Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Einpersonenhaushalt im Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt. Angemessenheitsprüfung. kein schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers. Nachbesserung. Berücksichtigung des Ursprungskonzepts. fehlerhafte Vergleichsraumbildung. Ghettobildung
Leitsatz (amtlich)
1. Handelt es sich bei einem Konzept um die Nachbesserung eines für unschlüssig erklärten Konzepts, so kann das Ursprungskonzept für die Beurteilung des nachgebesserten Konzepts ergänzend herangezogen werden; dies ergibt sich aus dem Charakter einer Nachbesserung.
2. Die Vergleichsraumbildung ist fehlerhaft, wenn sie zu einer Ghettobildung führt.
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 04.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 01.12.2017, 18.01.2018, 24.08.2018, 12.09.2018 wird dahingehend abgeändert, dass der Beklagte der Klägerin weitere Leistungen nach dem SGB II in Höhe von jeweils 60,90 EUR monatlich für die Monate September 2017 bis Dezember 2017 und Februar 2018 bis Juli 2018, in Höhe von 12,77 EUR für den Monat Januar 2018 und in Höhe von 56,40 EUR für den Monat August 2018 zu gewähren hat.
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung (KDU) für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 31.08.2018.
Die am ... 1956 geborene, alleinlebende Klägerin bewohnte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum eine seit dem 01.10.2014 von ihr angemietete 58 m² große mittels Gas beheizte Erdgeschoßwohnung in Ballenstedt in einem Haus mit einer Gesamtgebäudefläche von 230 m². Die Warmwasseraufbereitung erfolgt zentral. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum betrug die Bruttokaltmiete monatlich 328,40 EUR, die Heizkosten zunächst bis zum 30.11.2017 monatlich 58 EUR, ab dem 01.01.2018 55 EUR monatlich. Im Monat Dezember 2017 wurde vom Gasversorger der Klägerin eine Heizkostengutschrift i.H.v. 48,13 EUR mit dem für Dezember 2017 zu zahlenden Abschlag i.H.v. 55 EUR verrechnet.
Mit Kostensenkungsaufforderung vom 24.02.2017 wies der Beklagte darauf hin, dass die seiner Meinung nach angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung überschritten seien. Die angemessene Bruttokaltmiete betrage 267,50 EUR monatlich. Die Klägerin erhielt Gelegenheit, bis spätestens 20.04.2017 ihre Bemühungen zur Kostensenkung nachzuweisen; nach Ablauf der Frist werde der Beklagte nur noch die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung übernehmen. Mit weiterem Schreiben vom 13.06.2017 teilte der Beklagte mit, er werde ab dem 01.09.2017 nur noch die angemessenen Kosten der Unterkunft gewähren.
Mit Bescheid des Beklagten vom 04.09.2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 01.12.2017, 18.01.2018, 24.08.2018 und 12.09.2018 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 31.08.2018. Hierbei wurde für den Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 31.07.2018 eine Bruttokaltmiete i.H.v. 267,50 EUR monatlich und für den Monat August 2018 eine Bruttokaltmiete i.H.v. 272 EUR berücksichtigt. Die Heizkosten wurden in jeweils monatlich tatsächlicher Höhe berücksichtigt.
Bereits am 14.09.2017 hatte die Klägerin gegen den Bescheid vom 04.09.2017 Widerspruch eingelegt, der mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2017 zurücküberwiesen worden war.
Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer am 07.12.2017 erhobenen Klage, mit der sie geltend macht, die Kosten der Unterkunft und Heizung seien vollständig zu übernehmen. Das von dem Beklagten angewandte KDU-Konzept sei unschlüssig.
Die Klägerin beantragt,
das beklagte Jobcenter unter Änderung des Bescheides vom 04.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2017 zu verurteilen, der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu bewilligen und zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat sich für seine Entscheidung zunächst auf ein im Jahre 2016 erstelltes und im Jahr 2018 fortgeschriebenes KDU-Konzept gestützt. Dieses wurde im Jahre 2020 nachgebessert, worauf sich der Beklagte nunmehr stützt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, das dem Gericht vorliegende KDU-Konzept 2016 mit der Fortschreibung 2018 und das dem Gericht vorliegende für diese Zeiträume nachgebesserte Konzept aus dem Jahr 2020, sowie die Verwaltungsakten des Beklagten, die zur Entscheidungsfindung vorlagen, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die angefochtenen Bescheide sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, als nicht die vollständigen Kosten der Unterkunft bewilligt wurden.
Die Klägerin hat - unter Berücksichtigung der im Dezember 2017 vom Gasversorger vorgenommenen Verrechnung des Heizkost...