Entscheidungsstichwort (Thema)
Entstehen der Erledigungsgebühr bei qualifizierter anwaltlicher Mitwirkung des Rechtsanwalts
Orientierungssatz
Die Erledigungsgebühr nach Nr. 1005, 1006 VV RVG fällt auch dann an, wenn sich der Anwalt mit seinem Mandanten auseinandersetzt und überzeugend auf ihn einwirkt, sich mit einem Weniger zufrieden zu geben, als dieser ursprünglich begehrt hat. In der Vermeidung eines weitergehenden Verfahrens liegt der besondere Erfolg des Anwalts, der durch die Erledigungsgebühr zusätzlich honoriert werden soll. Sie fällt ebenso an, wenn der Anwalt den Rahmen seiner Mitwirkungspflicht überschreitet und hierdurch eine unstreitige Erledigung des Rechtssache mit herbeiführt.
Tenor
Auf die Erinnerungen des Erinnerungsführers vom 18. Juni 2009 und vom 12. August 2009 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 11. Juni 2009 - S 13 R 498/07 - geändert und der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 24. Juli 2009 - S 13 R 498/07 - aufgehoben. Die dem Erinnerungsführer aus der Staatskasse zu gewährende Prozesskostenhilfevergütung wird endgültig auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 547,40 € festgesetzt; bereits geleistete Zahlungen sind dabei in Abzug zu bringen.
Im Übrigen wird die Erinnerung vom 18. Juni 2009 zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.
Gründe
Der Erinnerungsführer macht als beigeordneter Rechtsanwalt einen Anspruch auf Festsetzung einer (höheren) Vergütung aus Prozesskostenhilfemitteln der Staatskasse für ein rentenrechtliches Klageverfahren vor dem Sozialgericht Lüneburg geltend. In diesem Verfahren stritten die dortigen Beteiligten um die Rechtmäßigkeit eines Verrechnungsbescheides. Das Verfahren endete durch die Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen. Streitig ist im vorliegenden Erinnerungsverfahren, in welchem Umfang die Verfahrensgebühr in die Berechnung des Gesamtvergütungsanspruches einzustellen und ob eine Erledigungsgebühr entstanden und zu berücksichtigen ist.
Die Erinnerung hat im tenorierten Umfang Erfolg, im Übrigen bleibt sie erfolglos.
Der im Wege der Gewährung von Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt ist im Verfahren über die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung aus Prozesskostenhilfemitteln (neben der Staatskasse) gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) allein erinnerungsbefugt (vgl. etwa Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 56, Rdn. 6); das Rubrum war dementsprechend von Amts wegen zu berichtigen.
Die danach gemäß § 56 Abs. 1 RVG gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 11. Juni 2009 und vom 24. Juli 2009 - S 13 R 498/07 - erhobenen Erinnerungen des Erinnerungsführers vom 18. Juni 2009 und vom 12. August 2009 sind zulässig und im tenorierten Umfang auch begründet.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die aus der Staatskasse zu gewährende Prozesskostenhilfevergütung zu Unrecht lediglich auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 321,30 € festgesetzt, weil er die Entstehung der Erledigungsgebühr zu Unrecht verneint hat.
Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch des Erinnerungsführers ist § 45 Abs. 1 RVG. Danach hat der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt in Verfahren vor Gerichten eines Landes Anspruch auf die gesetzliche Vergütung aus der Landeskasse. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Zwar gilt Satz 4 der Vorschrift nicht, wenn es sich - wie hier - um ein Verfahren handelt, in dem um die Höhe des Prozesskostenhilfevergütungsanspruches gestritten wird, weil die Staatskasse nicht Dritter, sondern Vergütungsschuldner ist. Dennoch findet zu ihren Gunsten eine Billigkeitskontrolle statt (Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 55, Rdn. 29). Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, - L 1 B 320/05 SF SK, zitiert nach juris). Die Aufzählung der Bemessungskriterien in § 14 Abs. 1 S. 1 RVG ist nach dem Wortlaut der Vorschrift (“vor allem") nicht abschließe...