Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsarzt. Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Verfassungsmäßigkeit der Pflicht zur fachlichen Fortbildung und der Befugnis zur Honorarkürzung. Einhaltung der Frist des § 95 Abs 3 S 3 SGB 5. keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Fortbildungsverpflichtung und die Befugnis zur Honorarkürzung nach § 95d SGB 5 sind verfassungsgemäß (vgl bereits SG Marburg vom 23.3.2011 - S 12 KA 695/10).

2. § 95d Abs 3 S 4 SGB 5 stellt auf den Nachweis ab. Insofern kommt es nicht darauf an, ob der Vertragsarzt der Fortbildungsverpflichtung innerhalb der Frist nachgekommen ist.

3. Die Frist nach § 95d Abs 3 S 3 SGB 5 ist eine gesetzliche Ausschlussfrist. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ausgeschlossen.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Festsetzungen des Honoraranspruchs für die Quartale III und IV/09 und hierbei um einen Abzug in Höhe von 5.265,83 € und 6.207,28 €, insgesamt von 11.473,11 € wegen der Nichterfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d SGB V.

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit zwei Fachärzten für Orthopädie, die zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt bereits vor dem Jahr 2004 zugelassen sind.

Die Beklagte setzte mit Honorarbescheid vom 23.12.2009 das Gesamthonorar für das Quartal III/09 auf 119.245,60 € netto fest. Für den Primär- und Ersatzkassenbereich setzte sie das Bruttohonorar bei 1.486 Behandlungsfällen auf 120.209,83 € fest, wobei der Kürzungsbetrag wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht 5.265,83 € betrug.

Gegen die Kürzung wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht legte die Klägerin am 22.03.2010 Widerspruch ein.

Die Beklagte setzte mit Honorarbescheid vom 27.03.2010 das Gesamthonorar für das Quartal IV/09 auf 115.108,51 € netto fest. Für den Primär- und Ersatzkassenbereich setzte sie das Bruttohonorar bei 1.366 Behandlungsfällen auf 118.966,35 € fest, wobei der Kürzungsbetrag wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht 6.207,28 € betrug.

Gegen die Kürzung wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht legte die Klägerin am 01.07.2010 Widerspruch ein.

Zur Begründung ihrer Widersprüche trug die Klägerin vor, sie überreiche für Herrn Dr. TE in der Anlage einen Nachweis über das Fortbildungspunktekonto einschließlich der von ihm “verbuchten Veranstaltungen". Er habe im maßgeblichen Zeitraum seine Fortbildungspflichten entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen erfüllt.

Auf Anfrage der Beklagten teilte die Landesärztekammer Hessen unter Datum vom 20.08.2010 mit, sie könne bestätigen, dass Herr Dr. TE im maßgeblichen Zeitraum bis zum 30.06.2009 mehr als 250 Fortbildungspunkte erworben habe. Der Nachweis darüber sei durch Einsendung von Teilnahmebescheinigungen mit Posteingang bei ihr am 06.11.2009 erfolgt.

Die Beklagte verband beide Widerspruchsverfahren und wies mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2010 die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie auf die Fortbildungsverpflichtung nach § 95d SGB V. Bei Nichterfüllung der Fortbildungsverpflichtung sei sie verpflichtet, dass Honorar um 10 % für die ersten vier Quartale, die auf den 5-Jahre-Zeitraum folgten, um 10 % zu kürzen. Der Nachweis der 250 Fortbildungspunkte erfolge vorrangig über ein Zertifikat der Landesärztekammer bzw. Landespsychotherapeutenkammer oder über ein Zertifikat, das in Musterregelungen der Bundesärztekammer bzw. Bundespsychotherapeutenkammer entspreche. Die Fortbildungsverpflichtung sei grundsätzlich ohne Prüfung durch sie nachgewiesen, wenn der Vertragsarzt die Fortbildung durch ein Fortbildungszertifikat der Hessischen Landesärztekammer oder der Psychotherapeutenkammer belegen könne. Herr Dr. TE habe kein entsprechendes Kammerzertifikat bis zum Stichtag 30.06.2009 ihr gegenüber vorgelegt. In Hessen bestehe darüber hinaus die Möglichkeit, mittels eines elektronisch geführten Online-Punktekontos bei der Landesärztekammer den Stand der Fortbildungspunkte direkt an sie zu übermitteln und auf diese Weise einem Nachweis der Fortbildungsverpflichtung nachzukommen. Der auf diese Weise übermittelte Punktestand des Fortbildungskontos habe zum Stichtag 30.06. bzw. 30.09.2009 weniger als die notwendigen 250 Punkte betragen. Der übersandte Auszug aus dem Fortbildungspunktekonto weise mit Datum vom 21.04.2010 einen Stand von 468 Fortbildungspunkten aus. § 95d SGB V stelle ausschließlich auf den zu erbringenden Nachweis bzw. Beleg einer fachlichen Fortbildung ab, nicht jedoch auf den Zeitpunkt der Absolvierung der Fortbildungsveranstaltung. Im info.doc 1/2009 sei ebenfalls darauf hingewiesen worden, dass die gesammelten Fortbildungspunkte durch die Bescheinigung einer Landesärztekammer oder Psychotherapeutenkammer vorgelegt werden müssten und dass bereits die Versäumung dieses Nachweises zu einem Honorarabzug führen könne. Die von Dr. TE verspätet am 06.11.2009 verschickten Fortbildungsunterlagen, die letztlich ...

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