ort vorgegeben habe. Auch nach anliegendem Schreiben des Finanzamts G... vom 18.09.2006 liege keine selbstständige Tätigkeit vor.
Laut Feststellungsbogen vom 30.09.2006 habe sein einziger Auftraggeber Einsatzgebiet und Aufgaben festgelegt. Die Einstellung von Vertretern sei von dessen Zustimmung abhängig gewesen. Er habe Arbeiten am Betriebssitz vorgenommen und regelmäßige Arbeitszeiten gehabt.
Nach einer Einspruchsentscheidung des Finanzamts G... vom 10.10.2006 ist der Kläger mangels unternehmerischer Tätigkeit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Nach Anhörung vom 29.03.2007 stellte die Beklagte durch Bescheid vom 03.05.2007 fest, dass der Kläger vom 05.08.2006 bis 15.10.2006 als Post- und Paketzusteller selbstständig tätig sei. Nach den vertraglichen Regelungen liege keine Eingliederung in das Unternehmen seines Auftraggebers vor. Da dieser kein einseitiges Direktionsrecht ausübe, bestehe kein persönliches Abhängigkeitsverhältnis.
Hiergegen legte der Kläger am 30.05.2007 Widerspruch ein. Er sei sowohl in den Betrieb seines “Arbeitgebers„ eingegliedert gewesen als auch dessen Weisungen unterworfen, weshalb er als sogenannter “Scheinselbstständiger„ beurteilt werden müsse. Dies ergebe sich ferner aus den Bescheiden des Finanzamts G...
Durch Widerspruchsbescheid vom 02.04.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ausweislich des Vertrages vom 05.08.2006 hätte er auch Erfüllungsgehilfen zur Auftragserledigung einsetzen können. Er habe sein eigenes Kraftfahrzeug zur Ausübung seiner Tätigkeit benutzt und hätte für selbst verursachte Personen-, Sach- und Vermögensschäden haften müssen. Ohne Weisungen des Auftraggebers zu unterliegen, hätte er auch für andere Auftraggeber, außer direkten Wettbewerbern, tätig werden können. Die steuerrechtlichen Feststellungen zur ausgeübten Tätigkeit seien für die Sozialversicherungsträger nicht rechtsverbindlich, sondern könnten allenfalls als Indiz gewertet werden. Da der Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Leipzig durch Vergleich beendet worden sei, könne - mangels Entscheidung in der Sache - hieraus nicht auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis geschlossen werden.
Der Kläger hat am 05.05.2008 Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben und zugleich Prozesskostenhilfe beantragt, die ihm das Gericht durch Beschluss vom 27.08.2008 bewilligt hat.
Zur Begründung macht der Kläger geltend: Sein Auftraggeber habe ihn in die Scheinselbstständigkeit gedrängt. Abgesehen von seiner auf Veranlassung der Beigeladenen zu 1) vorgenommenen Gewerbeanmeldung weise seine Tätigkeit keine Merkmale unternehmerischen Handelns auf, zumal er auch am Markt wie ein Angestellter aufgetreten sei. Eine “Gewinnerzielungsabsicht„ im Sinne unternehmerischen Handelns habe nicht vorgelegen, hiergegen spreche bereits die geringe Vergütung. Weder habe er eigene Arbeitnehmer angestellt, noch Werbung für sich betrieben. Nach außen hin sei er durch eine “Uniform„ des “....„ als deren Angestellter aufgetreten, ebenso durch die Verpflichtung, sein Kraftfahrzeug mit einem “....„-Logo zu versehen. Die Höhe der Einnahmen sei von ihm nicht beeinflussbar gewesen, zumal im der Auftraggeber Anweisungen zur Rechnungslegung erteilt habe. Dieser habe ihm Arbeitszeit und Aufgabengebiet vorgegeben. So habe er die Postzustellung für B... vornehmen müssen. Hierfür sei er je...