Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenhaus. ambulante Behandlung in Notfallambulanz. Abzug in Höhe von 10 Prozent ist zulässig. keine Regelung in den Honorarverteilungsvorschriften einer Kassenärztlichen Vereinigung als Voraussetzung für den Abschlag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Abzug in Höhe von 10% von der Vergütung eines Krankenhauses für ambulante Notfallbehandlungen von gesetzlich krankenversicherten Patienten ist in entsprechender Anwendung von § 120 Abs 3 S 2 SGB V zulässig.

2. Dieser Abschlag setzt keine Regelung in den Honorarverteilungsvorschriften der Kassenärztlichen Vereinigung voraus.

 

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der verbundenen Verfahren.

Der Streitwert der verbundenen Verfahren wird auf 10.620,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich in den verbundenen Verfahren gegen einen Abschlag von 10%, den die Beklagte bei der Festsetzung der Vergütung für ambulante Behandlungen in der Notfallambulanz der Klägerin jeweils in den Quartalen 2/2011, 3/2011 und 1/2012 vorgenommen hatte.

Die Klägerin betreibt im Bereich der Beklagten in A. ein zur Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenes Krankenhaus, welches in den ab 2011 geltenden Krankenhausplan aufgenommen worden war. Für die ambulante Notfallbehandlung rechnete die Klägerin in den Quartalen 2/2011, 3/2011 und 1/2012 die Gebühren nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) 01210 ff. des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (EBM) ab. Von der hierfür angeforderten Vergütung setzte die Beklagte (nach Angaben der Klägerin) im Honorarbescheid vom 24. Oktober 2011 für das 2. Quartal 2011 (ca.) 3.912,00 Euro, im Honorarbescheid vom 31. Januar 2012 für das 3. Quartal 2011 (ca.) 3.622,00 Euro und im Honorarbescheid vom 24. Juli 2012 für das 1. Quartal 2012 (ca.) 3.086,00 Euro ab.

Dagegen legte die Klägerin am 10. November 2011 (2/2011), am 16. Februar 2012 (3/2011) und am 1. August 2012 (1/2012) Widerspruch ein. Die Kürzung sei nicht ausdrücklich ausgewiesen, die Beklagte kürze aber rechnerisch die im EBM angesetzte Vergütung für die Erbringung von Notfallleistungen jeweils um 10% und stütze dies wohl auf den in § 120 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) geregelten Investitionskostenabschlag von der Vergütung öffentlich geförderter Krankenhäuser. Dieser Abzug sei rechtswidrig, weil die Vorschrift nicht auf die erbrachten Leistungen habe angewendet werden dürfen. Zudem weise der EBM für die im Notfalldienst in Krankenhäusern erbrachten ambulanten Leistungen eigene Vergütungsvorschriften auf, die nicht zugleich für die niedergelassenen Vertragsärzte gelten. Der Abzug eines Investitionskostenabschlages benachteilige sie, weil die geltend gemachten Gebühren überhaupt keinen Investitionskostenanteil enthielten, so dass es nicht zu einer Doppelfinanzierung kommen könne.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 22. März 2012 (2/2011), vom 14. Juni 2012 (3/2011) und vom 20. September 2012 (1/2012) wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Zur Begründung führte sie aus, die in den GOP 01210, 01214, 01216 und 01218 vorgesehenen Notfallpauschalen zur Vergütung ambulant erbrachter Leistungen träfen ausdrücklich keine Unterscheidung danach, welcher Arzt die Leistungen erbracht habe, sondern sähen sowohl für die im organisierten Notfalldienst tätigen Vertragsärzte, als auch für die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Institute und Krankenhäuser einheitliche Punkte vor. Das Bundessozialgericht (BSG) habe es in seiner Entscheidung vom 17. September 2008 (B 6 KA 46/07 R) für zulässig erachtet, bei der Vergütung von Leistungen, die in einem Notfall bei gesetzlich krankenversicherten Patienten von Krankenhäusern ambulant erbracht wurden, einen Abschlag von 10% vorzunehmen, auch wenn solche Leistungen grundsätzlich in der Höhe zu vergüten seien, in der auch zugelassene Vertragsärzte bzw. ermächtigte ärztliche Einrichtungen honoriert würden. Zulässig sei der pauschale Abschlag deshalb, weil sich aus § 120 Abs. 3 Satz 2 SGB V der allgemeine Rechtsgedanken ableite, die Kostenstruktur öffentlich geförderter Krankenhäuser rechtfertige einen Abzug von der Vergütung. Dem folgend habe sie die von der Klägerin angeforderte Vergütung für die Leistungen nach den GOP 01210, 01214, 01216 und 01218 EBM um 10% gekürzt.

Die Klägerin hat sich mit den am 23. April 2012 (S 1 KA 44/12 bezüglich des 2. Quartals 2011), am 9. Juli 2012 (S 1 KA 91/12 bezüglich des 3. Quartals 2011) und am 11. Oktober 2012 (S 1 KA 143/12 bezüglich des 1. Quartals 2012) erhobenen Klagen, die die Kammer mit Beschluss in der mündlichen Verhandlung vom 2. September 2015 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, gegen die mit Abschlag versehene Vergütung der GOP 01210, 01214, 01216 und 01218 EBM gewandt. Sie hat die Gründe aus dem Widerspruch vorgetragen und ergänzend ausgeführt, das BSG habe geklärt, dass gesetzlich Krankenversicherte im Notfall auch nicht zur vertragsärztlichen ...

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