Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Belastungsgrenze. Berücksichtigung des sozialhilferechtlichen Eckregelsatzes bei niedrigeren Einkünften
Leitsatz (amtlich)
Auch bei Versicherten, deren Einkünfte die Sozialhilfe nicht erreichen, wird die Belastungsgrenze unter Berücksichtigung des sozialhilferechtlichen Eckregelsatzes ermittelt.
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der 42jährige Kläger von der Beklagten noch die Erstattung von 15,47 € (zuviel gezahlte Zuzahlungen im Kalenderjahr 2004) beanspruchen kann.
Der 42jährige Kläger ist bei der Beklagten im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Bis zum 31.12.2003 war er aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse von der Verpflichtung, Zuzahlungen zu leisten, generell befreit.
Am 11.02.2004 beantragte der Kläger, ihn auch für das Kalenderjahr 2004 von Zuzahlungen zu befreien.
Dies lehnte die Beklagte mit dem Bescheid vom 17.02.2004 ab und führte aus, dass aufgrund der geänderten Rechtslage nunmehr eine konkrete Belastungsgrenze ermittelt werden muss. Diese beträgt 2 % bzw. bei chronisch Kranken 1 % der jährlichen Bruttoeinnahmen. Der bislang angefallene Zuzahlungsbetrag (10,-- €) überschreite diese Grenze nicht.
Am 20.02.2004 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch und führte aus, er habe seinen letzten Arbeitsverdienst im Monat März 2003 erzielt (320,80 € brutto). Seither sei er ohne regelmäßige Einnahmen. Hieraus errechne sich somit eine monatliche Belastungsgrenze von 6,42 € (2 % aus 320,80 €).
In dem Informationsschreiben vom 05.03.2004 vertrat die Beklagte die Auffassung, dass für Personen, die ohne nachweisbare Einkommen sind oder deren Einkommen unterhalb der Sozialhilfegrenze liegt, bei der Bemessung der Belastungsgrenze zwingend vom Eckregelsatz der Sozialhilfe auszugehen ist. Hieraus errechnet sich eine kalenderjährliche Belastungsgrenze von 71,28 €.
Diese Auffassung bekräftigte die Beklagte in dem Widerspruchsbescheid vom 20.04.2004.
Schon am 19.03.2004 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht erhoben und führt aus, dass zwischenzeitlich weitere Zuzahlungsbeträge angefallen sind. Im Hinblick auf sein Kraftfahrzeug und das vorhandene Vermögen (2.942,52 € Beitragsrückerstattung durch die Beklagte) habe er seinerzeit davon abgesehen, Sozialhilfe zu beantragen.
Nachdem die Beklagte für den Kläger die Chronikerregelung anerkannt hat und nunmehr feststeht, dass der Kläger im Kalenderjahr 2004 durch die Arbeitsagentur Leistungen von insgesamt 2.016,52 € erhalten hat und die Beklagte dem Kläger einen Betrag von 35,60 € erstattet hat, beantragt der Kläger zum Schluss nur noch,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2004 zu verurteilen, die zu Unrecht getragenen Zuzahlungen für das Kalenderjahr 2004 (zuletzt nur noch 15,47 €) zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie geht unverändert davon aus, dass die Belastungsgrenze im Kalenderjahr 2004 zumindest 71,28 € betragen hat.
Mit seinem Beschluss vom 02.04.2004 (S 10 KR 767/04) hat das Gericht den entsprechenden Eilantrag des Klägers zurückgewiesen. Das LSG Baden-Württemberg hat mit seinem Beschluss vom 17.06.2004 die hiergegen erhobene Beschwerde abgewiesen (L 11 KR 1917/04 ER-B).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte der Beklagten und auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Festlegung der Belastungsgrenze im vorliegenden Fall vom Eckregelsatz der Sozialhilfe auszugehen ist.
§ 62 Abs. 1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) sieht in seiner seit dem 01.01.2004 maßgeblichen Fassung vor, dass Versicherte während eines Kalenderjahres Zuzahlungen nur bis zur Belastungsgrenze zu leisten haben. Die Belastungsgrenze beträgt 2 % der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt; für chronisch Kranke, die wegen der selben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung stehen, beträgt sie 1 % der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt.
§ 62 Abs. 2 SGB V regelt im einzelnen, welche Einkünfte hierbei zu berücksichtigen sind. Aus Satz 5 dieser Bestimmung ergibt sich, dass sich die Belastungsgrenze bei Personen, die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch XII (SGB XII) - ehemals Bundessozialhilfegesetz (BSHG) - erhalten, die Belastungsgrenze unter Bezugnahme auf den sogenannten Eckregelsatz errechnet.
Hieraus leitet die Beklagte nach Auffassung des Gerichts zutreffend ab, dass auch bei Personen, deren Einkünfte unterhalb der Sozialhilfegrenze liegen, entsprechend zu verfahren ist. Das selbe gilt für Personen, die davon absehen, Sozialhilfe zu beantragen, obwohl sie hilfebedürftig sind.
Hierfür sind folgende Überlegungen leitend:
§ 62 SG...