Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzgeldanspruch. Höhe. Nettoarbeitsentgelt. sittenwidriges Arbeitsentgelt. untertarifliche Bezahlung. Bemessung nach dem üblicherweise gezahlten Tariflohn
Orientierungssatz
Der Insolvenzgeldanspruch eines Arbeitnehmers, der ein Arbeitsentgelt erhalten hat, das unter der Zwei-Drittel-Grenze eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten tariflichen Arbeitsentgelts liegt und somit nach arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung im auffälligen Missverhältnis zur Arbeitsleistung steht (vgl BAG vom 22.4.2009 - 5 AZR 436/08 = BAGE 130, 338 = AP Nr 64 zu § 138 BGB), ist nach dem üblicherweise gezahlten Tariflohn zu bemessen.
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 16.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2014 wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Insolvenzgeld für November 2012 in Höhe von 1.421,99 € zu bewilligen und auszuzahlen.
2. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um höheres Insolvenzgeld für den Monat November 2012.
Der 1963 geborene Kläger war als Maurer bei der Firma …….Hoch- und Sanierungsbau GmbH in ………. beschäftigt. Ausweislich der Lohn- und Gehaltsabrechnung aus der Verwaltungsakte der Beklagten war der Kläger unter der Personalnummer 37 seit dem 04.10.2011 (Blatt 14 Verwaltungsakte) bei der Firma ……. tätig. Ausweislich der entsprechenden Gehaltsabrechnung war die Steuerklasse G (geringfügige Beschäftigung) ausgewiesen. Unter der Personalnummer 97 war der Kläger seit dem 01.12.2012 in der Firma ……… tätig.
Mit Schreiben vom 31.01.2013 wurde dem Kläger zum 31.01.2013 gekündigt. Zugleich bestätigte die Firma ……… Bau GmbH, dass der Kläger für die Monate November 2012 bis einschließlich Januar 2013 keinen Lohn erhalten habe.
Nach dem am 27.09.2013 der Insolvenzantrag der ……. Bau GmbH mangels Masse abgewiesen wurde, beantragte der Kläger am 14.10.2013 Insolvenzgeld bei der Beklagten zunächst für die Monate November 2012 bis Februar 2013. Er machte ein nicht gezahltes Entgelt in Höhe von 6.374,- € geltend.
Auf Anforderung der Beklagten legte er mit anwaltlichem Schreiben vom 11.04.2014 Gehalts- und Lohnabrechnungen für die Monate November 2012 (396,80 € netto), Dezember 2012 (1.420,40 € netto) und Januar 2013 (1.185,35 € netto) vor.
Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 16.04.2014 unter Zugrundelegung der genannten Beträge Insolvenzgeld in Höhe von 3.002,55 €. Auf den November 2012 entfiel dabei ein Betrag von 396,80 €.
Am 25.04.2014 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid im Hinblick auf die Bewilligung von Insolvenzgeld für den November 2012. Er habe in diesem Monat voll und nicht nur die auf der Lohn- und Gehaltsabrechnung für den November 2012 angegebenen 35,75 Stunden gearbeitet. Die Abrechnung sei fehlerhaft. Zeugen könnten dies bestätigen.
Nachdem eine von der Beklagten angeforderte Bescheinigung über höhere Bezüge im November 2012 nicht vorgelegt wurde bzw werden konnte, benannte der Kläger Zeugen für die tatsächlich geleistete Arbeit. Er habe gleich lang wie seine Kollegen gearbeitet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Ausweislich der Abrechnung für den November 2012 bestehe lediglich ein Anspruch auf Insolvenzgeld in Höhe von 396,80 €.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 8. Juli 2014 zum Sozialgericht Mainz erhobenen Klage. Zur Begründung verweist er auf die benannten Zeugen und vertieft die Begründung aus dem Widerspruchsverfahren. Schriftliche Arbeitsvertragsunterlagen existierten nicht. Dies sei dem chaotischen und unverantwortlichen Arbeitgeber zuzuschreiben. Er habe im November 2012 nicht auf 400,- €- Basis gearbeitet und auch nicht bloß die entsprechenden Arbeitsstunden geleistet. Dies seien willkürliche Festsetzungen des Arbeitgebers.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 16.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2014 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für den Monat November 2012 Insolvenzgeld über gezahlte 396,80 € hinaus gemäß dem tatsächlich erarbeiteten Verdienst von netto 1.421,99 € zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.
Das Gericht hat die Gerichtsakte über das Verfahren S 3 AL 141/14 des vom Kläger benannten Zeugen Herrn …… vor dem Sozialgericht Mainz zum Verfahren beigezogen. Laut der dort befindlichen Anlage Nr 5 zum Insolvenzverfahren der Firma …… Bau GmbH vor dem Amtsgericht ……. mit dem Aktenzeichen 10 IN 92/13 ist für den Kläger ein Lohn in Höhe von 400,- € für den November 2012 in Ansatz gebracht worden.
Das Gericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 07.09.2018 umfänglich zu dem dem Rechtsstreit zu Grunde liegenden Sachverhalt angehört. Im Hinblick auf die Einlassung des Klägers wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung der 15. Kammer vom 07.09.2818 ausdrücklich Bezug genommen.
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