Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Voraussetzungen der Durchführung von Operationen eines Bauchaortenaneurysmas. Sicherstellung der postprozeduralen stationären Versorgung iS von § 4 Abs 2 QBAARL. gefäßchirurgischer Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaftsdienst
Leitsatz (amtlich)
Für die Durchführung von Operationen eines Bauchaortenaneurysmas wird vorausgesetzt, dass ein Arzt auf der Station, der zudem Erfahrungen in der Gefäßchirurgie haben muss, durchgehend anwesend ist (§ 4 Abs 2 S 1 Qualitätssicherungs-Richtlinie zum Bauchaortenaneurysma des Gemeinsamen Bundesausschusses). Diese Sicherstellung der postprozeduralen stationären Versorgung wird nicht durch einen eigenständigen fachärztlichen gefäßchirurgischen Bereitschaftsdienst im Haus oder einen Rufbereitschaftsdienst nach § 4 Abs 2 S 2 QBAA-RL (juris: QBAARL) erreicht.
Orientierungssatz
Aktenzeichen beim LSG Darmstadt: L 8 KR 227/17.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten nach einer Verrechnung der Beklagten um die restliche Vergütung in Höhe von 7.292,33 € für die stationäre Behandlung des 1951 geb. und bei der Beklagten versicherten C. im Zeitraum vom 12.09. bis 30.09.2015 und hierbei insb. um die Frage, ob das Nachweisverfahren gem. § 6 der Qualitätssicherungsrichtlinie zum Bauchaortenaneurysma erfüllt ist.
Die Klägerin betreibt am Standort B-Stadt das A-Krankenhaus mit über 56 chirurgischen Betten. Die Abteilung wird als Belegabteilung durch die Belegärzte Dr. A1, A2, A3 und A4 geführt, deren Schwerpunkt die Gefäßchirurgie ist. Frau A4 verfügt über die Expertise zur Durchführung endovaskulärer Verfahren. Das Krankenhaus behandelte den Versicherten wegen eines Bauchaortenaneurysmas stationär im Zeitraum 20.09. bis 30.09.2015. Sie übersandte eine Rechnung mit Datum vom 08.10.2015 über 7.564,17 € auf der Grundlage der DRG F08D und OPS 5-384.72.
Die Beklagte wies die Rechnung zurück, da das Nachweisverfahren gem. § 6 der Qualitätssicherungsrichtlinie zum Bauchaortenaneurysma nicht erfüllt und die Leistung daher nicht abrechenbar sei.
Die Klägerin führte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 29.12.2015 aus, aufgrund der belegärztlichen Praxis werde die geforderte Rufbereitschaft binnen 30 Minuten gewährleistet und bei weitem unterschritten. Der Operationssaal sei jederzeit einsatzbereit. Das Personal müsse nicht jederzeit einsatzbereit sein. Bei einem elektiven Bauchaortenaneurysmaeingriff handele es sich um eine Leistung, die prinzipiell notwendig, aber nicht gleichermaßen zeitkritisch sei. Sie führe nur solche elektiven Eingriffe aus. Durch die bei ihr bestehende Rufbereitschaft sei im Übrigen ein Anästhesist in 30 Minuten verfügbar. Für das Anästhesie - sowie Pflege-Personal bestehe seit April 2015 ein Bereitschaftsdienst im Haus, so dass sichergestellt sei, dass der Patient sofort für die Operation bis zum Eintreffen der Ärzte vorbereitet werden könne.
Die Beklagte wies unter Datum vom 07.01.2016 auf eine Begehung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) am 24.03.2016 hin. Dabei habe der MDK festgestellt, dass die vorhandenen personellen und organisatorischen Strukturen nicht den Anforderungen der §§ 4 und 5 der Qualitätssicherungsrichtlinie zum Bauchaortenaneurysma entspreche. Dies habe der MDK in seiner Stellungnahme vom 26.03.2015 bestätigt. Nach Nachreichung von Unterlagen seitens der Beklagten habe der MDK in seinen weiteren Stellungnahmen vom 05.08.2015 und 22.10.2015 sein Ergebnis bestätigt. Daher seien in den Pflegesatzverhandlungen 2015 auch keine Leistungen zum Bauchaortenaneurysma vereinbart worden.
Die Klägerin hat am 11.01.2016 die Klage unter weitgehender Wiederholung ihres vorprozessualen Vortrags erhoben. Weiter trägt sie vor, es treffe zu, dass bei ihr keine angestellten Ärzte tätig seien. Sämtliche ihrer Ärzte seien Belegärzte. Die Rufbereitschaft werde von den drei Gefäßchirurgen Dr. A1, Herr A3 und Frau A4 durchgeführt. § 4 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie sei als Konkretisierung des Satzes 1 zu verstehen, es handele sich nicht um kumulative Anforderungen. Auch stehe für das Anästhesie - sowie OP-Pflegepersonal seit April 2015 ein Bereitschaftsdienst im Haus zur Verfügung. Die Voraussetzungen nach § 5 QBAA-RL würden somit erfüllt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.292,33 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.01.2016 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf die MDK-Gutachten. Der Auffassung der Klägerin, es sei nicht erforderlich, die stationäre postprozedurale Versorgung durch einen Arzt mit Erfahrungen in der Gefäßchirurgie sicherzustellen, wenn eine Rufbereitschaft installiert sei, treffe nicht zu. § 4 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie treffe eine eigenständige Voraussetzung, die die Klägerin nicht erfülle. Im Rahmen der postprozeduralen Versorgung müsse ein Arzt mit gefäßchirurgischen Erfahrung...